Nürnberg, Hirsch 01.10.2015
Der Volks-Rock`n`Roller
ist los an diesem Abend in Nürnberg. Lederhosenalarm und Dirndl
wohin man schaut und eine lange Autoschlange, die sich Richtung Arena
quält. Wesentlich entspannter ist es da im Hirsch, wo die Folk
Rock`n`Roller von Versengold das Publikum mindestens genauso in
Verzückung bringen. Ganz ohne mega Technik, da langt ein
Fotoschirm, der als zentrales optisches Element zusammen mit einer
klasse Lichtunterstützung für viel Stimmung sorgt.
Den Rest macht dann die inzwischen auf 7 Mann angewachsene Band mit
"Snorre" Hoyer, "Hengest" Willms, "Honza" Janoske, "Paule" Gregory,
"Pinto" Heuer, "Schorti" Lang neu am Schlagzeug, sowie der neue
Bassmann "Otje" Otten. Ein Dreamteam das mit seinen weißen
Hemden, mit farblich ähnlichen Hosen(mit einer nackten
Ausnahme) und Stiefeln wie eine Einheit wirkt und musikalisch auch
als solche auftritt, wie noch nie zuvor.
Gerade durch das Schlagzeug mit noch mehr Wumms ausgestattet wirkt der
Sound noch beeindruckender und wenn dann daneben noch ein Pinto in die
"Fasstrommeln" haut, dann fetzt das so richtig.
Und doch sind die stärsten Momente die, wenn es ganz intim
wird, ganz gefühlvoll und sich "Hühnerhaut" am ganzen
Körper breit macht. Wie z.B. bei dem Song "Die Namen von
Millionen", bei dem Snorre in der Anmoderation den Bezug zur aktuellen
Flüchtlingsproblematik herstellt. Oder beim Song "Wolken",
ebenfalls vom neuen Album "Zeitlos", einer von mehreren Songs bei dem
man das Tempo rausnimmt und sowohl gesangstechnisch als auch
musikalisch ganz viel Gefühl reinpackt.
Ohne Frage, es ist der ruhigste Versengold Set ever, es zeigt aber auch
die unwahrscheinliche Klasse dieser Band, die im August beim
Schloßhoffestival den kompletten Schlossplatz völlig zum
Ausrasten bringen kann und hier den Spagat zwischen feiern ala
"Faß voller Wein" oder "Drey Weyber" und ganz viel
Gefühl hinbekommt, wie wenn es die leichteste Übung der Welt
wäre. Trinklied, Party-Hüpf und Tanznummer, Spielmannsweise,
gefühlvolle Ballade eine Gradwanderung die unglaublich Spaß
macht und das Publikum inklusive der fast kompletten
Feuerschwanz-Truppe im Frankenland total fesselt, das begeistert
mitgeht, beim feiern voll dabei ist und sich beim
mitsingen auf der Höhe zeigt. Apropos Frankenland das sich
Versengold erst noch so richtig erspielen muss, es ist ganz dünnes
Eis, wenn sich gerade ein Bremer über die Nürnberger
Fußballqualitäten äußert lieber Snorre, ganz
dünnes Eis. Das Erspielen dagegegen dürfte mit solchen
Auftritten ein Klacks sein, leichter als ein Aufstieg des 1. FC
Nürnberg in die erste Bundesliga.
"Zeitlos" das neue Album ist sicher größter Einschnitt
und Weiterentwicklung in der Versengold Bandgeschichte. Stilistisch ist
es das abwechslungsreichste aller bisher erschienenen wirklich
großartigen sieben Alben geworden.
Vom Deutschrock ala "Schon immer mal" über Folk Pop bis zum
hörenswerten Instrumental "Sol`s Reel" die sich auch in der
Setlist wiederfinden ein Allgebräu, das gerade auch live
unglaublich Spaß macht und zeitlos schön auf der Bühne
erstrahlt. Wie die 7 Jungs, die spielffreudig wie eh und je mit dem
Publikum um die Wette strahlen und sich danach, wie sich das
gehört auch für Fotos und Autogramme zur Verfügung
stellen.
Einziger Wermutstropfen des Tages, das melancholische "Schönheit
der Schatten" fehlt, weil Duettpartnerin Katja Moslehner nicht greifbar
ist, was sich aber bei den Konzerten in Berlin und Hamburg ändern
soll, noch ein Grund mehr hinzugehen und als Franke neidisch gen Norden
zu blicken. Aber auch so haben die Bremer eindrucksvoll den Beweis
erbracht, dass hier eine Meute echter Könner auf der Bühne
steht, egal ob die Streicherabteilung, die Rhythmussektion und
nicht zu vergessen die Abteilung Songtext und Gesang, die mit
"Heinz Rudolf Kunze" Qualität lyrische Bilder vertont die mit
Tief- und Hintersinn eine echte Freude sind und das wohlgemerkt in
Serie, was man von Kunze nicht immer behaupten kann.
Um noch mal den Bogen zum Anfang und zu Andreas Gabalier zu spannen.
Ein Massenphänomen kann auch Versengold werden, wenn sie
irgendwann im Formatradio entdeckt werden. Ob man das dem Publikum
wünschen soll, ist allerdings die Frage. Denn das Radio schafft
jede Band totzuspielen, selbst so eine großartige, die noch lange
nicht am Zenit ihres Schaffens angekommen ist.
Und nun die Bilder vom Tourauftakt in Nürberg
Abschiedsbild einmal anders