Bardentreffen
mit Bildern von
Noa und
Pippo Pollina
Ebo Taylor
Oh Lonesome Me
Nick and June
Nomfusi
April Verch
Habib Koite
A Kiss from Wendy
We Guess
Samantha Stollenwerck
Desiree Klauekens
Dota and Band
Carolin No
El Mago Masin
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Nürnberg, Innenstadt 01-03.08.2014
Die Macher des 39. Bardentreffens hätten bei Ihrer
Planung sicher nicht im Traum daran gedacht, dass das Motto Krieg und
Frieden so dramatisch aktuell werden würde. Eigentlich wollte man
sich mit dem Beginn des ersten Weltkriegs vor 100 Jahren
auseinandersetzen, doch die Aktualität und die Krisengebiete Irak
, Syrien, Libanon, Israel, Ukraine, Mali usw. machen das Thema
aktueller denn je.
Noa
Und es schnürt einen schon etwas den Hals zu als Noa, Star des
Tages auf dem Hauptmarkt und eine der bekanntesten israelischen
Sängerinnen das Konzert mit ganz persönlichen Worten beginnt.
„Wir erleiden eine Tragödie , unsere Nachbarn eine noch
größere und ich frage mich, wie das möglich sein kann.
Aber wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren“ beginnt sie
ihr Konzert, aber so richtig hoffnungsvoll wirkt sie dabei nicht. Und
sie erinnert daran, dass just auf jenem Platz, wo sie heute spielt
einmal ein Auftritt einer israelischen Sängerin undenkbar war.
„But now we are here“, sagt sie und man merkt ihr an, dass
sie dies alles tief bewegt. Und dann steht man traurig im Publikum und
lauscht Achinoam Nini, wie Noa mit Geburtsnamen heißt und hofft,
dass die große Kämpferin für Frieden und Gerechtigkeit
auf der Welt in ihrer Heimat mit ihren Liedern mehr erreicht, als all
die (unfähigen) Politiker und Mächtigen dieser Welt, die
dabei sind, eben jene zu Grunde zu richten. „There must be
another way“, ein Lied mit dem sie zusammen mit der
palästinensischen Christin Mira Awad für den Grand Prix
Eurovision aufnahm und der Textpassagen in Englisch, Hebräisch und
Arabisch enthält fordert nur eins, Respekt gegenüber anderen
Menschen. Etwas, was vielen heute leider fehlt oder immer mehr abhanden
kommt. Und dabei könnte das Leben so schön sein, so
friedlich, voller Musik und Freude, jeder der das Bardentreffen 2014
besucht hat, konnte dies spüren.
Pippo Pollina
Zuvor hat bereits Pippo Pollina auf dem Hauptmarkt mit
seinen Balladen und Protestsongs einen starken Eindruck hinterlassen.
Der kleine Italiener war sich danach auch nicht zu schade sich unter
die 20000 Besucher zu mischen und seine CDs zu signieren und mit den
Besuchern zu plaudern. Der engagiere Sizilianer der nun seit 30 Jahren
musizierend die Welt bereist ist bis heute nicht müde geworden
gegen Machtmissbrauch, Korruption und Gewalt anzusingen und dies mit
musikalischer Kreativität, einer gefühlvoll und gleichzeitig
kraftvollen Stimme, vielen hörenswerten Songs und einer tollen
Band.
Allen voran das mit dem großartigen Konstantin Wecker
geschriebene Questa Nuova Realta. Und der Anfang des Songtextes
„was für eine Nacht, so warm und geduldig, setzt euch
näher zu uns her, schenk noch einmal ein. Heute spricht mal keiner
den anderen schuldig, heute läßt mal jeder den anderen
anders sein“ könnte auch in einem Werbefilm für das 39.
Bardentreffen Verwendung finden. Denn das Nürnberger
Bardentreffen, das größte Weltmusikfestival kostenlos unter
freiem Himmel vereinte 2014 unter großem Publikumszuspruch an
allen 3 Tagen 368 Künstler aus 31 Ländern. Nicht mitgerechnet
die ganz vielen Straßenkünstler, die in Gassen, Einfahrten
und Ecken stehend, erst den Reiz dieser großartigen
Musikveranstaltung ausmachen , immer streng beäugt von den Herren
und Damen des Ordnungsamtes, die leider auch diesmal den einen oder
anderen Musiker das Spielen verweigerten und auf die Einhaltung des
Deutschen Rechts und der Bürokratie pochten.
Oh Lonesome Me
Es sind am Freitag aber nicht nur die großen und bekannten Namen
die begeistern, meine persönlichen Highlights des Wochenendes
fanden weitab der großen Bühne am Hauptmarkt statt. So wie
Oh Lonseome Me , das musikalische Projekt von Carina Schwertner und
Anne Stabe, die , obwohl 500 km getrennt in Nürnberg und Berlin
lebend nun seit Anfang 2013 zusammen Musik machen. Und wie! Ihr
authentischer Akkustik Singer Songwriterpop macht richtig Spaß
und erzählt Geschichten, die das Leben schrieb. Allein für
diese beiden auf der Bühne über beide Ohren strahlenden
hübschen jungen Damen lohnte sich der Besuch des Bardentreffens
und ich war mir sicher, das absolute Highlight des Freitags erlebt zu
haben.
Nick and June
Bis ich um 22.00 Uhr auf der Straßenmusikerbühne Nick and
June spielen hörte, die mich völlig sprachlos machten.
Spätestens nach 2 Liedern ist man dem wunderschönen,
zauberhaften, träumerischen Folkpop der beiden hoffnungslos und
gnandenlos verfallen. Ob die zwei ein Paar sind, darüber schweigen
sie sich bis heute aus, ein musikalisches Traumpaar sind sie allemal.
Und mit dem Produzenten von Philipp Poisel (das ist der, der die
schönsten und gefühlvollsten Deutschen Popsongs
schreibt) hat man wohl auch den richtigen Produzenten an der
Hand, der die Fülle großartiger Songs musikalisch veredeln
kann. Und so findet auch die erste CD der beiden reißenden Absatz
im Publikum und Flavor und Sin ist auch wirklich klasse geworden. Aber
live sind Nick Wolf und June Kalass ein ganz besonderes Erlebnis und
noch um ein vielfaches beeindruckender. Weil Junes Stimme da noch mehr
zur Geltung kommt und man neben der wunderschönen Musik und den
tollen Stimmen die so unglaublich gut harmonieren auch den Charme der
beiden sehr schnell hoffnungslos erliegt. Ähnlich erging es mir
bei Stephanie Kloß und ihrer Band Silbermond, als ich sie zum
ersten Mal live hörte und sie kaum jemand kannte. Damals war ich
mir 100% sicher, dass Silbermond eine riesige Karriere vor sich haben,
das bin ich mir bei den beiden, vorausgesetzt sie heben nicht ab, auch
und zwar sowas von sicher. Die 2 sind ganz ganz groß, das ist
Urlaubsfeeling für Augen und Ohren und es macht unbeschreiblich
viel Spaß den beiden zuzuhören und beim musizieren
zuzuschauen.
El Mago Masin
Dass es ausgerechnet am
Tag drauf auf der gleichen Bühne erneut das Highlight des
Tages zu erleben gab hätte ich mir auch nicht träumen
lassen. Aber ähnlich wie Nick and June ist auch El Mago Massin in
seiner Art einmalig und einmalig gut. Der 1980 in Roth geborene und
bürgerlich Wolfgang Masin heißende Musiker ist irre witzig ,
manchmal schon fast wahnwitzig. Und er hat ein unglaubliches
Gespür für Situationskomik und Spontanität könnte
sein zweiter Vorname sein. Und so kalauert, blödelt und quatscht
sich Wolfgang El Mago Spontanität Masin durch sein Programm, immer
das Publikum im Blick und es entwickelt sich eine Mitmach-Interaktion
des zahlreich erschienenen, begeisterungsfähigen Publikums, die
das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekamen. Kein Wunder bei
Liedern wie Duschgel, der Schweini (Schweinsteiger Kultsong),
Kirschkernkopfkissen, und Hepatitis ABC. Und dann gibt es noch den
Bratworschtmo, der Massin aus dem Publikum gefischt, so glorreich bei
einem Song unterstützte. Und als er seinen
„Adoptiveltern“ im Publikum einen Song widmete, die so gar
nicht wußten wie ihnen geschah, hätten sicher viele den
„Rastafranken“ gerne gleich mit nach Hause genommen.
Der Nürnberger ist Liedermacher, Kabarettist und
Wortakrobat, Gitarrist, Alleinunterhalter (im positiven Sinne) und
Querdenker in einer Person und wurde völlig zurecht begeistert
gefeiert für seinen denkwürdigen einstündigen Auftritt
auf der Straßenmusikerbühne. Und nicht nur da, auch an
anderer Stelle erfreute er beim Bardentreffen das Publikum, nicht zum
ersten Mal in diesem Jahr. Und es wird wirklich Zeit ihn für 1
Stunde einmal die größte Bühne am Hauptmarkt zur
Verfügung zu stellen, nicht auszudenken wenn 20.000 Kehlen
lautstark Hepatitis ABC singen. Und das wird passieren. Es müssen
nicht immer die großen (Welt-) Stars sein, die Nürnberger
Musikszene hat einige tolle Musiker zu bieten die eine große
Bühne verdienen so wie Nick and June und El Mago Massin beim 39.
Bardentreffen in diesem Jahr und hoffentlich auch im nächsten.
Desiree Klaeukens
Einen wirklich starken
Eindruck hat auch die 28- jährige Singer Songwriterin Desiree
Klaeukens am Sebalder Platz hinterlassen. Wer zu Depressionen neigt
sollte sich die junge Dame allerdings nicht antun. Die sehr ruhigen
ziemlich minimalistischen Songs der Duisburgerin, die inzwischen in
Berlin lebt und den Job als KFZ Mechatronikerin an den Nagel
gehängt hat, strotzen nicht gerade vor Fröhlichkeit. Und da
passt auch das Erscheinungsbild der Sängerin dazu . Zum Glück
muss man schon fast sagen hatte man mit diversen Tonproblemen zu
kämpfen, was der hübschen Sängerin des öfteren ein
süßes Lachen ins Gesicht zauberte. Sie kann also auch lachen
und sogar richtig herzhaft, auch wenn die Songs das so gar nicht
vermuten lassen.
Klauekens ist eigen mit ihrer völlig relaxten neuen
Einfachheit, die sie in den Songs präsentiert, aber trotzdem
spannend und definitiv einen Konzertbesuch wert.
Carolin No
Das kann man auch von Carolin No behaupten , die im Kultur
Garten gut beschützt vor Wind und Regen ihren Auftritt abhalten
könnte, während am Hauptmarkt nach einem gewaltigen
Regenschauer mit heftigen Windstößen noch Land unter
herrschte. Und wer braucht schon Sonne, wenn eine bildhübsche
blonde Carolin No mit strahlenden Lächeln auf der Bühne steht
und sich sichtbar freut, dass ihr das Publikum trotz Regen erhalten
bleibt. Seit 1999 macht sie nun mit Partner Andreas Obieglo Musik und
2007 erschien das Pop-Debüt der beiden. Daraus sind bis heute 3
Alben geworden und seit ihrem ersten Auftritt beim Bardentreffen 2010
hat man bis heute nochmals sichtbar an Routine und musikalischer
Qualität gewonnen. Carolin Nos Musik ist teilweise ebenfalls
ziemlich minimalistisch mit elektronischen Spielereinen und Beats
unterlegt aber trotzdem sehr abwechslungsreich, auch weil man sich
nicht vor satten Arrangements und Bombast scheut. Man darf
gespannt sein was von Carlon No in nächster Zeit noch zu
hören ist und bei dem strahlenden Anlachen geht einem Fotografen
echt das Herz auf, ein ganz lieber und spezieller Dank dafür.
A Kiss from Wendy
Eine ganze Reihe junger sehr hörenswerter Bands konnte
man am Samtag am Lorenzer Platz erleben. Das ging los mit A Kiss from
Wendy die mit Keyboard und 2 Gitarren schöne (akustische )
Folk-Indie-Musik machen. Wenn eine 18 Dollar Wal-Mart Gitarre jedesmal
der Grundstock solch hörenswerter Musik ist, dann sollte man den
Musikalischen Nachwuchs ganz schnell damit versorgen.
We Guess
Voll überzeugend fand ich auch den Auftritt von We
Guess die mit einem groovigen Indie Rock und einer sehr charismatischen
Laura Szep mit 2 großen Katzentattoos auf den Beinen neugierig
auf mehr Musik von der jungen Band machten.
Samantha Stollenwerck
Und danach kamen bei Samantha Stollenwerck, einer in Deutschland
lebenden Amerikanerin auch die Freunde des American Country zu ihrem
Recht , ist der Singer-Songwriterpop der Kalifornierin doch durchaus
Newcountry lastig.
Nomfusi
Als echtes Stimmwunder auf dem Hauptmarkt erwies sich die
kleine völlig zurecht im (wieder sehr schönen) Programmeft
zum Bardentreffen als Soul Sensation aus Südafrika angebriesene
Nomfusi. Große Stimme, kleine Person mit viel Charm und einer
Power wie ein Duracell-Häschen.
Und so traurig wie die Lebensgeschichte der
Südafrikanerin ist (Vater im Gefängnis, Mutter stirbt an Aids
als Nomfusi 12 ist und die Tante 3 Jahre später ebenfalls an Aids)
so erstaunlich ist ihr musikalischer Wertegang. Und es ist dem Township
Kirchenchor in dem die junge Musikerin damals sang hoch anzurechnen,
dass man das große Talent schnell erkannt hat , das in ihr steckt
und man ihr Unterricht im Gesang und Songwriting ermöglichte.
Jeder Cent wurde hier zurecht investiert, Nomfusi haut mit ihrer
Energie und Stimme alles um. Ein beeindruckender Auftritt mit
einer sehr starken Chorsängerin als Partner und klasse Band.
April Verch
Erwähnenswert sind sicher auch die Kanadierin April
Verch, die als eine der bekanntesten Fiddle- Spielerin Kanadas gilt.
Bereits seit ihrem dritten Lebensjahr steht sie nun praktisch
ununterbrochen auf der Bühne und die Besucher auf der Insel
Schütt konnten sich neben ihrem Gesang und Geigespiel auch an
ihren Steptanzkünsten erfreuen.
Dota
Und bevor das Tageshighlight El Mago Massin seinen Auftritt begann
konnte man am Sebalder Platz noch etwas der ehemaligen
Straßenmusikerin Dota (Kehr) und ihren Band lauschen. Die
als Kleingeldprinzessin startende Musikerin ist nun als Dota und die
Strandpiraten einem breiteren Publikum bekannt geworden und es macht
wirklich Spaß den Dota Fans zuzusehen, wie sie leidenschaftlich
die mal witzig, mal gesellschaftskritischen Songs mitsangen.
Mehr war an den beiden Tagen leider nicht zu schaffen und
das ist das aller aller größte Problem dieses
Weltmusikfestivals, dass mit 400.000 Etat auch in diesem Jahr ein Muss
für jeden Musikfan war. Man kann sich nicht zerteilen.
Und egal welchen Musikstil man bevorzugt, das Bardentreffen
bietet für jeden etwas und schließlich gibt es ja auch noch
die vielen vielen Straßenmusiker.
SchattenSchweif
So wie SchattenSchweif, die mit Dudelsack bewaffnet, dem Publikum
mittelalterliche Klänge näher brachten. Das Bardentreffen mit
seinem unbeschreiblichen musikalischen Variantenreichtum von Classic,
Jazz, Blues, Pop, Rock, Indie, Folk , Dixie, usw usw ist vor allem eins
international bunt und ein Fest für die ganze Familie. Und in
diesem Jahr ganz besonders eine laute Stimme für den Frieden in
der Welt, der leider bisher weder in der Ukraine noch in Israel oder
den anderen Krisenherden angekommen ist.
Übrigens wer aber nur zum gut Essen oder ein Bierchen
trinken gekommen ist , selbst der wurde an diesem Wochenende mit einem
reichhaltigen Angebot belohnt. Sicher auch am Sonntag, an dem ich
leider keine Zeit mehr hatte, hörenswertes hätte es auch da
genug gegeben.
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