Bericht
Es
wächst und wächst, das Tanzt! Festival. Nach der Premiere in Rosenheim
und den folgenden 5 Ausgaben in Kufstein, ging es 2012 nach München
ins Backstage. Mit der Ausgabe Nummer 7 im Jahr 2013 ist man nun
erstmals im größten Saal, dem Werk, gelandet, eine perfekte Location
für dieses absolut besuchenswerte Festival. Und genauso wie die
Location immer größer wurde ist auch der Besucherzuspruch immer mehr
gewachsen. Deshalb gleich vorweg eine Warnung für 2014. Mit der Letzten
Instanz hat man im nächsten Jahr einen Headliner verpflichten können,
der kurz zuvor seine neue CD herausbringt und die wird bestimmt, wie
alles von der Instanz, höchst hörenswert sein. Mit Nachtgeschrei ist
eine zweite Band im Line-Up schon bestätigt, die ebenfalls viel Qualiät
verspricht. Und auch die Piratenmeute von Vroudenspil, Haus und Hofband
des Festivals ist dabei. Man sollte sich also frühzeitig um Karten
bemühen, nicht dass es überraschend früh heißt: Alles ausverkauft. So
wie 2012.
Aber
zurück zu 2013. Auch diesmal war es sehr gut besucht, umso
erfreulicher, wenn man sieht dass an diesem Samstag in München mit
Unzucht, Vlad in Tears, Eisregen, Schwarzer Engel und Stahlzeit eine
ganze Reihe weiterer Konzerte für eine ähnliche Zielgruppe wie das
Tanzt! stattfanden.
Los ging es mit Vermaledyt, die eigentlich als zweites geplant und dort auch wesentlich besser aufgehoben gewesen wären. Nachdem es beim Soundcheck aber diverse Diskussionen gab, machte Vermaledyt den Auftakt und wirkte nicht gerade höchst motiviert, das Publikum mitzureißen. Vielleicht auch deshalb, weil es Vermaledyt 2014 leider nicht mehr geben wird. Denn nach 10 Jahren haben die Musiker beschlossen getrennte Wege zu gehen. Das ist doch ziemlich überraschend, da man sich einen immer größeren Fankreis erspielen konnte und sehr schade, denn der Mittelalterfolk der Band macht wirklich Spaß und auch die Setlist an diesem Tag hat mit Songs wie das bekannte „Totus Floreo“ so einiges sehr hörenswertes zu bieten. Besonders unglücklich war jedoch der Abgang der Band an diesem Tag,
als man sich mehr oder weniger darüber beschwerte, dass der „große
Meister“ keine Zugabe zuließ. Etwas, was bei einem Festival eigentlich
ein Unding ist. Bei 7 Bands, die alle an diesem Abend beim Publikum
ihre Visitenkarte abgeben wollten, ist ein relativ starrer Zeitplan
extrem wichtig. Und es gibt nichts schlimmeres, als wenn man von Anfang
an dem Zeitplan vergeblich hinterher rennt und der Headliner es dann
büßen muss. Auch wenn viele im Publikum von Vermaledyt gerne noch mehr gehört hätten.
Die
zweite Band des Tages spielte nach mehreren MPS Auftritten 2013
erstmals im "Ausland München", wie sie so schön in der Begrüßung dem
Publikum mitteilten. Einige Münchner hatten die Band aber bereits
2012 beim Mittelaltermarkt erlebt, jedoch in anderer Besetzung,
da sich in letzter Zeit auch bei Un(d)schuldig
das Besetzungskarussell kräftig gedreht hat. Und so wirkte man
nicht wirklich eingespielt und auch etwas nervös.
Das
Programm besteht aus Eigenkompositionen und traditionellen Stücken. Auf
der Flucht heißt die erste CD der Darmstädter Band und fliehen musste
wirklich niemand bei dem ziemlich kurzen Set der Band. Schon gleich
nicht die Männer, hatte man mit Raja nicht nur den kürzesten Rock des
Festivals, sondern auch einen echten Hingucker zu bieten. Nicht nur der Band machte der Auftritt sichtbar Spaß, auch das Publikum hatte seine Freude an Un(d)schuldig, auch wenn nach Vermaledyt die Stimmung doch etwas nachlies.
Die
nächste Band des Abends, Dalriada, hat fast Superstarstatus,
allerdings nicht in Deutschland, sondern dem Heimatland der Gruppe,
Ungarn. Warum dies so ist, konnten die Tanzt! Besucher nach dem
beeindruckenden Auftritt der Ungarn gut einschätzen. Im Jahre 2003
gegründet, hat man sich zum Ziel gesetzt die ungarische Folklore mit
Metal Musik zu einem hörenswerten Ganzen zu verbinden. Die Musik hat
sich im Laufe der inzwischen sechs erschienenen Alben immer mehr in
Richtung Epic Folk Metal verschoben und alle 6 Alben erreichten
Top-Platzierungen in den ungarischen Charts. Warum Dalriada in
Deutschland noch verhältnismäßig unbekannt sind, liegt sicher
auch daran, dass alle Songs in der Landessprache gesungen werden. Ein
Kleinkönigreich keltischer Skoten, dass an die Pikten angrenzte (ja
genau die aus dem neuen Asterix-Band) trug den Namen Dalriada und
wirklich Königliches bot die gleichnamige Band mit ihrer Sängerin auf.
Die kleine Laura Binder, seit 2001 Sängerin der Band wirbelte mit ihrer
langen blonden Mähne über die Bühne dass es eine helle Freude war.
Schlecht geschätzte 150 cm Energie pur. Ihr als Sänger zur Seite steht
Andras Ficzek, der die männlichen Gesangsparts übernimmt. Mit 6 weiteren Musikern hat man eine große Besetzung aufgefahren,
die das Backstage zum Rocken und die junge Dame mit der ungarischen
Flagge im Zuschauerraum schier zum ausflippen brachte. Eigentlich
schade, dass man sich 2013 beim Ungarischen Vorentscheid zum Grand Prix
Eurovision de la Chanson nicht durchsetzen konnte. Die harten
Metal-Klänge hätten der angestaubten Veranstaltung sicher gut getan.
Aber Epic Folk Metal ist halt nicht jedermanns Geschmack , auch wenn er
so energiegeladen und gekonnt wie bei Dalriada dargeboten wurde. Dies
gilt natürlich auch für das Tanzt!-Publikum, nicht bei jedem stieß
Dalriada auf totale Begeisterung.
Mit
Vogelfrey, der Folk Rock/Metal Band aus Hamburg-Bergedorf wurde
es in der Folge nur unwesentlich folkiger. Auch bei Vogelfrey dominiert
in der Musik ganz klar der Metal-Einfluss. Aber trotzdem schafft es vor
allem die Cellistin Johanna und Geiger Alex, dass es auch mal sanft,
ja fast mystisch zugeht. So langsam wie die Karriere losging, (von der
Gründung 2003 bis zum ersten Plattenvertrag 2010 vergingen 7 Jahre) so
dynamisch ging es in den letzten 2 Jahren mit Auftritten beim
Feuertanz, beim Burgfolk und in Wacken karrieretechnisch voran. Neben
furiosen Live-Auftritten war vor allem die 2012 erschienene CD Zwölf
Schritte zum Strick der Erfolgskatalysator für Vogelfrey. Und mit
solchen Auftritten wie beim Tanzt! kann man sicher sein, dass
Leadsänger Jannik Schmidt und seine Band noch für viel Furore in der
Szene sorgen werden (auch, weil man mit Hilfe zum Beispiel von Kunstblut nicht nur Musik, sondern auch fürs Auge einiges zu bieten hat).
Das
gilt auch für Troll Bends Fir, bereits 2012 ein gerngesehener Gast beim
Tanzt!. Größter Unterschied zum Auftritt 2012 war sicher die wesentlich agiler wirkende Irish Whistle spielende Sängerin und Flötistin Maria „Jetra“ Leonova, die nach ihrer Schwangerschaft im Jahr zuvor nun
wieder so richtig Gas geben konnte. Sie und Obertroll Konstantin
Rumyantsev geben den Beer Folk die Stimme und tragen die Show der in
Jute-Säcken gekleideten Band aus St.Petersburg. So stellt man sich
Trolle vor, die auch beim Tanzt! mit rießigem
Bierkrug ihr ganz persönliches Oktoberfest feierten, sehr zur Freude
des Publikums die auch am zweiten Auftritt der spielfreudigen Band ihre
helle Freude hatten und versuchten sogar mitzusingen, was bei den
russischen Texten gar nicht so leicht ist.
Leider
litten besonders Troll Bends Fir unter der katastrophalen Lichttechnik
an diesem Abend. So war das Gesicht von Maria kaum zu sehen und das lag
nicht nur an der Judekapuze, die sie zeitweise aufhatte. So entging
einem auch dieser faszinierende, fast wahnsinnig wirkende Blick der
Musikerin. Ich kann mich an kein Konzert oder Festival zurückerinnern,
bei der die Ausleuchtung so enttäuschend war, wie an diesem Abend. Und wer gedacht hatte, dass sich dies beim Headliner ändern würde, wurde schnell eines Besseren belehrt.
Wenn
man bei Shows wie Tarja oder Eisbrecher sieht, wie viel Lichttechnik
bei einem Live-Event an Faszination ausmacht, dann ist es umso
bedauerlicher, dass man sich hier so wenig Mühe gab. 2014 wird es aber
sicher besser, die Letzte Instanz, eine Band, deren Show sich immer
durch ein tolles Licht auszeichnet, wird beweisen, dass es auch im
Backstage anders geht.
Gute
alte Bekannte enterten danach die Bühne und brachten mit
ihren
Piraten-Rock eine extrem wohltuende Abwechslung zu den harten
Metal-Klängen der Bands zuvor. Etwas Ska, etwas Rock, etwas Folk
und mittelalterliche Klänge und fertig ist ein dermaßen
hörenswertes
Gemisch, das Jahr für Jahr beim Tanzt! für beste Stimmung
sorgt. Und so
trifft die Äußerung eines Besuchers aus dem Publikum auf die
Frage von
Cheforganisator Michael Sackermann, warum Vroudenspil Jahr für
Jahr
dabei sind, voll ins schwarze. „Weil sie geil sind“ (sicher in erster Linie auf
das musikalische bezogen) war die Antwort, allerdings ist dies nicht
der einzige Grund wie man von Sackermann dann erfahren konnte. Als
Namensgeber des Tanzt! hat man das Festival für immer geprägt,
musikalisch tut man dies Jahr für Jahr mit furiosen Auftritten, die
von der ersten bis zur letzten Minute gewaltig Spaß machen
zusätzlich. Auch in diesem Jahr, ein Auftritt
der trotzdem auch Anlass bot die eine oder andere Träne zu verdrücken.
Denn mit 4-Finger-Jane am Bass verlässt eine der beiden Frauen in der
Band, die schillernde Münchner Truppe. Und so wurde sie beim
Abschiedskonzert noch einmal gebührend gefeiert und man wünscht der
bildhübchen Phyra einen weiblichen Ersatz, denn sich ganz allein gegen
das ganze Mannsvolk durchzusetzen ist auch für eine nicht auf den Mund
gefallene Phyra sicher kein leichtes Unterfangen.
Ein
Sonderlob beim Auftritt von Vroudenspil verdiente sich einmal mehr der
Seewolf am Akkordeon, der sich auch stimmlich und showtechnisch toll
einbringt.
Nur eine einzige Mieze auf der Bühne, dafür aber der Tod mit Sense als zweiter Hingucker ganz nach der Devise „Der Tod fährt mit“ boten Feuerschwanz an diesem Abend auf. Leider muss ich sagen, ich habe die zweite Mieze wirklich vermisst, die stattdessen am Merchandise den CD-Verkauf ankurbelte. Trotz aller Abwechslung selbst der Tod verträgt locker 2 Miezen.
Ansonsten
gab es eine gewohnt unterhaltsame Feuerschwanz-Show die mit
Metverkostung und einer Fee aus dem Publikum für Kurzweil sorgte. Die größte Stärke der Band ist die Interaktion mit dem Publikum und auch am Samstag wurde der Auftritt dadurch zur Mitmach- und Mitfeier-Mittelalterparty schlechthin.
Hauptmann
Feuerschwanz und seine Bande nützte auch gleich die Gelegenheit auf das
anstehende 10 Jährige Band-Jubiläum 2014 hinzuweisen, und wer die
Erlangener Mittelalter-Partyband etwas kennt, der weiß dass das sicher
ein Highlight in der Bandgeschichte werden wird.
Neben
den ganzen Bands im großen Saal hat man auch im Nebenraum des Werks mit
Fatzwerk und den Real Motherfolkers noch 2 Bands verpflichtet, die in
den Umbaupausen im Wechsel das Publikum unterhalten sollten. Leider
klappte das nicht so wie gedacht. So erwies es sich schon einmal als
unmöglich, den Zeitplan einzuhalten, denn auf der großen Bühne kam es
immer wieder zu umbaubedingten Abweichungen. Hinzu kam, dass der Raum
extrem klein ist und zusätzlich fast kein Licht vorhanden war, man also
die Bands kaum sehen, geschweige denn fotografieren konnte. Eine
gutgemeinte Idee, die aus baulichen und zeittechnischen Gründen im
nächsten Jahr sicher so nicht wieder aufgegriffen wird. An den beiden
Bands lag es sicher nicht, die gaben sich größte Mühe das beste aus der
unbefriedigenden Situation zu machen.
Fazit:
Keine Frage auch das Tanzt 2013 war wieder einen Besuch wert, das Werk
im Backstage ist die ideale Location für diese Veranstaltung, wenn ….. Wenn, ja wenn man es schafft die ganze Veranstaltung auch so auszuleuchten, wie es die Bands verdient hätten.
Auch die erstmals durchgeführten Autogrammstunden der Bands kamen
großartig an und sollten unbedingt beibehalten werden.
Tanzt! 2014-Karten als Geschenk sind somit sicher nicht nur für Fans der Letzten Instanz eine tolle Idee und bei dem bisher bestätigten Line-Up ist auch der Besuch 2014 für Fans dieser Art Musik ein Muss.
Die Bildergalerien 2013 mit