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Die unheilige Unheilig-Seite Und dieser eine Augenblick bleibt mein gedanklicher Besitz Den kriegt der Himmel nicht zurück Der Graf |
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Unheilig , 08.01.2011, Bamberg,So oft wie bei diesem Konzert habe ich mir sicher noch nie verwundert die Augen gerieben. Ziemlich skuril ist das
alles, was man am 08.01.2011 in Bamberg erleben konnte. Das geht schon damit los, dass kein Mensch vor der
Eingangstür wartete, eine Stunde vor Konzertbeginn, das konnte doch nicht sein. Das lag aber daran, dass man den
Eingangsbereich auf die Seite der in "Stechert-Arena" umgetauften Halle verlegt hatte. Eine wirklich gute Lösung. Und
da warteten dann auch ganz brav schon eine große Menschenansammlung auf den Konzertbeginn. Wieder musste
man sich verwundert die Augen reiben. Unheilig Konzerte waren ja noch nie schlecht besucht aber inzwischen sind die
Konzerte überall, selbst in den größten Hallen, ausverkauft. Ich würde jede Wette machen, ein Unheilig Open Air in der
Schalke Arena oder im Leipziger Stadion wäre sicher genauso ausverkauft und die Krönung der inzwischen
10-jährigen Unheilig-Karriere schlechthin .
Ich verstehe bis heute nicht, was hier eigentlich passiert ist. Ich weiß noch, als ich erstmals mit Unheilig T-Shirt
unterwegs war, kein Mensch kannte den Namen, geschweige denn die Musik. Und dann "Unheilig", wie kann man sich
denn nur so nennen im frommen Deutschland und im noch frommeren Bayern? Und wenn ich dann gesagt habe das
ist eher Gothic-Musik wer hört schon sowas. Sicher nicht der Grönemeyer oder Westernhagenfan von 20-80 Jahren
oder der normale Antenne-Bayern Mainstream-Hitkonsument. Sondern viele in schwarz gekleidete, vielleicht auch
etwas anders angezogene Menschen mit schwarzen Haaren, farbigen Kontaktlinsen und Piercing oder Tattoo an allen
möglichen sichtbaren und unsichtbaren Stellen des Körpers. Die waren auch diesmal durchaus zu sehen, aber sie
waren klar in der Minderheit. Die Mehrheit waren "normal" gekleidete Konzertbesucher zwischen 16 und 60 die
genauso auf ein Konzert von Herbert Grönemeyer, Bryan Adams oder Bon Jovi warten könnten, dies gab es aber heute
in Bamberg nicht sondern Unheilig live, ein gelernter Hörgeräteakustiker, ein Künstler der "schwarzen Szene" der zum
Massenphänomen geworden ist. Erfolgreichste CD aller Zeiten in Deutschland, Platz 1 in den Single Charts, die
neuesten Songs laufen rauf und runter auf allen Radiostationen, Bundesvision Song Contest Sieger, Fernsehauftritte
zuhauf, irgendwas ist da völlig aus dem Ruder gelaufen. Und alles nur wegen einem Song "Geboren um zu Leben" eine
wunderschöne Ballade mit Kinderchor und sinnvollem Text, was man heutzutage ja nicht von jedem Song behaupten
kann. Ist es wirklich dieses eine Lied, an der man den Erfolg von Bernd Heinrich Graf, der sich kurz "der Graf" nennt
und von dem man trotz des Hipes bis heute sehr wenig weiß, festmachen kann? Mir ist es bis heute ehrlich gesagt ein
Rätsel. Zugegeben das Lied ist richtig toll, ich war schon nach dem ersten Hören hin und weg, aber so ging es mir bei
vielen Unheilig-Songs auch schon, die sind keineswegs schlechter als dieser Megahit. Und Balladen mit guten Texten
gibt’s von ihm zuhauf. Geboren um zu Leben reiht sich da eher nahtlos ein, es ist kein One-Hit Wonder sondern einer
von vielen großartigen Songs eines wirklich bemerkenswerten Sängers und Songschreibers. Der übrigens auch kein
Schmusesänger ist und Mainstream und Unheilig, ich kann die 2 Begriffe bis heute nicht so ganz zusammenbringen.
Und so würde ich eher behaupten, viele Besucher wussten nicht wirklich was sie da erwarten sollte, nach der Devise
"Denn sie wissen nicht was sie tun".
Sie sollten es realtiv schnell merken und zwar schon mit der ersten von 2 Vorgruppen die Schweizer von "The Beauty
of Gemina". Zum Glück ist der Graf sich treu geblieben, er ist weiterhin in der "schwarzen Szene" verwurzelt und es ist
gut so, dass man einer Gothic Band die Chance gibt vor einem solch großen Publikum aufzutreten. Und auch wenn es
einige entsetzte Blicke im Publikum gab, kaum Stimmung aufkam und mancher sich die Ohren zuhielt, "The Beauty of
Gemina" waren dank der dunklen Stimme des Sängers Michael Seles und des gut abgemischten Sounds sehr
hörenswert. Einzig etwas mehr Bühnencharisma hätte man dem Sänger gewünscht, der auf der Bühne ähnlich blass
rüberkam , wie seine Optik. Stimmlich war er dafür umso besser und "The Beauty of Gemina" waren ein gutes Beispiel
für den Reiz den Gothic-Musik gerade live entwickeln kann.
Band 2 würde ich dann eher in der Darkwave Szene ansiedeln. Apoptygma Berzerk mit ihrem Norwegischen Sänger
Stephan L. Groth und der neuen hübsch anzusehenden Keyboarderin hatten deutlich mehr Live-Showqualität, dafür
war der Sound schlecht gemischt, die Gitarren zu laut, die Stimmen im Verhältnis zu leise, sehr schade und ärgerlich
zugleich. Auch hier kam zu Beginn wenig Stimmung auf und das, obwohl man den bekanntesten Song Shine On , ein
Cover von The House of Love gleich zu Beginn zum Besten gab. Es ist ihr bisher erfolgreichster Song der in
Deutschland bis auf Platz 13 der Single Charts kletterte. Schlagartig änderte sich die Stimmung mit einem weiteren
Coversong . Major Tom von Peter Schilling sorgte erstmals richtig für Stimmung und von dem Song an hatte
Apoptygma Berzerk gewonnen. Erstaunlich wie ein Song die Reaktion der Massen verändern kann. Es ehrt übrigens
Apoptygma Berzerk, daß man nicht den leichten Weg ging. Mit einigen weiteren Coversongs wie Cambodia (Kim
Wilde), Nothing Else Matters (Metallica) Electricity von OMD und Enjoy the Silence von Depeche Mode hätte man
zwar die komplette Halle zum Kochen bringen können, aber dafür viel von der eigenen Identität aufgegeben.
Danach war wieder Umbau angesagt und die typische Unheilig Bühne wurde aufgebaut, d.h. eine schlichte schwarze
Bühne mit großen weißen Kerzen, es war genau wie immer, einzig der Schiffsrumpf, passend zur neuesten CD war
dazugekommen. Damit in der Umbauzeit keine Langeweile aufkam, wurde ein äußerst witziges Video abgespielt "Der
Graf" als Autogrammjäger - "der Hammer" . Eine wirklich nette Idee, die leider durch technische Probleme nur
eingeschränkt zu genießen war, genauso wie der Anfang des Unheilig Konzertes. Das war schon etwas schade, dass
da die Videowand nicht richtig funktionierte.
Es war aber der einzige Lapsus, ansonsten war alles wie immer. Ein bestens aufgelegter Graf in schwarzen Anzug,
schwarzen Schlips und weißen Hemd stümte auf die Bühne , sorgte sofort für Stimmung und seine eigenwillige Art der
Performance faszinierte einmal mehr. Viele werden sich gefragt haben , was hat der nur eingenommen, ich will das
auch. Aber so ist er, er lebt seine Musik, er lebt jeden Takt auf der Bühne und auch das hat sich trotz des
Megaerfolges nicht geändert. Der Graf ist der Graf geblieben und das ist denk ich das größe Kompliment , was man
dem bescheidenen und sympathischen Musiker machen kann. Er ist sich, seiner Musik und seinem Leben treu
geblieben und es ist ihm der Erfolg wirklich zu gönnen. Und was gibt es schöneres, als wenn die Musik, die man
selber mag so gefragt wird, daß man sie auch öfters überall hören kann. Ich werde viel lieber von Unheilig im
Einkaufscenter beschallt, als von Florian Silbereisen und Konsorten. Und so versteh ich auch die Kritik am Unheilig
Hype aus der Gothic-Szene nicht so ganz, die die Medienpräsenz kritisiert und die Songs als zu Massenkompatibel
inzwischen schlecht redet.
Ein Lied möchte ich dabei jedoch ausnehmen "Winter" ist das mit weitem Abstand schlechteste was Bernd Graf je
veröffentlicht hat, das ist wirklich extrem seicht und darauf wird beim Konzert auch nicht verzichtet.
Und trotz allem, so ganz verwunderlich ist das ganze was jetzt um Unheilig passiert dann doch auch wieder nicht,
gerade im Gothic Bereich gibt es halt viel gute Musik und letztlich ist es dann doch auch nicht ganz so überraschend,
daß immer mehr Menschen dies vielleicht auch Dank Unheilig entdecken.
Unheilig ist in erster Linie der Graf, der Live-Schlagzeuger Martin Potthoff ist aber ein echter Gewinn für den Sound , er ist das neueste Bandmitglied, während Keyboarder und Klavierspieler Henning Verlage und
Gitarrist Chrsitoph Termühlen ja schon lange mit Unheilig live unterwegs und bekannte Gesichter sind. Die große Freiheit Tour 2 ist ein Best of Programm von Unheilig, neben den neuen Songs gibt es auch die ganzen Hits wie Sage
ja, Astronaut, Maschine, Freiheit usw. zu hören und auch das wunderschöne an deiner Seite, das egal ob in kleiner Halle , wie auch in der großen Bamberg Arena zu Tränen rührt. Sicher auch, weil man trotz mehr als inzwischen 100 facher Performance jedesmal merkt, das es den Grafen emotional mitnimmt, es zu performen.
Es war ein großartiger Auftritt in Bamberg und doch letztlich einfach ein ganz normales Unheilig-Konzert, wie vor 2, 4
oder 6 Jahren. Der einzige Unterschied waren die Menschenmassen. Zum Glück übrigens ganz ohne kreischenden Teenie-Faktor, was sehr wohltuend ist.
Wer aber jetzt denkt, daß der Mitsingfaktor dadurch deutlich größer war sah sich getäuscht. Einzig beim Megahit "Geboren um zu Leben" war der Mitsingfaktor extrem groß, ein Beleg dafür, daß viele Konzertbesucher noch nicht so
wirklich viel von Unheilig gehört haben und gerade dabei sind den ganzen Musikkatalog des Grafen zu entdecken und
der lohnt sich wirklich entdeckt zu werden. Sehr fair ist übrigens auch der Eintrittspreis mit 32 Euro bei 2 guten
Vorgruppen und einem langen Unheilig Konzert.
Etwas war dann aber doch anders, die Massen die nach dem Konzert Richtung Ausgang strebten, die 3 dicht
umlagerten Merchandise-Stände und das Verkehrschaos vor der Halle, das gabs bisher bei Unheilig Konzerten noch
nie. Und die machen auch die Fannähe des Grafen, fast unmöglich. Und das ist wirklich ein Jammer, denn für einen
kleiner Schwatz mit seinen Besuchern hatte der Graf nämlich immer Zeit. Und das ging mir Samstag schon ab.
Mehr zu Unheilig kann man übrigens auf meinen Seiten von früheren Konzerten lesen. Zum Abschluß noch einige
Bilder vom Konzert, leider nur in verminderten Qualität, da ich keine Fotoerlaubnis hatte und somit nur die kleine
Digitale erlaubt war. Aber besser die, als gar keine.
Im August gibt’s übrigens Unheilig wieder live, diesmal Open Air in Coburg und jede Wette, auch dieses Konzert wird
ausverkauft sein, zurecht ausverkauft.
Unheilig Live HUK Open-Air in Coburg-die Bilder und Bericht gibts hier www.gruftimusik.de
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