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 Lydia Benecke 2018
                         Erklärung ist keine Entschuldigung      Lydia Benecke


Bayreuth,  Zentrum  13.04.2018

Die Frau ist gefragt. Nicht nur bei Psychologen, Juristen, Polizisten, der schreibenden Presse oder dem Fernsehen ist sie ein gern gesehener Gast. Auch in unserer Gegend erfreuen sich Lesungen von Lydia Benecke immer einer großen Nachfrage. Tendenz steigend. Das sieht man besonders gut in Bayreuth. War im letzten Jahr der kleine Vortragssaal schon bestens gefühlt, erwies sich diesmal der große Saal als perfekte Location um die Ausführungen von Lydia Benecke zum Thema Psychopathinnen mitzuverfolgen. Das erfordert übrigens viel Sitzfleisch beim Publikum. Denn wenn Frau Benecke erst einmal in Fahrt ist stoppt man sie nicht so leicht.  Erst um 23.45 war Lydia Benecke zumindest themenmäßig für diesen Abend mit ihren Ausführungen am Ende. Zeit für die Besucher nahm sie sich trotz vorgerückter Stunde aber auch danach noch reichlich. 3 Stunden 45 Minuten zuhören, unterbrochen von einer kurzen Pause, die man für das Signieren der Bücher oder für Fotos mit ihr nutzen konnte, sind wahrlich nicht alltäglich.
Man könnte sich des Themas auch viel reißerischer in 2 Stunden annehmen, viel Wissenschaftliches weglassen und das Publikum wäre vielleicht sogar zum Teil noch begeisterter. Aber das ist absolut nicht ihr Ding. Sie hat einen wissenschaftlichen Anspruch an sich und den will sie auch mit dem Publikum teilen. Und das ist auch wirklich gut so. Langweilig wird es trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil. Die Zeit vergeht wie im Flug, auch ein Verdienst von Lydia Beneckes lockerer Art und ihres durchaus fröhlichen Wesens.
Lydia Benecke versteht es einfach großartig trockene Theorie so unterhaltsam zu verpacken, dass man sich nicht langweilt, egal ob mit oder ohne Vorbildung in diesem Bereich. Somit kann jeder neben viel Schrecklichem (was Menschen anderen Menschen antun können und warum) auch einiges (mehr) an Wissen mitnehmen.
Bevor es so richtig losging gab es aber erst einmal Musik von Subway to Sally zu hören. Musik von der Scheibe Mitgift, Subway to Sallys großartige Mördergeschichten bei denen Lydia Benecke als Beraterin mitwirkte. Außerdem gab es mehrere Filmausschnitte auf die sie auch im Vortrag nochmals einging. Nicht vergessen wurde auch, auf den anstehenden Vortrag in Schwarzenbach/Saale hinzuweisen.
Dann ging es aber richtig los und bevor sie sich dem Thema Psychopathinnen annahm, konnte man noch etwas über die Person Benecke und ihre Arbeit erfahren. So ist sie 30 Stunden in der Woche in der Straftätertherapie tätig, ein Job der mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hat. An Psychologen wohlgemerkt, an Straftätern scheint leider kein Mangel zu herrschen. In dem Zusammenhang konnte man auch erfahren, dass das schlimmste was ihr im Gefängnis je passiert ist, dass ein Zaun ihr Auto erschlagen hat.
Besonders spannend war am Anfang die Feststellung, dass es tatsächlich deutliche Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tätergruppen gibt. So töten Frauen Männer eher, wenn sie diese loswerden wollen. Man könnte also auch sagen „Scheidung rettet leben“. Dummerweise ist es bei Männern genau anders herum, da ist es meist das Mordmotiv, dass Männer die Angehörigen nicht verlieren wollen. Scheidung tötet sozusagen, ein ziemlich schwierig zu lösender Konflikt.
Danach ging es weiter in die Tiefe, es wurden typische Charaktermerkmale von Psychopathinnen erläutert und welche kaputten Bremsmechanismen einen Menschen zum Psychopathen werden lassen. Auch wurde auf Fehlannahmen bei Psychopathinnen eingegangen. So wie zum Beispiel der weit verbreitete Irrglaube, dass die immer sehr intelligent sind. Von wegen hoher IQ, es gibt auch strunzdumme unter ihnen wie sie unmissverständlich feststellte. Und dass die einen Tötungsdrang in sich tragen stimmt so auch nicht.
Auch dass einer von 100 hohe Psychopathiewerte in sich trägt erstaunt durchaus, die Mischung aus Genen und Umwelteinflüssen macht es dann aber aus, dass der bzw. diejenige dann auch zum echten Psychopathen wird. Abschließend wurde auch noch der Unterschied der bösen Irren (Psychopath) von den netten Irren (Soziopath) aufgezeigt.

Der ganze Abend war übrigens kein reiner Monolog. Ganz im Gegenteil. Anhand von Filmausschnitten von Basic Instinct und Basic Instinct 2 war das Publikum gefordert festzustellen, welche psychopathischen Merkmale man bei Filmhauptfigur Cathrine Tramell erkennen kann. Und das Publikum ließ sich nicht zweimal bitten und war mit Feuereifer dabei. Aufgezeigt wurde auch ein klassischer Unterschied zwischen Männer und Frauen. So fällt „Mann“ eher durch direkte Aggressivität und physische Gewalt auf, während „Frau“ eher durch eine indirekte Aggressivität und psychische Gewalt auffällig wird.
Psychopathische Mütter, Selbstverliebtheit, Narzissmus, Antisoziale und Dissoziale Persönlichkeitsstörungen waren weitere Themen im ersten Teil des Vortrags, der nach der Pause wesentlich plastischer wurde, als Lydia Benecke den Besuchern die 1956 in Bradford geborene amerikanische Serienmörderin Aileen Wuornos vorstellte, die man für den Tod von vermutlich 7 Männern verantwortlich macht. Ähnlich gruselig ist der Fall von Mary Beth Tinning die am 11. 09. 1942 in Duanesburg (New York) geboren wurde und zwischen 1972 und 1985 wahrscheinlich sieben ihrer eigenen acht Kinder umgebracht hat, sowie ein Adoptivkind.
Auch der Fall Gertrude Baniszewski kam an diesem Abend zur Sprache und all diese Fälle wurden mit einigen Filmszenen zum Beispiel aus dem Film Monster unterlegt. Der mit Charlize Theron in der Hauptrolle im Jahr 2003 gedrehte US-Amerikanisch-Deutsche Kinofilm basiert auf die Geschichte von Wuornos und besonders die Hauptdarstellerin wurde mit zahlreichen Filmpreisen ausgezeichnet, auch mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin 2004.
Oder aus dem Film „An American Crime“ der die Geschichte, Folter und Ermordung von Sylvia Likens nachzeichnete, die Gertrude Baniszewski auf dem Gewissen hatte. Nicht zu vergessen natürlich „Another American Crime“ die den Fall der Kindsmörderin Theresa Knorr nachzeichnete und deren traurige Geschichte auch Thema des Abends war. Und ähnlich wie im letzten Jahr als man ziemlich nachdenklich das Zentrum in Bayreuth verließ und man seitdem zum Beispiel den Musiker Eminem und seine Songtexte mit anderen Augen anschaut, bleibt auch diesmal der Abend nachhaltig in Erinnerung.


Bevor es noch einige Bilder vom Abend zu sehen gibt noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache. Ich hatte das Vergnügen mit Lydia Benecke ein Interview führen zu dürfen. Daraus ist ein mitternächtlicher Plausch geworden und es hat wirklich unglaublich Spaß gemacht sich fast 60 Minuten mit ihr zu unterhalten. Das Ergebnis kann man hier nachlesen.

RCN-Magazin

Die Bildergalerie des Abends



 































 































 



















































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