Rückblende ins Jahr 2004, eine Stimme aus dem Off die einen
sofort packt. Die so eine Spannung erzeugt, dass man es kaum erwarten kann, bis
die Person, der die Stimme gehört, endlich die Bühne betritt. Es war damals der
Support des Supports, der da in Zwickau auf der Bühne stand. Silbermond, Silber
– wer? Kannte kein Mensch. Danach, wohl jeder. Es war so unfassbar
beeindruckend, so arg, dass ich die Bilder des Konzertes noch so omnipräsent im
Kopf habe, wie wenn es gestern gewesen wäre. Es war so offensichtlich, dass da
eine ganz besondere Band auf der Bühne stand. Eine die wie kaum eine Zweite in
den letzten Jahren die Deutsche Popszene entscheidend mitgeprägt hat, die
inzwischen die größten Hallen und Open Air Bühnen füllt, die zigfach
ausgezeichnet wurde, u. a mit 7 Echos, den MTV Music Award, Comet, Bambi usw.
Und die an diesem Abend im Hirsch in Nürnberg so auf der Bühne steht, wie wenn
sie am Anfang ihrer Karriere stehen. Mit einem solchen Spaß im Gesicht und
solch einer Leidenschaft, wie wenn es die letzten 15 Jahre und unzählige
Live-Konzerte nicht gegeben hätte. Es war nicht das einzige Clubkonzert in
diesem Jahr, das Silbermond spielte bzw. spielt, ein paar wird es schon noch
geben. Zum Glück eins davon in Nürnberg und so hatten etwas über 800, die
schnell genug waren, um sich eine Karte zu sichern, die Chance dabei zu sein
und in diesem Zusammenhang einen großen Dank an das Concertbüro Franken, dass
man das möglich gemacht hatte. Schon eine Stunde zuvor, war die Schlange
unendlich lang, die Spannung kurz vor Konzertbeginn fast greifbar und die
Temperatur im Hirsch schon richtig kuschelig.
Silbermond ist auch die Geschichte von vier Freunden, von
Andreas Nowak, Thomas und Johannes Stolle und von Stefanie Kloß, die 1998 mit
der Coverband Exakt begann. Heute 21 Jahre später kommt kaum eine Coverband um
einen Silbermond-Song herum. So ändern sich die Zeiten, die Bandbesetzung dagegen
nicht, die Freundschaft innerhalb Band und Crew auch nicht, na ja sagen wir
fast nicht. Denn inzwischen ist aus „Freundschaft“ ein weiteres Bandmitglied
entstanden. Man hat einen kleinen Knirps
in die Crew mit aufgenommen erzählte eine schmunzelnde Stefanie, was dazu
führt, dass sie endlich nicht mehr das Küken und die Kleinste der Band ist, wie
sie betonte. Und während Mama Stefanie auf der Bühne stand, wurde der
„Mini-Silbermond“ bestens im Tourbus versorgt. Das Baby wird das Leben der
Eltern und der Band in nächster Zeit sicher noch gehörig auf den Kopf stellen. Und
uns dadurch noch den einen oder anderen großartigen Song bescheren. Ein klein
bisschen davon konnte an diesem Abend auch jeder im Publikum erahnen. Denn mit
„Hand auf`s Herz“ gab es auch einen ganz neuen Song zu hören. Einer der einen
tief bewegt und wieder einmal zeigt, welches großartiges Talent die Band hat,
Geschichten aus dem Leben zu vertonen. Und das Leben wird nun um ein ganz
großes Thema erweitert, eins, von dem man nur erzählen kann, wenn man es selbst
miterleben darf. Mit all seinen tollen, aber auch schwierigen und
nervenaufreibenden Momenten.
Aber nochmals zurück zum Anfang des Konzertes, als eine bis
über beide Ohren grinsende Stefanie fast ohrenbetäubend gefeiert wurde und von
Anfang an so richtig Gas gab. „Langsam“, „Ich bereue nichts“, „Unter der
Oberfläche“ und „Lass mal“, nach vier Songs hatte die Band schon lange
Betriebstemperatur und der Hirsch Saunatemperatur erreicht. Nach „Meer sein“
gab es mit „Das leichteste der Welt“ und „Irgendwas bleibt“ erstmals Ruhigeres
zu hören. Von wegen, Silbermond eine reine Balladenband. Wer so etwas
behauptet, der hat keine Ahnung und die Band und ihre Live-Qualität nie erlebt.
Und ganz abgesehen davon, kaum jemand kann so viel Gefühl live in die ruhigen
Songs legen, wie die bildhübsche Bautzenerin.
Trotz des aus dem Nähten platzenden Hirsch ließ es sich die
Band nicht nehmen, singend von der Bühne zu klettern, durch die Menge ans
andere Ende zu wandern, wo man in der Folge auf der Bar stehend einen kleinen
Akustikteil mit „Heut hab ich Zeit“ und „Das Beste“ präsentierte. Ein
praktischer Platz, „da gibt`s Bier für uns alle“, wie Stefanie Kloß grinsend
bemerkte, auch wenn es auch hier „latent heiß“ ist. Den Weg zurück trat man
dann über die Bar an um gleich danach das Publikum zum „Licht anmachen“
aufzufordern. Und so leuchtete der Hirsch zum Song „Krieger des Lichts“ 100-fach.
Natürlich fand sich auch „Symphonie“ in der Setlist, unzählige Musiker haben
sich daran versucht, bis heute habe ich keine Version gehört, die so schön
klingt wie das Original. Und die einmal mehr zeigt, was Stefanie Kloß für tolle
Sängerin ist. Und sie kann es auch in Englisch. Das Red Hot Chilli Peppers
Cover „Otherside“ knallt mit lautstarker Hirsch-Chorunterstützung mindestens
wie das Original. Wie dann übrigens auch der Zugabeteil mit „Zeit zu Tanzen“,
„Leichtes Gepäck“ und „Durch die Nacht“. Danach war leider endgültig Schluss, die
Sängerin und Band klatschnass. Gehen wollte aber eigentlich noch keiner, man
hatte das Gefühl die Band schon gleich nicht und der Applaus des Publikums, das
Stefanie beim Song „Indigo“ zuvor übrigens auch crowdsurfend besuchte, war
unbeschreiblich.
Einfach toll, dass trotz der häufigen Fernsehpräsenz der
Sängerin und den großen Erfolg der Band in den letzten Jahren, man solche
Auftritte in so kleinen Locations überhaupt noch macht. Aber das ist nur die
eine Seite der Medaille, wie es immer so schön heißt. Die andere ist die, wie
sich Silbermond trotz des Megaerfolges der letzten Jahre im Jahr 2019
präsentieren. Völlig natürlich, voller Leidenschaft und Energie und mit so viel
Spaß und guter Laune, um zusammen mit dem Publikum einen tollen Konzertabend zu
feiern, dass es eine wahre Freude ist, dies so hautnah miterleben zu dürfen. Von
der Musik und der Show mal ganz zu schweigen. Irgendwie wie 2004, nur damals
mussten Sie ihre Technik noch selbst von der Bühne schleppen.
2020 gibt es, dann in der Nürnberger Arena, ein Wiedersehen
mit Silbermond im Frankenland. Und auch dann wird es 100 %-ig nicht anders
sein, auch dann wird Sonnenschein Stefanie Kloß mit Band die dann sicher weit
über 6000 Menschen begeistern. Man kann jeden der es bis heute noch nicht getan
hat nur raten die Band einmal live anzuhören. Es ist wann und wo auch immer,
ein besonderes Erlebnis und Stefanie Kloß eine der faszinierendsten Sängerinnen
Deutschlands im Pop-Rockbereich. Das war sie schon 2004, das hat sich auch 2019
nicht geändert. Und menschlich, was das soziale Engagement betrifft, den Umgang
mit den Fans und den Mut den Mund aufzumachen, auch da ist Silbermond ganz weit
vorne.
Die Bildergalerie des Abends