Eine lange Schlange auf
der Straße hoch zum Löwensaal zeugt von der ungebrochenen
Schandmaul-Anziehungskraft für die Musikfans. Trotz unfreiwilliger
Zwangspause und langer Konzertverschiebung. Überraschend ist das
allerdings nicht, gerade Dank ihrer beiden großartigen letzten
Alben haben sie nochmals viele Fans dazu gewinnen können. Als dann
alle ihren Platz im ausverkauften Löwensaal gefunden hatten, war
die Neugier auf das nun kommende natürlich groß. Der Abend
wäre auch eine gute Gelegenheit gewesen, eine Genreallstarband als
Support auf die Bühne zu stellen. Denn mit Mitgliedern von
Feuerschwanz, Ignis Fatuu, Ganaim, den Gossenpoeten, Subway to Sally,
Bannkreis, Vroudenspil und D`Artagnan waren auch die lieben
Kollegen/-innen zahlreich erschienen. Den Support übernahm aber
die Band Krayenzeit, die mit dem soeben erschienenen neuen Album, das
inzwischen Dritte mit dem Titel „Von Mond und Schatten“,
einen weiteren Schritt nach vorne schaffen werden.
Die Mittelalter-Folkband aus Ludwigsburg, der die Mittelalterrock und
Metallklänge weit näher sind, als die ruhigen eher
klassischen Mittelalterweisen hat mit Shir-Ran Yinon ein bekanntes
Gesicht neu in ihren Reihen. Vielleicht kann sich noch der eine oder
andere Besucher an den Feuertanz-Auftritt mit Eluveitie oder Ingrimm
erinnern, daneben ist sie seit Jahren bei New Model Army aktiv und
neuerdings neben Krayenzeit auch bei Haggard. Ein gewaltiger Gewinn
für Krayenzeit. Genauso wie Jessica Kondermann, die mit ihrer
Drehleier bereits seit 2016 ein festes Krayenzeit-Mitglied geworden ist
und an diesem Abend dann auch bei Schandmaul überzeugend die
Drehleierparts übernahm.
Polarisieren tut die Band auch 2017, was in erster Linie an Sänger
Markus Engel (fried) liegt, entweder man hat Spaß an seiner Art
zu singen, oder eben nicht, dann hat es aber auch die Band mit ihren
tollen Musikern schwer, zu begeistern. In Nürnberg waren die Leute
die sich begeistern ließen definitiv bei weitem in der
Überzahl und so herrschte schon beim ersten Song des Abends
„Krähenkönigin“ prächtige Stimmung im
knackvollen Löwensaal. Mit „Spieglein,
Spieglein“ folgte der nächste Song vom neuen Album, bevor
mit „Tenebra“ und „Von der Fahrt übers
Meer“ erstmals Bekanntes zu hören war. Danach gab es aber
gleich wieder einen Einblick ins neue Werk mit dem Titel „Am
Leben“ und „Ikarus“. So konnte sich das Publikum bei
den 9 Songs umfassenden Set nicht nur ein gutes Bild von Krayenzeit
machen, sondern auch von den Songs des neuen Albums, die logischerweise
den Hauptteil der Setlist stellten.
Zum Intro „Vor der Schlacht“ betrat Schandmaul die
Bühne. Eine Schlacht war allerdings nicht zu befürchten, vom
ersten Song „Hofnarr“ an trug man Schandmaul quasi auf
Händen durch den Abend. Welch ein grandioses Publikum hatte
Schandmaul an diesem Tag und die bedankten sich auf ihre Art. Mit einem
richtig langen Set, 2 Zugaben und insgesamt 22 Songs und irgendwie
hatte man das Gefühl selbst die Band wollte danach nicht wirklich
aufhören. Das Publikum schon gar nicht, das am Ende zu
„Willst Du“ als „Kuschelmeer“ sicher auch bei
der Band Gänsehaut auslöste. Genauso überzeugend wie
Schandmaul war auch die Setlist an diesem Abend. Mit
„Leuchtfeuer“ ging es weiter, „Lichtblick“, und
vor allem der „Kaspar“ kamen großartig an. „Bei
Bunt und nicht braun“ setzte Schandmaul ein ganz wichtiges
musikalisches Statement, was man sich in dieser Art von viel mehr Bands
wünschen würde. „Euch zum Geleit“ wurde zum
erwarteten Gänsehautsong an diesem Tag und „Tjark
Evers“ wurde mit dem wabernden Bühnennebel besonders
stimmungsvoll präsentiert. Es folgten u.a. „Der Pakt“
„Der Teufel hat den Schnaps gemacht“,
„Teufelsweib“, „Drachentöter“ und
„Krieger“ bis sich die Band nach
„Walpurgisnacht“ erstmals vorm tobenden Publikum
verabschiedete. Einer der absoluten Höhepunkte des Abends war dann
ausgerechnet ein Instrumental, dass 2009 auf dem Album Sinnfonie
erschienen ist, schon allein was die Präsentation betrifft ein
Highlight. Da startet der Song mit den Paukenklängen von Michael
Brenner, danach setzt Birgit Muggenthaler-Schmack mit ihrem Dudelsack
ein und bewies, dass ein Dudelsack auch ganz gefühlvoll gespielt
werden kann. Nun kam Drehleier und dann die Geige dazu. Hier ist Tobi
Heindl von Fiddlers Green ein würdiger Ersatz an diesem Abend
für Anna Katharina Kränzlein, die die Band im September ja
bekanntlich verlassen hatte, was Sänger Thomas Lindner
auch kurz thematisierte. Nach und nach kommen die restlichen
Bandmitglieder dazu und der Song schwoll mit seiner schönen
Melodie immer mehr an. Stimmungsvoll geht das Konzert mit den
Songs „Spion“, der live einfach grandios funktioniert,
schon gleich bei einem so toll mitgehenden Publikum und „Willst
Du“ leider doch zu Ende. Doch Schandmaul wären nicht
Schandmaul, wenn man sich danach im Backstage verkriechen würde.
Wie eigentlich immer üblich kamen bis auf Sänger Thomas
Lindner alle anderen noch zu den Fans zum Plausch und um für
Autogramme und Fotos zur Verfügung zu stehen. Der Sänger
ließ es sich wiederum nicht nehmen, während des Konzerts im
Graben die erste Reihe zu begrüßen und dabei speziell einem
Fan, der an diesem Tag sein fünfzigstes Schandmaul Konzert
miterlebt hatte mit Handschlag willkommen zu heißen.
Einen ganz kleinen Wermutstropfen hatte das Konzert dann aber doch. Der
Megasong aus Mara und die Feuerbringer „Ein echter wahrer
Held“ hat keinen Platz in der Setlist gefunden, vielleicht ja,
weil er ohne Tommy Krappweis nicht so wirken würde. Das ist aber
allemal zu verschmerzen, Schandmaul setzten auch so ein ganz dickes
Ausrufezeichen.