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Tanita Tikaram 2013
    Manches Vergnügen besteht darin, dass man mit Vergnügen darauf verzichtet.
                                                                           Peter Rosegger


Helmbrechts, Bürgersaal 04.10.2013



So richtig perfekt ist ein Konzertabend , wenn neben dem Hauptakt auch das Vorprogramm so richtig überraschen und überzeugen kann. Mit Stephanie Neigel hat Tanita Tikaram eine solche Überraschung als Support mit nach Helmbrechts gebracht. Die Frau mit dem klangvollen Nachnamen Neigel ( Jule Neigel ist übrigens die Tante) ist eine im Jahre 1986 in Worms geborene Sängerin, die mit Introducing Stephanie Neigel gerade ihre erste CD herausgebracht hat. Normalerweise ist sie mit Band unterwegs , in Helmbrechts gab es die kleine Besetzung zu hören mit Gitarristen Nils Becker und stimmlicher Verstärkung durch eine Loop Station. Die singt sie während des Auftritts ein, was für den einen oder anderen etwas skuril klingen mag, was aber zu wirklich sehr brauchbaren Klangbildern führt. Wie auch die Mundtrompete die sie als Ersatz für eine echte bei einem Stück benützt. Mutig aber gekonnt, so kann man den ganzen Auftritt umschreiben. Das geht schon damit los, dass Stephanie Neigel die Bühne betritt und das Publikum gleich zum mitsingen zu animieren versucht. So etwas hab ich noch nie erlebt, ohne selbst einen Ton gesungen zu haben, den Chor einzufordern kann auch mächtig in die Hose gehen. In Helmbrechts ging es zwar auch recht schleppend doch schon nach wenigen Minuten hatte sie die Herzen des Publikums erreicht. Und das mit einer poppig , jazzig , soulig, bluesigen Mischung ruhiger und melancholischer, dann wieder dynamisch fröhlicher Songs.
Man merkt der in Mannheim an der Hochschule für Musik und Darstellenden Kunst Gesang studierenden Musikerin und ihrem Partner an, dass sie viel Spaß daran haben sich in Helmbrechts vor einem einmal mehr sehr aufmerksamen Publikum zu präsentieren. Und von dem gibt es kräftigen Applaus, besonders als Stephanie Neigel am Flügel Rainbow den schönsten Song des viel zu kurzen Sets mit 5 Songs vorstellte. Dank gleicher Plattenfirma hat Stephanie Neigel die Chance bekommen als Tikaram-Support Werbung in eigener Sache zu machen, das hat sie ganz hervorragend genützt. Eine junge hoch talentierte Deutsche Musikerin, die sicher noch für viel schöne Musik sorgen wird. Und hoffentlich mit mehr Pop und weniger Jazz in den Songs.
Und das nicht nur mit Band, als Teil des weiblichen A-Capella-Band Les Brünettes kann man Stephanie Neigel ebenfalls auf der Bühne sehen. Und Stephanie Neigel lohnt sich, das sollte sich auch mal die Tante Jule gönnen, die in der eigenen Familie mächtig Konkurrenz bekommt.

Tanita Tikaram als One Hit Wonder zu bezeichnen ist definitiv falsch, auch wenn der Übersong der im Jahre 1969 geborenen Musikerin Twist in my Sobriety ein absoluter Welthit geworden ist und ihr erstes Album dadurch über 4 Mio mal verkauft wurde und das mit 19. Alle anderen Alben hatten nicht annähernd diesen Erfolg und dann heißt es ja immer sehr schnell One Hit Wonder. Den Gegenbeweis trat die Tochter eines von den Fidschi-Inseln stammenden Vaters und einer in Malaysia geborenen Mutter in Helmbrechts eindrucksvoll selbst an. Bereits die beiden ersten Songs des Abends Good Tradition und World outside your window sind ähnlich schön und sorgen gleich zu Beginn Dank Tikarams tiefem Timbre für eine musikalische Reise in die Vergangenheit. Doch in der ist Tikaram nicht stehen geblieben, ganz im Gegenteil das 7 Jahre nach dem letzten Album 2012 erschienene Werk mit dem fast trotzigen Titel Can`t go back zeigt, dass Tanita Tikaram nicht gewillt ist die Vergangenheit zu verwalten, sondern musikalisch auch in Zukunft Ausrufezeichen zu setzen. In Helmbrechts geschieht dies mit einer perfekt harmonierenden Band und mit Gitarren, Kontrabass, Schlagzeug, Flügel, Klarinette, Querflöte und vor allem Saxophon.
Man möchte am liebsten aufspringen und laut Jack Blues is alive rufen, wenn man den kleinen Saxophonisten Martin Winning an diesem Abend erlebt. Locker könnte er bei den Blues Brothers mitspielen , er ist das absolute Highlight des Abends und untersützt Tanita Tikaram musikalisch wirklich grandios. Und die kann nicht nur schwermütig traurige Songs schreiben, he likes the sun ist ein Beispiel für eine fröhlich groovende Tanita Tikaram, die vor allem die Lieder des neuen Albums dem begeisterten Publikum präsentiert. Meist mit Unterstützung der Band und sich selbst an der Gitarre begleitend, aber auch schon mal musikalisch ziemlich reduziert am Flügel sitzend bei z.B. Make the day oder mal im Duett mit Gitarrist Bryan Day bei One Day.
Die für mich stärksten Momente hatte das Konzert bei den ganz sparsam instrumentierten Chathedral Song und ganz zum Schluss als Tanita Tikaram alleine auf der Bühne Little Sister Leaving Town zum besten gab leider mit entsprechend lästigem Vibrationsgeräusch, wenn sie stimmlich richtig Gas gab. Dass liegt sicher auch daran , dass ich nicht so ein ganz großer Fan bin, wenn die Band zu sehr nach Bar-Jazz, 50`s Swing und Blues klingt.
Und dass Tanita Tikaram selbst aus einem ausgelutschten Welthit wie "Love is in the Air" von John-Paul Young Dank Stimme mit hohem Wiedererkennungswert noch etwas positives herausholen kann, durfte das zum Schluss fast geschlossen stehend applaudierende Publikum im Zugabeblock erleben. Und die wollten die über soviel Zuneigung sichtlich gerührte Sängerin am liebsten gar nicht mehr gehen lassen. Und so fiel die anschließende Autogrammstunde auch etwas länger aus und ihre neuste CD Can`t go back ging weg wie die sprichwörtlich warmen Semmeln.


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