Erlangen, E-Werk 21.04.2015
Das Erlangener E-Werk
gehört völlig zurecht zu einem der reizvollsten
Konzertlocations Deutschlands, auch weil man es wirklich versteht
seinen Besuchern ein qualitativ hochwertiges und abwechslungsreiches
Programm mit Schwerpunkt Indie zu bieten. Egal ob Top Act
oder hörenswerten Newcomer, ein Besuch im E-Werk lohnt und
am 21.04.2015 beim Auftritt der Levellers besonders.
Leider war Champions-League-Tag und das kostete sicher
einiges an Publikum, man wollte ja schließlich die Bayern gegen
Porto weiterkommen sehen.
Wer darauf verzichtete und stattdessen ins E-Werk kam
wurde ebenso furios, wie die Fußballfans mit einem tollen
Bayernauftritt verwöhnt wurden, musikalisch belohnt.
Außerdem gab es eine echte Rarität zu erleben. Denn statt
einer Vorband gab es diesmal Kino als Einstimmung „ A Curious
Life - the Story of the Levellers“ hieß das Machwerk von
Regisseur und ehemaligen Chumbawamba Frontmann Dunstan Bruce. In dem
Dokumentarfilm wird der Aufstieg der Levellers von der
Bandgründung 1988 nachgezeichnet, wobei dies nicht wirklich
chronologisch geschieht, sondern in erster Line aus Sicht eines der
Bandgründer, damals wie heute Bassist und Paradiesvogel Jeremy
Cunningham. Cunningham steht nicht nur wegen seiner Vogelnestfrisur und
schrulligen Art und seiner Lebensweise nach der Devise" das Genie
durchblickt das Chaos" als perfektes Vorzeigemodell für eine Band
mit viel Kämpferherz, die in mehr als 25 Jahren Musikbusiness als
Anarcho-Punk (Pop-)Rockband mit Folk und keltischen Wurzeln
Musikgeschichte geschrieben hat. Und so gewährt er uns genauso
einen Einblick in seine Wohnung, mit der der Film startet, wie in die
Jahre der absoluten Heroinsucht bis fast zur Selbstaufgabe, die sich
fast als Sargnagel der Band erwies. Aber auch seine Künstlerseele,
die sich in farbenfrohen Bildern ausdrückt, welche man auch auf
den Levellers CDs wiederfindet, kam nicht zu kurz. Und so konnte man
Dank „A Curious Life“ auch das skurrile Atelier des Malers,
wenn man das so nennen kann, besuchen. Ein Atelier, das man auf
ungewöhnliche Weise betreten muss, da leider der Schlüssel
zur versperrten Tür verloren gegangen ist und eine eingeschlagene
Scheibe billiger als jeder Schlüsseldienst ist.
Der Film ist aber mehr als ein Levellers Porträt,
er erzählt auch von der Reise der Musikszene in den Jahren
von der analogen in die digitale Musikwelt und wie sich so
manches verändert hat. Angekommen sind die Levellers in der
Digitalen bis heute nicht, zumindest nicht ganz und das ist gut so. Der
Film ist auch ein Beispiel wie sich Medienwelt und Fankult
verändert haben, Musikkritiken die in dieser Form heute Dank des
Wolfsrudels von Anwälten so nicht mehr denkbar wären und eine
Fanleidenschaft die es in dieser Art und Weise so heute auch nicht mehr
gibt.
Auch das Thema Alkohol wird thematisiert und die
Botschaft von Cunningham „kurieren kann man niemanden davon, das
muss jeder schon selbst tun“ kommt an. Genauso wie die
Antwort auf die Frage, wieso habt ihr Euch nicht
getrennt, die mit „weil wir unvermittelbar sind“
beantwortet wurde, für Lacher im Publikum sorgte.
Konzertbilder die mehr sagen als alle Worte gibt es
auch zu sehen wie z.B. die tollen Impressionen vom
legendären Glastonbury Festival mit all den begeisterten
Menschenmassen und The Levellers als Headliner. Es hätten gerne
noch mehr Konzertimpressionen sein dürfen, aber auch so ist der
Film äußerst kurzweilig und sehenswert und gibt ein gutes
Bild einer Band wieder, die immer und bis heute nicht nur etwas zu
sagen hat und sich für eine bessere Welt einsetzt, sondern auch
immer politisch war, etwas mit dem die Deutschen ja so ihre Probleme
haben. Vielleicht erklärt sich daraus auch, warum The Levellers in
England zurecht eine große Nummer sind, die locker auch vor
zigtausend Menschen auftreten, während man sich in Deutschland mit
einem eher kleinen aber feinen Publikum begnügen muss.
So wie in Erlangen, als man nach dem 80 minütigen
Film noch gespannter auf den Akustikset der Levellers wartete, der mit
"Boatman" und "The Road" startete und äußerst geschickt
aufgebaut war. Denn in der Folge kam immer mehr Tempo ins Programm bis
zum Schluss aus einem am Anfang ruhig sitzenden Saal am Ende ein
stehender und tanzender geworden war.
Songs wie z.B. Edge of the World, Alone in the
Darkness, Elation und Another Mans Cause faszinierten auch akustisch,
auch wenn es schon ein ungewöhnlicher Anblick ist, die Band die
ganze Zeit sitzend zu erleben allen voran Bassist Cunningham, bei dem
man ständig den Eindruck hatte, man hat ihn festgetackert damit er
nicht plötzlich aufspringt und die Sau raus lässt, um
das mal ganz salopp auszudrücken.
The Levellers sind eine englische Band die sich noch
heute kritisch mit den gesellschaftlichen Zuständen gerade in
England auseinandersetzen, ohne dabei zu politisch zu sein. Sie sind
ein Kollektiv großartiger Musiker die mit ihrer Mischung aus Folk
mit keltischen Wurzeln , Punk und Rock und zwei unglaublich
großartigen Stimmen von der ersten bis zur letzten Minute
faszinieren, leider in Erlangen nur 80 Minuten lang. Zu gerne
hätte man noch ganz viel mehr von ihnen gehört, der
gewaltige Katalog gäbe das ja problemlos her und dann
wäre auch vielleicht noch "Beautiful Day" ins Programm gerutscht,
es ist ja fast ein Verbrechen so einen Song einfach wegzulassen.
The Levellers sind die Könige des Punk-Folkrocks,
fesselnd und faszinierend zugleich. Egal ob wie an diesem Abend
unplugged oder hoffentlich bald wieder voll verstärkt. Allein die
großartige Gänsehaut erzeugende Stimme eines Mark Chadwick
sind das Eintrittsgeld wert, von der eingespielten Band ganz zu
schweigen, die leider an diesem Abend ohne ihren Didgespieler auftrat.
Eine beeindruckende Vorstellung die gewaltig Lust auf mehr macht und leider etwas zu kurz ausfiel.
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