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Fantastische 4      2015
       Die größte Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die ,
       dass man zu ihm vertrauen hat.                    Matthias Claudius


Nürnberg, Arena 12.01.2015


Eigentlich ist ihr Haltbarkeitsdatum schon lange abgelaufen, wenn man sich das Musikbusiness als Ganzes anschaut. Da sind 25 Jahre eine Seltenheit, und das auch noch in gleicher Besetzung, allein das beeindruckt. Und trotz Überschreitung der Mindestverfallzeit schmeckt das, was Fanta 4 an diesem Abend in der proppenvollen Nürnberger Arena servieren, noch immer extrem gut. Sie sind wie ein Wein, der im Alter ja auch immer besser wird.
Auch, oder gerade weil die Jungs es schon immer verstanden haben Songs mit Tiefgang zu schreiben, Texte mit Sinn, Hintersinn und durchaus auch Unsinn, Futter für den Ohrwurm sozusagen. Da braucht es kein „Fuck“, keine „Bitch““ und diverse weitere Kraftausdrücke, es geht auch ohne Gossensprache und Gewaltverherrlichung um im Hip Hop und Rap erfolgreich zu sein, erfolgreicher als all die Möchtegern Superstar-Rapper und Hip Hopper der modernen Zeit.
Das Publikum liebt den Hip Hop mit Hirn, auch nach 25 Jahren und das zeigt die Rekordtour von Fanta 4 überdeutlich. 12 Trucks für das Bühnenequipment auf dem Parkplatz vor, 5 Nightliner neben der Halle daneben, ein Wahnsinnsaufwand der sich da über die Autobahnen Deutschlands bewegt um dem Publikum beste Unterhaltung zu bieten. Die kommen dafür in Scharen, wie zuvor beim Konzert in München als man gleich 2 mal die Olympiahalle locker ausverkaufte und letztlich natürlich auch das Konzert in Nürnberg. Wenn Fanta 4 kommt ist die Bude voll, egal wo.
Hip Hop ist also weder tot noch eine Frage des Alters, es ist mitten im Herzen des Publikums angekommen und somit auch im positiven Sinne eine Pop-Mainstream-Bewegung geworden, zumindest wenn es um den der Fantastischen Vier geht.
So finden sich im Publikum genug Teenies, die noch lange nicht geplant waren als die Fantas schon auf der Bühne standen und die wie selbstverständlich neben dem Mitten im Leben stehenden Mittvierziger mit oder ohne Familie stehen. Auch junggebliebene Rentner findet man im Publikum und alle wollen die Fantastischen Vier erleben, zwei Stunden abschalten und eine fette Party feiern. Wann sieht man Jung und Alt mal so schön vereint, so friedlich mitgehend und rücksichtsvoll dem anderen gegenüber. Ohne dass man Angst haben muss, man bekommt von oben einen Crowdsurfer ab, wird von Teenis beschimpft was man alter Sack eigentlich hier will  oder fliegt wegen schiebender oder rammelnder Freaks aus der Umlaufbahn.
Wirklich beeindruckend dieses Publikum und vielleicht auch einer der Gründe, warum die Fantastischen Vier so aktuell und erfolgreich sind, wie wohl noch nie. Denn allein die 6000 in der Halle zu erleben ist einen Konzertbesuch wert. Nicht nur das, vielleicht macht viel von dem Reiz Fanta 4 Live das Publikum aus, das so leidenschaftlich mitsingt und mitmacht, die Künstler vom ersten Ton an auf einer unsichtbaren Welle trägt und die Adrenalinproduktion der Akteure richtig anheizt.
Die wissen aber auch, was sie an ihrem Publikum haben, aber dazu später mehr.
Als And. Ypsilon am DJ Pult Platz genommen hat, die 5 Köpfige Begleitband loslegte, das Intro die Spannung noch erhöhte und die Pressefotografen auf die Hauptakteure warteten, tauchten die zur Überraschung aller erst mal am anderen Ende der Halle auf der kleinen Bühne bei der Technik auf und legten mit "25"  inklusivem Knall und Schnitzelregen beeindruckend los. Und wie bei Boxkämpfen Tradition,  gab es danach den von Lichtspots und Security abgesicherten Walk In durch die Menge. Klitschkos sprangen beim Song Disco aber nicht auf die Bühne, ganz im Gegenteil. Selbst ein beim Konzert in Coburg im Jahr 2008 etwas pummelig wirkender Smudo wirkte fit wie ein Turnschuh und stand den Knochengestellen Thomas D und Michi Beck in nichts nach, auch wenn die beiden als lebende Flummis trotzdem den Hauptteil der Show tragen. Aber nicht bei "Smudo in Zukunft", da läuft er heiß und muss genauso von Thomas D und Michi Beck mit wirbelnden Handtüchern gekühlt werden, wie später der Trommler der 5 köpfigen klasse Begleitband.
Absoluter Bühnenblickfang ist ein überdimensionaler Würfel, der passend beleuchtend wie ein startendes Raumschiff nach oben gezogen wird und von da an als riesige Leinwand und Projektionsfläche gute Dienste tut. So wird er beim Song „Lass sehn“ mal zum blau mal rot leuchtenden Tonband um beim Song "Dicker Pulli" zur überdimensionalen Leinwand zu werden.
Auch die 2 Lichtvorhänge am Rand, die ebenfalls als Leinwand dienen sorgen dafür, dass dank zweier stationärer und Handkamera es völlig egal ist, wo man sich in der Arena aufhält, man ist überall ganz nah dabei.
Bei „Sie ist weg“ steht die Halle erstmals komplett, selbst in den obersten Reihen sind aus Sitzplätzen Stehplätze geworden und die wenigsten setzen sich danach wieder. Die Party nimmt Fahrt auf, und der Aufforderung „nehmt die Hände in die Luft“ kommt man gerne nach.  Zuvor und danach gab es aber die für mich stärksten Momente des Konzertes die beide mit dem Namen Thomas D eng verknüpft sind.
"Und da die, die reinen Herzens handeln unsere größten Helden sind" singt Thomas D im Song Liebesbrief, ein Konzert voller Power, Dynamik und Energie hält erstmals inne und packt dadurch mehr, als alles zuvor. Auch und gerade auch wegen dem Text des Songs. Ein Moment der genauso extrem im Gedächtnis bleibt wie „Gott ist mein Zeuge“, als Thomas D den Arm beschwörend nach oben reckt und auch dank einer keine Wünsche offen lassenden Lichtshow und Dank bewusst nur einen rot beleuchteten Vorhang in Verbindung mit dem Text und dem eindringlichen Gesang die Kraft der Liebe auch visuell anschaulich gemacht wurde. Etwas Pathos darfs auch bei Fanta Vier gerne sein.
"Alle Leute zeigen ihre Displays, Please“ singen sie, beleuchtet uns, beleuchtet die 3 Leuchten fordert Michi Beck, das Publikum auf, die Smartphones anzuschalten und der „Tag am Meer“ wird zum Smartphone Lichtermeer, während die 3 in ihren Schwinghockern den ruhigen Song als kurze Ruhephase nutzen.
Bei „Du mich auch“ zeigen die beiden anderen, dass es auch mal ohne Thomas D geht, aber so richtig zum Kochen bringen die Wiedervereinten dann die Songs "Picknicker "und "Was geht". "Are you fucking ready to rock", die Frage wird begeistert bejaht und mit einem Gitarrenriff geht’s scharf dem Ende der Show zu. Nicht ohne sich zuvor gleich zweimal beim Publikum eindringlich für die Unterstützung zu bedanken und dies geschickt mit den dazu passenden Songs Ernten was wir säen  und Populär zu untermalen nicht zu vergessen der Fanta 4 Kultsong MFG dazwischen.
Und ganz zum Schluss gibt’s „Troy“, auch als Dank für die „troyen“ Fans und die werden ihren Fantas auch in der Zukunft sicher Troy bleiben, schon gleich wenn man es auch in Zukunft schafft Alben wie die neue Scheibe Rekord abzuliefern, allein 10 Songs daraus finden sich in der 30 Songs umfassenden Setlist wieder.
Und auch dann , wenn man weiterhin Abwechslung in der Musik groß schreibt, vom Clubbeat über Discomusik bis zu Jazz Tunes, von Stadionsound bis zur Partymugge, Fanta 4 Musik ist nicht nur stumpfer Hip Hop und sicher ein Grund der Erfolgsstory der Schwaben.
10 Songs klingt viel, doch trotzdem ist es verdammt schnell vorbei, weil es kaum Verschnaufpausen gibt, keine Interaktion mit dem Publikum, eine Rekordtour die auch was das Tempo und die Bewegung auf der Bühne betrifft rekordverdächtig ist, vom Zuschauerzuspruch ganz zu schweigen.
Beeindruckend und doch irgendetwas hat gefehlt an diesem Abend, vielleicht der Song „Krieger“ und dessen visuelle Umsetzung, die 2008 bis heute einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Oder eine Botschaft zu Toleranz und Nächstenliebe, zu . Rechtsradikalismus etc. Leuten wie den Fantas hört man eher zu, als unseren fragwürdigen Politikern. Für all dies war aber leider an diesem Abend kein Platz und keine Zeit.


 LARY


Wenn man sich die Preisträger des New Music Awards der jungen Radiostationen in der Vergangenheit anschaut mit Kraftklub, OK Kid und Bonaparte, dann kann man vermuten, dass die Deutsch- Jamaikanerin Lary eine große Karriere vor sich hat.
Denn damit wurde sie zuletzt ausgezeichnet, nachdem sich der bekennende Schalke- Fan gegen 8 Mitkonkurrenten durchgesetzt hat. Damit hat sie einen der wichtigsten Musikpreise für junge Musiker gewonnen und das mit einer Mischung aus Elektro, viel Soul, Blues und R&B, Dubstep und Neo House, die sie selbst als Future Deutsche Welle bezeichnet, auch der Titel ihres 2014 erschienenen Albums.
Die 1986 im Ruhrpott geborene Larissa Sirah Herden, die unter ihrem früheren Spitznamen Lary auftritt wurde von Smudo höchstpersönlich angesagt, der sie als eine der spannensten Künstlerinnen Deutschlands ankündigte. Ähnliches hat bereits Jan Delay 2012 von sich gegeben als er orakelte, die wird ganz groß. Lobeshymnen für die bildhübsche Sängerin, die, wen wundert es, nebenbei noch modelt.
Und auch wenn in ihrer Vita neben Förderer Curse auch Namen wie Flo Mega, Tim Benzko und Chima auftauchen, Support für Fanta 4 ist eine gewaltige Chance.
So ist das, was sie an diesem Abend schon kleidertechnisch abliefert, weit weg von dem braven "Mädel" das 2008 im Frühstücksfernsehen Weihnachtsgospels zum Besten gab.
Mit ihrem heißen Outfit, lasziven Blick, Charme und sehr sehr sexy singt sie sich durch ein, ohne Frage, polarisierendes Musikprogramm. Etwas Rastalady, etwas Tussi und etwas rotzige Göre, passend zum momentanen Lebensmittelpunkt, Berlin präsentiert sich das Ruhrpottgeschöpf und hat es schwer mit nicht massenkompatibler Future Deutsche Welle das Publikum mitzureißen. So gehen die Meinungen über Lary auch ziemlich auseinander, von schrecklich bis Begeisterung ist alles dabei. Langweile ist sie auf alle Fälle nicht und das Musikerleben macht sie sich auch nicht leichter, da sie konsequent deutsch singt.
Jemand mit ihrem Aussehen und ihrer Stimme, der landet ganz schnell im Soul Bereich und allein da will sie mit ihrem Ehrgeiz und eigenen Kopf und trotz Freudschaft mit Joy Denalane nicht hin. Ob die Musikwelt stattdessen Future Deutsche Welle braucht wird die Zukunft zeigen.




Zu den Bildergalerien:














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