Gefühle in Töne zu verwandeln und Texte zu verfassen, die nicht zu kitschig
werden oder zu schnulzig sind, sondern die berühren, zum Nachdenken anregen, wo
Menschen sich und ihre Gefühle wiederfinden, die Kraft und Halt geben können
ist echt eine Herausforderung. Noch dazu, wenn man in Deutschland deutsch
singt. Manche Musiker/innen und Bands haben das fast perfektioniert, wie zum
Beispiel Revolverheld. Es ist aber auch die Kernkompetenz von Staubkind, auch
wenn man sagen muss, dass die Gradwanderung zum Kitsch bei Unplugged Auftritten
noch deutlich größer ist, als wenn man sie „verstärkt“ als Band erlebt. Was
natürlich gleichwohl auch für andere Bands gilt.
Aber gleich vorweg um das klarzustellen, auch in Nürnberg ist dem
Sänger Louis Manke diese Gradwanderung wieder vortrefflich gelungen.
Gerade weil er es, neben seinem Talent Songs zu schreiben, meisterlich
versteht diese anzumoderieren, Geschichten dazu zu erzählen, das Publikum zu
unterhalten und es mitzunehmen in die „heile“ Staubkind Welt. Sein Ziel, was er
auch beim Konzert ausdrücklich betont, ist zu unterhalten, den Menschen zu
ermöglichen loszulassen und den Alltag einmal für 2 Stunden zu vergessen und
das hat er mal wieder genial hinbekommen.
Und dabei wird er von einer sehenswerten Lichtshow und einem Ton
unterstützt der auch Dank Location kaum zu toppen geht.
„Wo wir zuhause sind“ heißt die Unplugged Tour, die mit der Nürnberger Lux
Kirche eine Location zu bieten hat, die wie geschaffen für den Abend ist. Und
Cello, Geige und akustische Gitarre helfen kräftig mit, das Publikum träumen zu
lassen und Emotionen zu erzeugen. So können die Songs auch wirklich berühren,
wenn man das denn will und zulässt. Für jedermann ist dieses Gefühlsmaximum
sicher nichts, Staubkind Fans lieben es und sind nach dem Intro beim ersten
Song des Abends „Immer wenn es anfängt“ schon voll dabei. Was liegt näher als
„Angekommen“ als nächsten Song anzustimmen, denn angekommen ist Band und Sänger
auch nach wenigen Takten in Nürnberg. Und so berichtet er von seinem
ersten Kirchenkonzert als der Bochumer Pfarrer ihn gefragt hatte, ob ein Kreuz
mit auf die Bühne darf. Deshalb hat er sich auf der Fahrt nach Nürnberg dann auch
überlegt, wo könnte er das denn in Nürnberg anbringen, eine Frage,
die sich mit einem ersten Blick auf die Bühne schnell erledigt hat. Seine
Aussage, wie gut er es findet, dass sich die Kirche auch für Konzerte öffnet
kann man nur unterstreichen. Und einen besseren Botschafter wie Staubkind kann
man als evangelische Kirche ja kaum finden. Eine Win-Win Situation sozusagen.
„Deine Zeit“, „An jedem einzelnen Tag“ und „Lauter leben“ folgten und sehr
schnell stand auch das komplette Publikum trotz Sitzkonzert und feierte kräftig
mit.
Mit „Halt dich fest“ stand dann ein neuer Song auf dem Programm, der
mit der ersten Textzeile „Manchmal kann ein Leben weh tun“ sofort ein Kopfkino
beim Hörer auslöst und mit dem Textende „Da sind so viele Augenblicke, die
erzähl`n wie`s weitergeht. Zeigen Dir doch viele Träume. Fang dir den der
dich jetzt trägt“ einen Weg aufzeigt, damit umzugehen.
„Fliegen Lernen“, war auch in der Unplugged Version incl. der Geschichte
von Mareike ein ganz besonderer Gänsehautmoment, dem Staubkind mit „Kleiner
Engel“ und „Mit Kinderaugen“ gleich 2 weitere hinterherschoben. Hier bewies der
gelernte Erzieher Manke mal wieder eindrucksvoll, wie sinnvoll er es versteht
Songtexte anzumoderieren und damit auch Botschaften zu vermitteln. Wichtige,
wie zum Beispiel die Aufforderung an Eltern das Smartphone auch mal zur Seite
zu legen und den Kindern die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Aufmerksamkeit
die sie verdienen. Und die Welt eben wieder versuchen mal mit Kinderaugen zu
sehen. Nachvollziehen kann man das wohl so richtig, wenn man so einen kleinen
Knirps daheim hat. Wenn man miterlebt, wie er die Pusteblume gerade so toll
findet und es ihn so viel Freude macht, obwohl man die selbst eigentlich gar
nicht mehr wahr nimmt. Dann weiß man umso mehr, mit dem Song etwas anzufangen.
Einer der wohl genialsten Staubkind Songs überhaupt übrigens.
In der Setliste fanden u.a. auch die Songs „Scherben“ „Durch den Regen“,
„Alles was ich bin“ „Feuer ohne Asche“ mit Feuer ohne Rauch im Hintergrund und
„Wunder“ ihren Platz und natürlich endete der Abend nach einer ausführlichen
Zugabe mit dem Song „Das beste kommt noch“. Auch der Hinweis auf die
besondere Weihnachtsshow im Nürnberger „Parks“ am 01. Dezember wurde
nicht vergessen. Staubkind 2018 sogar nochmal in Nürnberg, in einem wieder
etwas anderen Rahmen, erleben zu können ist gerade für die Fans sicher die
beste Nachricht des Tages gewesen. Und so dürften die 50 Karten, die man danach
schon erwerben konnte auch schnell ausverkauft gewesen sein.
Wer das Staubkind-Konzert verpasst hat, kann sich immerhin die CD zur
Akustik-Tour „Wo wir zuhause sind“ gönnen und damit etwas Lux-Kirche Stimmung
ins eigene Wohnzimmer holen. Und für alle die die Stimme des Sängers mal satthaben,
gibt es die ganzen Songs auch instrumental, wie Louis beim Konzert lachend erwähnte
um danach einen Konzertbesucher eine Ausgabe davon zu schenken.
Ich möchte aber nicht versäumen eher auf die Live CD „Immer wenn es
anfängt“ hinzuweisen, die die Live Atmosphäre eines Staubkind-Konzertes
grandios einfängt und ein famoses Live Album geworden ist.
Damals hatte Staubkind mit Batomae auch einen wirklich grandiosen
Support dabei. Da musste sich selbst Louis Manke richtig anstrengen, so
nachhaltig hat Batomae das Publikum beeindruckt. Diesmal hatte er es da
deutlich leichter. Waren die Batomae-Fußstapfen für den Konzertsupport doch
gleich einige Nummer zu groß. Die zwei netten Mädels von Ohrenpost
aus Münster kamen durchaus beim Publikum an und Sängerin Christin
Koll hat auch eine überzeugende Stimme, aber so wirklich überzeugen konnte der
Auftritt an diesem Abend nicht. Vor allem die Mitmach-Nummer „Schere, Stein,
Papier“ konnte kaum jemand zum Mitmachen motivieren. Vielleicht ist eine
Unplugged-Vorstellung aber auch nicht gerade die beste Idee, um sich bei einem
breiten Publikum nachhaltig in Erinnerung zu bringen. Das funktioniert mit
voller Besetzung und Bass und Schlagzeug wohl besser.
Bilder vom Abend