Zum Fluch wird
„Der Fluch des Drachen“ definitiv nicht für Corvus
Corax. Egal, wo auch immer man das Stück dem Publikum vorstellt,
die Begeisterung ist unglaublich groß. Das Fantastical von Corvus
Corax nach einer Geschichte von Markus Heitz gewinnt zurecht immer mehr
Fans. Und nicht wenige würden sich das gerne nicht nur einmal
angucken. Die Mischung aus Erzählung und Musical kommt auch in
Würzburg an, das Publikum verfolgt aufmerksam das Geschehen auf
der Bühne und geizt nicht mit Applaus.
Ein großes Plus der
Bühnenumsetzung der Geschichte ist der Humor mit dem man den
Fantasystoff dem Publikum näher zu bringen versucht. Und so gibt
es neben den geplanten Stellen im Stück, die für Lacher im
Publikum sorgen sollen, wie zum Beispiel als Erzähler Johannes
Steck dem Krieger Leander die Maske abnimmt, auch immer wieder ganz
spontane. Denn obwohl das Stück natürlich feste Dialoge und
einen klaren roten Faden verfolgt, gibt es doch immer wieder Stellen,
die sich von Aufführung zu Aufführung unterscheiden und man
spontan, auf eine Publikumsreaktion oder auf das Geschehen auf der
Bühne reagiert bzw. reagieren muss. Und Erzähler Johannes
Streck ist wahrlich ein Meister der Spontanität. Auch wenn zwei
zufällig ausgewählte Personen aus dem Publikum die
Torwächter geben, ist Johannes Steck jedes Mal aufs Neue
gefordert, sich mit denen ihm bis dahin unbekannten Menschen in
Sekunden abzusprechen und sie ins Stück einzubauen. Und als
größte Unbekannte erweist sich von Aufführung zu
Aufführung das Publikum. Nicht jeder Gag funktioniert an jedem Ort
gleich gut und auch die Publikumsreaktionen sind immer wieder
unterschiedlich, wie auch in Würzburg wo man auf den Dialog
Nein-Doch mit einem lauten Ohh antwortete, ganz im Stil von Louis de
Funes. Diesen Gag hat man dann übrigens auch später im
Stück eingebaut, in Würzburg war das Publikum schlichtweg
schneller.
Eine besondere Stärke des
Fantasticals ist ohne Frage die Musik. Wartet man bei mancher
Musicalaufführung auf den einen tollen Song, so hat man beim
„Fluch des Drachen“ ein echtes Problem. Denn das ganze
Stück ist ein einziger Ohrwurm. Das mag einen auf der CD gar nicht
so vorkommen, je öfters man die Songs live erlebt, desto
schwieriger bekommt man sie aber wieder aus dem Kopf. Nicht nur weil
die Songs so ne tolle Ohrwurmqualität haben, sondern auch, weil
man mit der „Der Fluch des Drachen“-Besetzung das
große Los gezogen hat. Jeder der Sängerinnen und Sänger
hat ein Gänsehaut-Gen in sich, entsprechend eindrucksvoll kommen
die Songs auch rüber. Das merkt man gleich zu Beginn, als die
Ballade von Schmied Adamas mit seiner dezenten Instrumentierung und der
großartigen Stimme von Marcus Gorstein das Publikum sofort in
seinen Bann zieht. Der Song ist mit seinem Text auch das beste Beispiel
dafür, wie grandios man es geschafft hat, die Geschichte mit den
Songtexten zu verbinden. Die Songs sind kleine Gesichten innerhalb der
Geschichte. Egal wer nun einen Song präsentiert, ob Sonnenschein
Ji-In Cho die als Hexe Runa beim Song „Wild und Frei“ das
Publikum fast zum Aufspringen und Mittanzen zwingt, über Nori von
Corvus Corax, der beim Song von Alchemos „Werd keinen
Verschonen“ mit seiner rauen etwas rauchigen Stimme klingt, wie
wenn man ihn gerade aus dem Alchemistenlabor im Keller herausgezerrt
hat um das Publikum zu verzaubern bis zu Katja Moslehner und Maxi
Kerber. Alle wissen nachhaltig zu begeistern und gerade Maxi Kerber hat
in Würzburg einen ganz besonderen Schokoladentag erwischt.
„Wann werde ich frei sein“ singt sie und liebend gern
würde man sie in den Arm nehmen in dem Moment. Das darf dann
Marcus Gorstein, mit einem Maxi Maxi-Dauerkuss, neidisch könnte
man da werden.
Wieviel Herzblut alle Akteure beim
„Fluch des Drachen“ investieren, sieht man schon allein
daran, dass man vor der Aufführung das ganze Stück nochmals
komplett geprobt hat, damit am Abend auch ja nichts schief geht. Gerade
für den gesundheitlich angeschlagenen Johannes Steck eine
Mammutaufgabe. Anmerken konnte man ihm das am Abend übrigens
nicht, höchst professionell führte er durch den Abend und war
auch diesmal ein Erlebnis für sich. Und Wim der im zweiten Teil
der „Fluch des Drachen-Tournee“ Multinstrumentalist Vit in
der Band ersetzt, konnte sich etwas leichter auf die musikalische
Herausforderung einstellen.
Natürlich konzentriert sich bei dem
Fantastical das Hauptaugenmerk des Publikums auf die
Gastsängerinnen und Sänger, trotzdem darf man den Beitrag den
die Band Corvus Corax zum Stück beiträgt nicht
unterschätzen, die mit ihrer musikalischen Unterstützung und
den Soundeffekten unersetzbar sind. Um wieviel ärmer wäre die
Geschichte ohne zum Beispiel den mächtigen Sound der Trommeln,
oder ohne dass Castus Rabensang seine eindrucksvolle Stimme erheben
würde. Nicht zu vergessen natürlich der
Dichterfürst von Corvus Corax Jordon, der sich sehr zur Freude des
Publikums als Meister der Dialekte erweist. Ganz zu Schweigen von
Michael Frick, als stummer Krieger Leander.
Es gibt noch genug Gelegenheit „Der
Fluch des Drachen“ live zu erleben, man sollte das unbedingt tun,
aber was dann? Was, wenn alle Vorstellungen beendet sind?
Irgendwie kann das einfach noch nicht alles gewesen sein. Das
Stück schreit nach einer Fortsetzung, schon gleich mit dieser
grandiosen Besetzung. Da muss "Mr. Fantasy" und Corvus Corax wohl noch
einmal nachlegen, ein infiziertes Publikum hofft auf Heilung.
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