Nürnberg, Hirsch 27.11.2014
Wenn man mit 4 Alben 4
mal in die Top Ten einsteigt und schon Wochen und Monate zuvor Konzerte
ausverkauft sind, übrigens auch das im Löwensaal, dann muss
es sich um eine besondere Band handeln, davon zeugte auch eine lange
Warteschlange die sich schon weit vor Löwensaal-Öffnung
gebildet hatte.
Im Winter 2002 als "Manga" in Hamburg gegründet,
hat man über den reichlich doofen Namen "Tsunamikiller" Ende 2004
"Revolverheld" entdeckt und als Supportband für "Silbermond" und
"Die Happy" relativ schnell Bekanntheit erlangt. Mit Platz 2 beim
Bundesvision Song Contest (BVSC) für Bremen mit dem Song "Freunde
bleiben" war der Durchbruch geschafft und wie eine Gewehrkugel schoss
der Bekanntheits-und Beliebtheitsgrad des Quartetts nach oben. Wer
glaubt man ist nun 2014 mit dem Rekordsieg bei der zweiten BVSC
Teilnahme am Zenit angekommen, der wird sich noch wundern.
Das zeigte auch der Auftritt in Nürnberg, da geht
noch viel, viel mehr. Warum? Weil Johannes Strate, Kristoffer
Hünecke, Niels Grötsch und Jakob Sinn ein Dreamteam sind, das
es echt versteht geniale Songs zu schreiben. Und zwar nicht nur diese
Schmachtfetzen wie "Ich lass für Dich das Licht an". Der Song,
natürlich auch einer der absoluten Lieblinge des Abends, der
mittels mitgedrehtem Video beim emotionalen Heiratsantrag von Johannes
ältesten Kumpel neben einem der meistgespielten Radiosongs auch
zum Musikvideo Highlight des Jahres wurde. Oder wie "Halt dich an mir
fest", natürlich auch Bestandteil der Setlist. Ruhige Songs die
ungebremst vom Ohr ins Herz gehen, ohne zu kitschig zu sein oder
richtige rockige Nummern die brutal Herz und Hirn treffen und das Zeug
zur absoluten Stadionhymne haben, Revolverheld hat beides drauf, nun
schon 4 Alben lang und kein Ende in Sicht.
Revolverheld hat aber noch ganz andere Qualitäten,
Bühnenqualitäten und auch dies zeigt der Auftritt im
Löwensaal überdeutlich. Das ganze Konzert ist Unterhaltung
pur. Da werden schon mal zwei junge Mädels die das allererste Mal
bei einem Konzert sind auf die Bühne gebeten um im eigens
bereitgestellten Sofa Platz nehmen zu dürfen. Und dann werden
Getränke und Chips gereicht, während die Jungs neben ihnen
unplugged musizieren und Hunderte im Publikum gerne tauschen
würden. Die Armen, was soll da in Zukunft noch als
unvergessliches Konzert-Highlight kommen, das Erlebnis werden sie
jedenfalls nie vergessen.
Oder man besucht während des Konzerts einfach mal die Empore und
musiziert von dort oben den Song „Deine Nähe tut mir
weh“, während ein armer Musiker allein auf der Bühne
verbleiben muss. Zwei Highlights einer höchst sehenswerten Show
die neben einem tollen Bühnenlicht auch mit Videobildern immer
wieder überraschte. Hatte man doch die Bühne mit kleinen
Minikameras bestückt, quasi verwanzt, die ihre Bilder auf die
Bühnenleinwand projizierten.
Revolverheld sind wie im gleichnamigen Song
„Immer in Bewegung“, sei es bei den Songthemen die sich
schon lange nicht mehr allein um Beziehungsprobleme und Liebeskummer
drehen oder beim Publikum, das sich vom jungen Teeniemädel zu
einem sehr gemischten aus alt und jung gewandelt hat. Zugegeben mit
einem höheren Frauenanteil, was sich gerade beim Mitsingen der
Songs als sehr positiv herausstellt.
"Mein Leben ist super", "Welt verändern", "Worte die bleiben",
"Nie erwachsen" egal was auf der Setlist steht, es wird gefeiert,
mitgesungen, gewunken und ganz viel fotografiert.
Und ganz zum Ende setzte Revolverheld noch ein ganz starkes
Ausrufezeichen als man Meat Loaf und das großartige "I do
anything for love" zu Freunde bleiben mixte.
Sehenswerte Band, großartige Musik, doch trotz aller
Qualitäten taten mir an diesem Tag die Leute die schon Stunden
zuvor für einen Platz in Reihe eins anstanden auch etwas
Leid. Denn Dank aus meiner Sicht, sündhaft teuerer VIP Tickets,
war die erste Reihe durch die VIP Ticket Inhaber bereits komplett
besetzt. Die VIP-Ticketler hatten dann auch die Möglichkeit sich
vor dem Konzert 30 Minuten mit der Band zu unterhalten. Etwas, das bei
anderen Bands eine kostenlose Selbstverständlichkeit ist. Wenn man
überlegt, dass somit ein Pärchen ein Revolverheld-Besuch weit
mehr als 200 Euro kostet, kann man sich gut vorstellen, dass man dann
wesentlich seltener einmal ein Konzert besuchen kann. Und wenn alle
Bands sich daran ein Beispiel nehmen dann könnten sehr schnell
immer leerere Hallen drohen. Ein sehr fragwürdiges
Gechäftsmodell.
Ähnlich fragwürdig ist das Logo der Support Band Stereotide
an diesem Abend. Bevor es überhaupt los ging rätselte man
munter, wie die Band denn nun heiße. Denn Dank eines besonders
"kreativen" Grafikers, war der Name nicht so einfach zu entziffern.
Somit war es sehr hilfreich, dass Bandchef Stephan Kämmerer den
Auftritt, auf das Logo deutend, mit dem Hinweis eröffnete, dass es
nicht Steroide, sondern Stereotide hieße. Genauso fragwürdig
ist die Homepage der Band, die wie es sich für einen
internationalen Act gehört in Englisch Auskunft und Informationen
für die Besucher bereit hält. Man sieht also gleich, dass
sich Bandchef und Sänger Stephan Kämmerer und seine
Mitmusiker aus Nürnberg das Ziel gesetzt haben die internationale
Pop- und Rockwelt zu erobern. Support bei einer der momentan
angesagtesten Deutschen Band zu sein ist dafür sicher kein
Nachteil.