Sonntag
ging das Festival, wie auch schon im letzten Jahr, sehr ruhig los.
Im
letzten Jahr die tollen "The Moon and the Nightspirit"aus
Ungarn,
diesmal mit
Cecile
Corbel
eine
französische Harfinistin, die mit ihren keltischen Melodien das
Publikum zu verzaubern versuchte. Die im Jahr 1980 in der Bretagne
geborene Französin hat inzwischen 3 CD`s
veröffentlicht. Die etwas an Loreena McKennitt erinnernde
Französin wird unterstützt von Pascal
Boucaud am Bass und Cyril Maurin an der Gitarre. Schön
anzuhören,
Musik zum Augen schließen und dahinträumen. Genau
richtig um
langsam in der Realität des wettermäßig
nicht gerade erfreulichen
Sonntags anzukommen.
Danach
wurde es richtig intellektuell, künstlerisch oder wie immer
man das auch nennen will.
Vedan
Kolod
standen
auf der Bühne, erstmals eine Band aus dem tiefsten Sibirien in
Selb, denen die hiesigen Temperaturen geradezu als Hochsommer
vorkommen mussten, hat es dort ja bis zu 50 Grad Minus. Die aus
Krasnojarsk stammenden 3 Musiker hatten eine wahre Ochsentour hinter
sich. Mit der Bahn nach Selb, ein Abenteuer für sich und dann
war die
Verständigung in Selb sicher auch nicht einfach, da keiner der
3 Englisch oder Deutsch spricht und man in Selb sich mit Russisch ja
nicht wirklich gut verständigen kann.
Vedan
Kolod haben sich extremst der Tradition verschrieben und machen
Geschichte hörbar, denn sie widmen sich ganz der Musik des
heidnischen Russlands vor Ankunft der Christen. Und diese versuchen sie
mit einer wissenschaftlichen Akribie den Menschen zu Gehör zu
bringen, dass man sie schon fast mehr als wissenschaftliche Musiker,
denn als Ethnoband bezeichnen muss. Dazu wurden auch extra
Instrumente
, wie Gusli, Okarina, slawische Trommeln, skythisches Horn, Scharkuncy
und andere gebaut bzw. rekonstruiert.
Vedan Kolod singen u.a im
Obertongesang. Was das genau ist kann man in Wikipedia incl.
Tonbeispiele hier
http://de.wikipedia.org/wiki/Obertongesang
sehr gut nachlesen. Interessanter Auftritt aber mir definitiv mit zu
hohem wissenschaftlichen Anspruch.
Die
nächste Band
Elster Silberflug
gibt
es schon seit 1971. Die Deutsche Folkband wurde durch ihre
Interpretationen von Volksliedern bekannt, ehe sie sich im Jahre 1978
auflöste. Im Jahr 1988 wurde die Band dann wiederbelebt. Lag
der
Schwerpunkt in den 1970er Jahren auf Musik des 19. Jahrhunderts mit
häufig romantischer Prägung, so spielt die Band seit
1988 fast ausschließlich der mittelalterlichen Musik
nachempfundene Stücke, wie
auf
Wikipedia zu lesen ist. Im Jahr 2008 veröffentlichte man
erstmals ein Best of mit dem besten der letzten 30 Jahre. Welche Band
kann so etwas schon bieten, 30 Jahre Bandgeschichte, wenn auch mit
Unterbrechung. Und so war der Auftritt in Selb auch ein Best of einer
Band, die zu den Urgesteinen der Deutschen Folk und Mittelalterszene
gehört.
Irrlichter
, auch als Sumpflichter bekannt, sind rätselhafte
Lichterscheinungen in Mooren und Sumpfgebieten, die immer wieder zu
beobachten sind und früher als Aberglaube abgetan wurden. Da
sie
aber
nur extrem kurz leuchten, ist eine systematische Erforschung eher
schwierig. Außer dem Namen hat die Band
Die
Irrlichter
mit
dem Namen dieses kurzzeitigen Phänomens nichts gemeinsam. Denn
in Selb leuchtete und strahlte die Bonner Frauenband während
des
ganzen Konzertes mit der Sonne um die Wette. Die Band ist eine echte
Mittelalterband und ist auf Märkten, Festivals und Banketten
ein
gern
gesehener Gast. Seit 2001 gibt es die Band nun schon, allerdings gab es
innerhalb der Band zahlreiche Besetzungswechsel, mit Brigitta
Jaroschek ist allerdings noch ein Mitglied der Orginalbesetzung dabei,
die
auch heute noch als Hauptsonglieferantin und Leadsängerin die
zentrale Person der Irrlichter ist. Sie ist übrigens auch ein
perfektes
Beispiel dafür, dass man nicht eine absolute Bohnenstange sein
muß, um
als
Frau sexy zu sein. Ihre Ausstrahlung und ihr strahlendes
Lächeln
waren
wirklich extrem fesselnd und ansteckend. Die Irrlichter haben
ebenfalls eine große Anzahl Mittelalterlicher Instrumente ,
die sie nutzen, wie z.B. Basslaute,
Cister, Mandoline, Harfe, Flöten, Rauschpfeife,
Chalumeau, Schlüsselfiedel, Dudelsack, Schalmei,
Flöten, Schellenkranz,Davul, Zimbeln, Darabuka,
Landsknechtrommel und
Krummhorn. Schade, dass genau zur gleichen Zeit "Vroudenspil" auf der
Theaterbühne spielten, so dass ich nur einen kleinen Teil des
schönen Konzertes gehört habe.
Mit
den Griechen von
Daemonia Nymphe
stand
als nächstes eine Band auf der Bühne, die bei mir
einen zwiespaltigen Eindruck hinterlies.
Wie im
Internet über die Band zu lesen ist, hat man es sich zur
Passion gemacht, den Klang der griechischen Antike neu zu erschaffen.
Dazu
bedient man sich auch historisch urtümlicher Instrumente, wie
z.B. Lyra, Varvitos und Krotela, die mit neuzeitlichem Instrumentarium
kombiniert
werden. Und so entsteht ein relativ eigener Mix aus traditionellem und
neuzeitlichem Leidgut. Eigen ist auch die Show der Band. Besonders
die
Sängerin, die sich erst in Stoff einwickelt, dann zu Boden
sinkt und einem epileptischen Anfall gleich unkontrolliert am Boden
herumzuckt,
sorgt
beim Publikum für Stirnrunzeln und beim Alex zum Ausruf :"Die
Frau hat gesundheitliche Probleme, helft ihr doch einer". Er hatte die
Lacher auf seiner Seite und die Band schaffte es mit ihren orphischen
Hymnen einen Teil des Publikums in seinen Bann zu ziehen. Mit
Sava
gab es
danach ein weiteres Highlight. Besonders, weil
neben
einer bestens gelaunten Birgit Muggenthaler von Schandmaul mit
Oliver S. Tyr von Faun beide Gründungsmitglieder des
gemeinsamen
Projektes auch auf der Bühne standen. Und dies ist in der
Regel wenn
Sava
auftritt nicht immer so. So hat sich die kompositorische Hauptlast
inzwischen sehr auf Birgit Muggenthaler verlagert, die die musikalische
Ausrichtung von Sava deutlich von Schandmaul abgrenzt und mehr in
Richtung Folk ausrichtet. Und so gibt es neben Stücken mit
Gesang
auch
mehrere Instrumentalstücke zu hören.
Auf
der Homepage der Band steht so eine schöne Beschreibung der
Klasse-Musik der Band, dass ich die nun einfach einmal zitieren
möchte:
""...Sava
lädt Euch ein auf eine Reise durch Länder und
Epochen..." Folgt man der
Einladung und begibt sich auf die
Reise durch Raum und Zeit, findet man sich vor
dem inneren Auge bald an
verschiedensten Orten wieder: auf einem spanischen
Marktplatz, in den grünen
Auen Irlands, auf schroffen Felsen schottischer
Highlands, am französischen
Hof... Die Musik von Sava lässt sich in kein Schema
pressen. Irgendwo zwischen Folk- und
Weltmusik mit Elementen, die an
mittelalterliche oder manchmal sogar
frühbarocke Kompositionen erinnern, bahnen
die Musiker sich ihren Weg auf dieser
musikalischen Reise."
Nach
der Verleihung des goldenen Zwerges im Bereich Spielleute, den
für mich etwas überraschend und
unverständlich Pur Pur gewann (hierzu
später noch mehr) standen die Spanier von
Trobar
de Morte
auf
der Bühne und stellten ihren Mittelalter Fantasy-Folk vor.
Über
Trobar de Morte ist recht wenig zu erfahren, die Band gibt es
scheinbar schon seit 1999, damals als
Ein-Mann-Synthesizer-Projekt von
Lady
Morte ins Leben gerufen. Mit der Sängerin Arianne kam im Jahr
2004
eine Gastsängerin dazu, die die erste CD "Nocturnal
Dance Of The Dragonfly"mit einsang und
danach festes Bestandteil des Projektes
wurde.
Inzwischen
gibt es 3 CD`s der in Deutschland noch relativ unbekannten
Band,
die beim 14. Wave Gothic-Treffen im Leipziger Schauspielhaus
erstmals für Aufsehen in Deutschland sorgten.
Eine
Band, die bei mir einen sehr positiven Eindruck hinterlies. Der
Synthesizer-geprägte Sound war eine schöne
Abwechslung im
3-tägigen Festivalprogramm.
Danach
gab es auf der Burgbühne
Dikanda
zu
sehen. Die Polen waren einer der Abräumer beim ersten Festival
,
laut
Programmheft waren sie eine der meistgelobten Bands 2008 und
wurden deshalb auch diesmal recht überschwenglich
angekündigt.
Außerdem wurde ihnen mehr Spielzeit eingeräumt.
Allerdings verzögerte sich der Auftritt etwas, weil eine der
Musikerinnen zuvor noch ihr Baby stillen musste. Aber wie schon beim
ersten Festival konnte ich mich auch diesmal nicht für die
Weltmusikalischen Ergüsse der polnischen Band
erwärmen und so ging ich lieber zu Faun zum Soundcheck hoch.
Nachdem
Faun im letzten Jahr noch keinen Headliner-Status hatten,
durften sie diesmal als letzte Band des Wochenendes das zweite
Festival Mediaval beschließen und prompt und völlig
ärgerlich setzte
beim
Soundcheck starker Regen ein, was das kalte Wetter noch
zusätzlich unerträglich machte. Wie sagte Oliver beim
Soundcheck so
schön:" wir sind die Band bei der es nicht regnet", und
tatsächlich hörte
der
Regen zu Beginn des Konzertes auch tatsächlich erst einmal auf.
Allerdings nur eine Zeit lang , danach hatte es sich der Wettergott doch
wieder anders überlegt, was aber der guten Stimmung im Publikum
keinen Abbruch tat.Zwar hatte das Wetter den einen oder anderen
Festivalbesucher zuvor aufgeben lassen, trotzdem war das Faun-Konzert
noch
sehr gut besucht.
Faun
hatte scheinbar im letzten Jahr den Sonntags-Auftritt von Omnia
gesehen. War damals das Licht für Fotos
äußerst schwierig, so kopierte
Faun
dies in diesem Jahr 1:1. Es war wirklich nicht einfach bei diesem
Licht
halbwegs vernünftige Fotos zu schießen und der wieder
einsetzende Regen tat ein übriges dazu. Ich hab Faun ja
inzwschen
schon
öfters gesehen, es bleibt aber sehr positiv festzustellen.
dass sich
die
Band sehr positiv weiter entwickelt hat. Dies mag sicher auch an der
Bambergerin in der Band, Sandra Elflein liegen, die sowohl stimmlich,
als
auch musikalisch eine echte Bereicherung darstellt. Und das
heißt
schon
was, wenn man eine tolle Sängerin wie Elisabeth
Pawelke
ersetzen
muss. Das hat sie locker geschafft, ich würde Sandra auch nicht
als
Ersatz, sondern als rießigen Gewinn und musikalisch und
stimmliche
Bereicherung für Faun sehen. Für mich war das der
bisher beste Auftritt
der
Band, den ich bisher gesehen habe. Ein perfekter Abschluß
eines
erneut herausragend schönen Festivals mit einer extrem
sympathischen
Deutschen Band. Bleibt nur zu hoffen, daß die Macher nicht
wieder
massiv draufzahlen müssen , damit auch im nächsten
Jahr das dritte
Festival Mediaval über die Bühne geht. Stark machen
sollte sich dafür
auch
die Stadt Selb. Denn es ist ein toller Werbeträger
für die Region und für
mich
das Highlight des Jahres was Veranstaltungen in Selb und
Umgebung anbelangt. Nur viele Selber haben dies bis heute immer noch
nicht
begriffen und stänkern mehr an Eintrittspreisen herum , die
für das,
was
an Bands und Drumherum geboten wird, wirklich sehr akzeptabel
sind.
Denn
das Festival Mediaval ist trotz Bogenturnier, verschiedenster
Workshops (wie z.B. Drehleierbau,
Digeridoospielen,Löffelschnitzen,
Handleserei, Tanz und Mittelalterlicher Gesang übrigens mit der
Qntal-Sängerin), Theater , Handwerker-Kunst und Gastromarkt und
Kleinkunst in erster Linie einfach ein Musikfestival. Und so
möchte ich
meinen Bericht 2009 mit einigen Foto-Impressionen 2009
schließen.
Zuvor
aber noch ein Besuch
auf der Theaterbühne mit Bildern von
Remember Twilight
Remember Twilight sind eine Kammermusik-Core Band, wie man auf
der Homepage der Band nachlesen kann. Sie verstehen darunter
moderne Rockmusik unter Verwendung von Violine, Oboe und Englisch
Horn. Damit hat man nicht nur einen eigenen Sound geschaffen, sondern
ist in Selb auch mit einem Sound am Start der sich wohltuend abhebt.
Kein schlechter Auftritt von Remember Twilight.
Vermaledeyt
Welch ein
Auftritt der Band , die 2004 als Societas Morbis an den Start
ging. Als Karl der Kessler die Band 2007 verließ, benannte
man sich in
Vermaledyt um. Eine gute Entscheidung, denn schon der Bandname
bleibt gut in Erinnerung. "Der Wahnsinns fette Beute" die erste CD
erschien 2008 und in Selb fand sie nach dem Konzert geradezu
reissenden Absatz. Ein klarer Beweis , wie gut die Band, die eine
klassische Mittelalterband mit Trommel und Dudelsacksound ist, beim
Publikum ankam. Nach einigen Songs war der Platz um
die Theater-
bühne mehr als gut gefüllt, es war sogar mehr los ,
als bei den
gleichzeitig spielenden Elster Silberflug auf der Hauptbühne.
Ein
Verdienst des fetzigen Mittelaltersounds. Vermaledyt , die als Vorband
von Saltatio Mortis bereits gefeiert wurden, hinterliesen auch in Selb
einen nachhaltigen und sehr professionellen Eindruck.Dies gilt
übrigens auch für den sehr gelungenen
Homepageauftritt der Band.
Umso unerklärlicher ist, wieso die Band nicht den Goldenen
Zwerg
gewann? Es hätte nur einen Sieger geben dürfen, dieso
tolle
Spielmannstruppe, von der man in Zukunft sicher noch viel
hören wird.
Vroudenspiel
Vroudenspiel sind eine noch recht neue Band, die im letzten Jahr
völlig
verdient den Goldenen Zwerg im Rahmen des Wettbewerbs
"Festival-Mediaval-Award-Spielleute" gewonnen hat. Deshalb durften sie
auch in diesem Jahr beim Festival wieder auftreten, zum Glück
muss
man sagen. Denn im Vergleich zum sehr gelungenen Auftritt des letzten
Jahres sieht man innerhalb der Band eine klare positive Weiter-
entwicklung. Die 5 Piraten und die bildhübsche Piratenbraut
Phyra
sorgten auch diesmal mit ihrer rockigen Freibeutermucke so richtig
für
Stimmung. Ganz viel davon ist gut tanzbar, aber auch die ruhigen
Klänge
beherrschen sie. Wie gut die Entwicklung der Band voranschreitet sieht
man auch daran, dass sie eine der Bands des
Schloßhoffestivals 2010
sein werden, eines der renomierten Mittelalterfestivals in Bayern. Die
Band wird vor allem auch deshalb ihren Weg gehen, weil sie es
geschafft haben, einen eigene Stil zu finden. Hut ab! Hier noch einige
Impressionen:
Weiter gehts mit Bildern vom Festival:Menschen, Tiere, Sensationen