Bereits eine Stunde
vor Konzertbeginn zeugte die lange Schlange der geduldig in Reih und
Glied auf Einlass wartenden Menschen von der immensen Nachfrage die
Arch Enemy inzwischen bei den Metal-Fans auslöst. Die Band ist
aber sicher nicht der einzige Grund an diesem Abend das Konzert zu
besuchen. Das fängt schon beim Eventzentrum Strohofer an.
Geografisch perfekt direkt an der Autobahn gelegen ist die etwa 50
Meter lange und ca. 23 Meter breite Halle ein Traum für jeden
Konzertbesucher. Durch die Empore und die vielen Steh- und
Sitzgelegenheiten auf mehreren Ebenen hat man eine Sicht auf die
Bühne, wie sie kaum eine Halle in dieser Art in Deutschland zu
bieten hat. Hinzu kommt eine langgestreckte Bar, die ebenso wie die
Verköstigungsmöglichkeiten im hinteren Bereich mit den vielen
Bierzeltgarnituren keine Wünsche offenlassen. Das ganze dann auch
noch zu extrem zivilisierten Preisen, einem reichhaltigen Angebot und
anständigen Portionen, was will ein Musikfan mehr. Nicht vergessen
sollte man auch das angrenzende Hotel, so können auch Rockfans von
weiter weg völlig problemlos Konzerte besuchen und danach
zufrieden und auch noch vergünstigt im Hotel ins Bett fallen.
Nicht zu vergessen das auffallend freundliche Personal inklusive den
zahlreichen Securities und ein Traum von einem Fotograben.
Ein weiteres echtes Argument ist das Line-Up, denn nicht weniger als 3
Supportbands hat Arch Enemy auf ihrer „Will to Power Tour“
mitgebracht. Das alles gibt’s dann auch noch für 40 Euro,
also 10 Euro pro Band. Auch hier kann sich wirklich niemand beklagen.
Und natürlich hat bei Arch Enemy „The Hottest Chick of Heavy
Metal“, Sängerin Alissa White-Gluz, eine extreme
Anziehungskraft, völlig zurecht, wie der Abend einmal mehr
eindrucksvoll belegt.
Los ging der Abend aber mit Jinjer, einer wohl auch in Metalkreisen
noch relativ unbekannten Gruppe aus der Ukraine, obwohl die Band 2016
bereits zum zweiten Mal seit Bestehen 2009 zum besten Metal-Act der
Ukraine gewählt wurden. Wie sie über sich selber sagen sind
sie das bestgehütetste Extremmetalgeheimnis des Landes und mit dem
dritten Album „King of Everything“ will das Quartett mit
einem Mix aus Metalcore, Djent, Hardcore und Groove Metal den ganzen
Planeten infizieren. Das hat in Geiselwind definitiv schon mal ganz gut
geklappt. Gerade wegen ihrer weiblichen Sängerin Tatiana
Shmailyuk. Über die Leggins kann man ja noch diskutieren,
über den Rest eher nicht. Sie kann mächtig was, die
hübsche Dame mit der tollen Figur und den schönsten Bauch des
Abends. Ein wenig erinnert sie zwar an Alissa White-Gluz, von der sie
sich sicher das eine oder andere abgeschaut hat, ein Klon ist sie aber
definitiv nicht. Ganz im Gegenteil, das Grunzungeheuer kann weit mehr
als nur ins Mikrofon brüllen und performen. Ihr Publikum zu
unterhalten schafft sie ja eh mit links, ein absoluter Hingucker ist
sie auch noch. Auch die Musik hat durchaus Potential, wenn sie es in
Zukunft noch mehr schaffen den Abwechslungsreichtum ihrer Musik zum
Programm zu machen und noch besser herauszuarbeiten. Ein musikalischer
Schlenker in den Metal-Orient, eine Halbballade mit Klargesang,
Folkmetalparts, Growls und Screams und düsterer Death Metal und
Metalcore machen durchaus Spaß. Mit Napalm Records hat man auch
den richtigen Partner und als Arch Enemy Supportband beste
Werbemöglichkeiten in eigener Sache. Man wird hoffentlich noch
viel Positives von Jinjer hören, Potential hat man auch oder
gerade Dank des Organs einer Frau Shmailyuk definitiv genug.
Trübsal blasen musste man auch bei der zweiten Band des Abends
Tribulation keineswegs, auch wenn der Name es erst einmal vermuten
lässt. Gerade die Death Metal Fraktion im Publikum und das war
sicher der größte Teil des Publikums dürfte die Musik
der Horrorfreunde durchaus angesprochen haben. Auch weil es die
Schweden sehr gut verstehen, ihre Musik optisch so richtig in Szene zu
setzen. Für Tribulation ist die Tour eine echte Release-Tour, hat
man doch erst vor einigen Tagen das vierte Album der Band „Down
Below“ veröffentlicht. Man merkt den Schweden nicht nur die
Liebe zu den Horrorfilm-Klassikern an, auch der Wille die Musik anstatt
reinen Death-Metal breiter aufzustellen kann durchaus überzeugen.
So machte Tribulation da weiter, wo Jinjer aufgehört haben, dem
Publikum mächtig was um die Ohren zu fetzen und die Stimmung mit
einem voll überzeugenden Auftritt weiter zum Kochen zu bringen.
Brauchten die ersten zwei Bands noch etwas Anlaufzeit, um das Publikum
für sich zu gewinnen, hatte es Wintersun da viel leichter. Wenn
der Finne Jari Mäenpää mit einem breiten Grinsen im
Gesicht die Bühne betritt, seine Arme ausbreitet und das Publikum
zur Begrüßung gleich mal anschreit kocht der Saal. Die
Melodic-Death-Metal Band hat einen ausgezeichneten Ruf in
Metal-Kreisen. Warum, konnte man an diesem Abend deutlich sehen. Neben
der spielfreudigen Band ist vor allem der Sänger als „echte
Rampensau“ eine Attraktion. Vom klaren hymnischen Gesang
über das Metalltypische Screamen bis zu hohem typischen
Power-Metal-Falsett Gesang kann der Finne alles abdecken und dadurch
dem Musikstil von Wintersun so richtig seinen Stempel aufdrücken.
Und je epischer das Ganze wird, desto mehr Spaß macht es.
Mit dem Ambros-Hit „Du bist wie de Wintasun“ hat der Sound
zwar nichts zu tun, seine Strophe „a Goldstück unter
Steinen“ trifft aber auch auf die Finnen zu. Die haben mit ihren
komplexen Songstrukturen und den bombastisch orchestrierten Sound, mit
Songs, die sich vom typischen Zeile Refrain Schema und der
radiotauglichen 4 Minuten-Grenze zum Glück weit entfernt haben,
das Publikum völlig in der Hand das begeistert die Fäuste in
den Himmel reckt. Egal wieviel Technik da dahintersteckt um den Sound
so auf die Bühne zu bringen, Wintersun machen nicht nur auf
Platte, sondern auch an diesem Abend in Geiselwind richtig Spaß
und konnten den Stimmungspegel nochmals deutlich nach oben heben.
Die 6 Songs des Abends mit „Awaken from the dark slumber“,
„Winter Madness“, „Sons of Winter and stars“,
„Loneliness“, „Battle against Time“ sowie
„Time“ deckten alle 3 Alben der Band ab und wahren ein
guter Beleg für das musikalische Schaffen der Co-Headliner des
Abends.
Kein leichtes Unterfangen für Arch Enemy die als Höhepunkt
des Abends danach auf der Bühne standen. Und so brauchte selbst
eine Alissa White-Gluz tatsächlich eine kleine Anlaufzeit um das
Publikum völlig von sich einzunehmen. Probleme hat der kleine
Wutnickel damit allerdings keine, die Bühnenpräsenz der
„Metal-Schönheit“ ist einfach exorbitant.
Spätestens nach dem Auftakt mit den 3 Songs „Word is
yours“, „Ravenous“ und „Stolen Life“ war
Band, Sängerin und Publikum auf Betriebstemperatur und bereit eine
gemeinsamen Metal-Party zu feiern. „The Race“, „War
Eternal“ und „My Apocalypse“ folgten und Kanadas
Guttural-Gesangsexport White-Gluz grunzte, röhrte und brüllte
was die Stimmbänder hergaben. Das ist eigentlich richtig harte
Arbeit, sieht bei dem trotzdem recht zierlichen Wesen aber so leicht
und locker aus, dass es einmal mehr verblüfft, wie gut sie das
hinbekommt. Apropos Zierlichkeit, die Bühnendesigns der jungen
Dame sind einfach ebenfalls eine Augenweite. Besonders das weiße
Outfit aus dem Video „The Eagle Flies alone“, leider gab es
das aber nicht zu sehen, dafür aber Alissa in Schwarz und dazu
natürlich auch den Song, der sich immer mehr zum echten Arch Enemy
Hit mausert. Arch Enemy aber allein auf die engagierte Umwelt- und
Tierschützerin zu reduzieren wäre höchst unfair. Immer
wieder verschwindet sie von der Bühne um den Mitmusikern Raum zu
Entfaltung zu geben und gerade die Saitenfraktion um Michael Amott und
Jeff Loomis ist Weltklasse. Sie sind es auch die es immer wieder
schaffen, dass die Melodie in den Songs nicht zu kurz kommt,
während White-Gluz der Melodik dann grunzend den Garaus macht. 19
Songs lang geht das so, eine Setlist die auch mit Songs aus der
„Vor-White-Gluz-Ära“ keine Wünsche
offenlässt. Als nach deutlich über 90 Minuten mit
„Nemesis“ und „Fields of Desolation“ das Ende
des Konzertes gekommen war wirft Frau White-Gluz zur Verabschiedung als
Dankeschön die zusammengeknüllte Setlist ins Publikum und
dabei ertappt man sich dann bei dem Gedanken, dass Werfen nicht so ganz
ihr Ding ist. Dafür springen umso mehr und warum auch, sie will ja
keine Handballerin werden, sondern ist als Ausnahmeerscheinung auf der
Bühne auf den besten Weg mit ihrer Band zu absoluten Superstars
der Szene zu werden, wenn sie das nicht schon sind. Ein mehr als
gelungener Konzertabend in einer tollen Location setzte Alissa und ihre
Band die Krone auf.
Zu den Bildergalerien des Abends