Schandmaul und Krayenzeit 2017
Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst Du etwas schönes bauen.
Erich Kästner



Löwensaal Nürnberg,  27.10.2017




Eine lange Schlange auf der Straße hoch zum Löwensaal zeugt von der ungebrochenen Schandmaul-Anziehungskraft für die Musikfans. Trotz unfreiwilliger Zwangspause und langer Konzertverschiebung. Überraschend ist das allerdings nicht, gerade Dank ihrer beiden großartigen letzten Alben haben sie nochmals viele Fans dazu gewinnen können. Als dann alle ihren Platz im ausverkauften Löwensaal gefunden hatten, war die Neugier auf das nun kommende natürlich groß. Der Abend wäre auch eine gute Gelegenheit gewesen, eine Genreallstarband als Support auf die Bühne zu stellen. Denn mit Mitgliedern von Feuerschwanz, Ignis Fatuu, Ganaim, den Gossenpoeten, Subway to Sally, Bannkreis, Vroudenspil und D`Artagnan waren auch die lieben Kollegen/-innen zahlreich erschienen. Den Support übernahm aber die Band Krayenzeit, die mit dem soeben erschienenen neuen Album, das inzwischen Dritte mit dem Titel „Von Mond und Schatten“, einen weiteren Schritt nach vorne schaffen werden.
Die Mittelalter-Folkband aus Ludwigsburg, der die Mittelalterrock und Metallklänge weit näher sind, als die ruhigen eher klassischen Mittelalterweisen hat mit Shir-Ran Yinon ein bekanntes Gesicht neu in ihren Reihen. Vielleicht kann sich noch der eine oder andere Besucher an den Feuertanz-Auftritt mit Eluveitie oder Ingrimm erinnern, daneben ist sie seit Jahren bei New Model Army aktiv und neuerdings neben Krayenzeit auch bei Haggard. Ein gewaltiger Gewinn für Krayenzeit. Genauso wie Jessica Kondermann, die mit ihrer Drehleier bereits seit 2016 ein festes Krayenzeit-Mitglied geworden ist und an diesem Abend dann auch bei Schandmaul überzeugend die Drehleierparts übernahm.  
Polarisieren tut die Band auch 2017, was in erster Linie an Sänger Markus Engel (fried) liegt, entweder man hat Spaß an seiner Art zu singen, oder eben nicht, dann hat es aber auch die Band mit ihren tollen Musikern schwer, zu begeistern. In Nürnberg waren die Leute die sich begeistern ließen definitiv bei weitem in der Überzahl und so herrschte schon beim ersten Song des Abends „Krähenkönigin“ prächtige Stimmung im knackvollen Löwensaal.  Mit „Spieglein, Spieglein“ folgte der nächste Song vom neuen Album, bevor mit „Tenebra“ und „Von der Fahrt übers Meer“ erstmals Bekanntes zu hören war. Danach gab es aber gleich wieder einen Einblick ins neue Werk mit dem Titel „Am Leben“ und „Ikarus“. So konnte sich das Publikum bei den 9 Songs umfassenden Set nicht nur ein gutes Bild von Krayenzeit machen, sondern auch von den Songs des neuen Albums, die logischerweise den Hauptteil der Setlist stellten.
Zum Intro „Vor der Schlacht“ betrat Schandmaul die Bühne. Eine Schlacht war allerdings nicht zu befürchten, vom ersten Song „Hofnarr“ an trug man Schandmaul quasi auf Händen durch den Abend. Welch ein grandioses Publikum hatte Schandmaul an diesem Tag und die bedankten sich auf ihre Art. Mit einem richtig langen Set, 2 Zugaben und insgesamt 22 Songs und irgendwie hatte man das Gefühl selbst die Band wollte danach nicht wirklich aufhören. Das Publikum schon gar nicht, das am Ende zu „Willst Du“ als „Kuschelmeer“ sicher auch bei der Band Gänsehaut auslöste. Genauso überzeugend wie Schandmaul war auch die Setlist an diesem Abend. Mit „Leuchtfeuer“ ging es weiter, „Lichtblick“, und vor allem der „Kaspar“ kamen großartig an. „Bei Bunt und nicht braun“ setzte Schandmaul ein ganz wichtiges musikalisches Statement, was man sich in dieser Art von viel mehr Bands wünschen würde. „Euch zum Geleit“ wurde zum erwarteten Gänsehautsong an diesem Tag und „Tjark Evers“ wurde mit dem wabernden Bühnennebel besonders stimmungsvoll präsentiert. Es folgten u.a. „Der Pakt“ „Der Teufel hat den Schnaps gemacht“, „Teufelsweib“, „Drachentöter“ und „Krieger“ bis sich die Band nach „Walpurgisnacht“ erstmals vorm tobenden Publikum verabschiedete. Einer der absoluten Höhepunkte des Abends war dann ausgerechnet ein Instrumental, dass 2009 auf dem Album Sinnfonie erschienen ist, schon allein was die Präsentation betrifft ein Highlight. Da startet der Song mit den Paukenklängen von Michael Brenner, danach setzt Birgit Muggenthaler-Schmack mit ihrem Dudelsack ein und bewies, dass ein Dudelsack auch ganz gefühlvoll gespielt werden kann. Nun kam Drehleier und dann die Geige dazu. Hier ist Tobi Heindl von Fiddlers Green ein würdiger Ersatz an diesem Abend für Anna Katharina Kränzlein, die die Band im September ja bekanntlich verlassen hatte, was Sänger Thomas Lindner auch kurz thematisierte. Nach und nach kommen die restlichen Bandmitglieder dazu und der Song schwoll mit seiner schönen Melodie immer mehr an.  Stimmungsvoll geht das Konzert mit den Songs „Spion“, der live einfach grandios funktioniert, schon gleich bei einem so toll mitgehenden Publikum und „Willst Du“ leider doch zu Ende. Doch Schandmaul wären nicht Schandmaul, wenn man sich danach im Backstage verkriechen würde. Wie eigentlich immer üblich kamen bis auf Sänger Thomas Lindner alle anderen noch zu den Fans zum Plausch und um für Autogramme und Fotos zur Verfügung zu stehen. Der Sänger ließ es sich wiederum nicht nehmen, während des Konzerts im Graben die erste Reihe zu begrüßen und dabei speziell einem Fan, der an diesem Tag sein fünfzigstes Schandmaul Konzert miterlebt hatte mit Handschlag willkommen zu heißen.
Einen ganz kleinen Wermutstropfen hatte das Konzert dann aber doch. Der Megasong aus Mara und die Feuerbringer „Ein echter wahrer Held“ hat keinen Platz in der Setlist gefunden, vielleicht ja, weil er ohne Tommy Krappweis nicht so wirken würde. Das ist aber allemal zu verschmerzen, Schandmaul setzten auch so ein ganz dickes Ausrufezeichen.


Bilder des Abends



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