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Laibach 2016
 In der Diktatur haben die Politiker das sagen. In der Demokratie
 sagen uns die Politiker, wer das sagen hat.           Erhard Blanck      


Nürnberg, Hirsch 10.10.2015



Es wäre wirklich fahrlässig über das Konzert der Band Laibach, dem musikalischen Ableger der „Neue Slowenische Kunst (NSK)“ zu schreiben, ohne zuvor ein paar Worte über eine der skandalträchtigsten Bands überhaupt, zu verlieren.
Sich mit der Biographie der 1980 im jugoslawischen Trbovlje gegründeten Band zu beschäftigen ist eine spannende Sache. Vom Suizid des ersten Sängers nach einem Konzert, dem gewaltsamen Abbruch eines Konzertes 1983, nachdem man den verstorbenen Staatspräsidenten Tito und einen Penis gleichzeitig auf die Leinwand projizierte, Auftrittsverbote in Jugoslawien nach einem Fernsehauftritt in Uniformen und Armbinden und ein anonymes Konzert trotz Verbotes in Ljubiljana, nicht gerade der einfache Weg eines Bandstartes. Konzerte unter dem Titel "Die erste Bombardierung-Laibach über dem Deutschland“ machten es auch nicht gerade einfach, das, was die Band eigentlich verkörpert, zu verstehen. Sicher auch weil Laibach bis heute immer wieder für Überraschungen gut sind, so wie man 1987 mit dem Album "Opus Dei" u.a. "One Vision" von Queen oder "Live is Life" von Opus in Deutsch und Englisch coverte, oder das komplette Album "Let it be" der Beatles ohne das Titelstück, oder "Sympathy for the Devil " der Rolling Stones.
Den Zusammenbruch des Ostblocks und Fall des Eisernen Vorhangs kommentierte Laibach mit dem Album "Kapital" genauso auf seine eigene Weise, wie 1994 mit "NATO" die aktuellen Ereignisse in Osteuropa, wieder mittels höchst hörenswerter Coverversionen. "Jesus Christ Superstar" 1996 erschienen, war der Beitrag Laibachs zum Thema Religion einschließlich gleichnamigem Musical-Cover.
Auch die Klassik wurde "Ver-Lai-Bach-t" und Johann Sebastian Bachs Kunst der Fuge neu interpretiert, genauso wie diverse Nationalhymnen 2006 auf dem Album Volk. Natürlich auch die Deutsche, leicht zu erraten, dass man sich dabei nicht an die "staatlich gewünschte Strophe" hielt.
2009 bekam dann Richard Wagner die volle Laibacher Kreativität zu spüren die mit Symphonieorchester aus Tannhäuser, Siegfried und die Walküren musikalisch einen Volkswagner machten.
2012 versuchte man sich dann zum Film Iron Sky als Filmkomponist um 2014 nicht nur mit "Spectre" das wohl bisher spektakulärste Werk zu veröffentlichen, das mit "Whistleblower" auch einen für Laibach ziemlich untypischen absoluten Smashhit enthält. Einmal gehört, geht einem der Song nicht mehr aus dem Ohr, einzig die konsequente Nichtbeachtung im Radio sorgt dafür, dass der Song bis heute immer noch nicht aus dem Geheimtippstatus herausgekommen ist. Kein Wunder bei der Thematik von Song und Album. Typisch Laibach, Spectre ist ihr Statement zum Thema Kapitalismus, die Bespitzelung der Menschheit durch die Politik, Whistleblowing u.a. Und da unsere Medien sich immer mehr von der "Pressefreiheit" verabschieden passt eine Band wie Laibach umso weniger ins Schema F.
Um das Ganze noch auf die Spitze zu treiben wurde durch Laibach die Partei Spectre-Party gegründet und Parteibücher mit den Thesen der Partei verkauft. Genauso wie man in der Vergangenheit schon eigene Reisepässe eines fiktiven NSK-Staates ausstellte.
Gewaltige Schlagzeilen, und einmal mehr nicht nur positive, machte man auch 2015, als Laibach 2 Konzerte in der Nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang zum Anlass des 70. Jahrestages des Endes der Japanischen Besatzung in Korea gaben, als erste westliche Band in Nordkorea überhaupt. Erst als PR-Gag belächelt, dann von den Medien kontrovers diskutiert, sang die Band vor 1500 (verschreckten) Zuschauern im Ponghwa-Theater u.a. auch Neuinterpretationen nordkoreanischer Volkslieder sowie Stücke aus dem Musical "The Sound of Music“, im Laibach-Stil versteht sich.
Und warum das alles?  Das kann man vielleicht am besten mit einem Zitat von Slavoj Zizek beantworten "Laibach are not an answer- they are a big questionmark"
Allen sei hier der Wikipedia Artikel zur Band wirklich sehr ans Herz gelegt, der sich ausführlich mit dem musikalischen Stil und der Bandgeschichte befasst und aus dem ich hier einige Stationen einer der politischsten Bands unserer Zeit, wiedergegeben habe. Hier wird versucht dieses Fragezeichen zu beantworten, ob man das aber wirklich kann ist eh fraglich, das können eigentlich nur die Musiker selbst und die sind nicht gerade als besonders redselig bekannt.
Man konnte also sehr gespannt sein, wie sich Laibach an diesem Abend in Nürnberg präsentierten und die Spannung war fast greifbar, als die Band pünktlich die Bühne betrat und mit dem Opernfragment „Olav Trygvason Poem“ und „Smart Za Smrt“, „Now you will pay“ und „Eurovision“ den ersten Teil des Laibach Konzertes begann. 4 Songs in knapp 45 Minuten, nicht nur das war ungewöhnlich, das folgende Intermezzo, eine 15 Minütige Pause, musikalisch gesehen höchst sinnvoll,  waren es auch. Unterstützt wurde das Intermezzo, durch einen 10-Minuten Countdown, der nach 5 Minuten erneut startete. Es war wohl das einzige Unperfekte an diesem Abend und vielleicht hat sich mancher gewundert wie lange 10 Minuten sind, aber pünktlich auf die Sekunde ging es nach 15 Minuten mit „Do Re Mi“, „Edelweiß" und „Sound of Music“ weiter. Selbstverständlich gab es auch „Whistleblowers“ zu hören, „Germania“ mit dem Hinweis am Ende "No Sieg Heil bitte" den es zum Glück nicht bedurft hätte und „Leben heißt Leben“.
Das Ganze ist ein Teil des nordkoreanischen Programms, Musik, Synthielandschaften, zuckersüßer Pop vermischt mit Industrial und Marschmusik und dargeboten von einer korrekt frisierten ausdrucklosen Operndiva namens Mina Spiler deren großartige Stimme im scharfen Kontrast zu "Horror-Sänger" Milan Fras steht der gerade der Gruft entsprungen scheint und einen Gänsehaut-Wiedererkennungswert hat, wie kaum sonst jemand im Musikbusiness. Das Ganze wird dann noch visuell höchst beeindruckend unterstützt, schöne Heile Welt Bilder des „wunderschönen“ Nordkoreas mit lachenden und fröhlichen Nordkoreanerinnen, Propaganda wie es kaum besser geht und doch für Jeden als solche auch zu entlarven, selbst wenn man sich zuvor mit dem Thema Laibach nie befasst hat und nur ein Konzert sehen und hören will. Und abgerundet von einer Lichtshow, die mit Stroposkopblitzen und grellen Verfolgungsscheinwerfern ihre Wirkung genauso wenig verfehlt, wie es die Bilder auf der Leinwand tun. Manches wirkt nicht wirklich wohltuend auf das Publikum ein, auch das ist natürlich bewusst gewollt. Sicher wie alles der perfekten Inszenierung an diesem Tag.
Die komplette Inszenierung bleibt auf eine ganz eigene Art hängen, wie z.B. die Textzeile "Europe is falling apart" aus dem Song Eurovision um nur ein Beispiel zu nennen. "Falling-Apart - und zwar so schnell, dass unsere Nachtwächterpolitiker inklusive „Mutti-Merkel“ das bis heute noch immer nicht registriert haben oder wahrhaben wollen. Die Welt, die auf einen wirklich guten Weg war, ist gerade dabei wieder um Jahrzehnte sich in die falsche Richtung zurückzubewegen. Das Musik nicht nur zur Unterhaltung dienen kann sondern auch aufs Gröbste missbraucht wird, z.B. um Menschen zu quälen bis zum Tod oder sei es um Armeen in Bewegung zu setzen und zu motivieren, das wird einen an diesem Abend durchaus bewusst. Ähnlich eindringlich kann man dies übrigens auch beim neuen Mad Max- Film wahrnehmen, Heavy Metal auf dem Truck soll als Stichwort wohl genügen.
Ein Bericht des Konzertes der Slowenen wäre nicht vollständig, würde man nicht die Sangeskünste eines Boris Benko, seines Zeichens Sänger bei der Slowenischen Band Silence, früher festes Laibach Mitglied und manchen auch durch seine Kooperation mit Helium Vola bekannt, erwähnen. 
Garniert wird die Laibach Show von einem auffällig aufmerksamen, oft schweigenden Publikum mit hohem Männeranteil, das die Band mit minutenlangem Applaus belohnten.
Das letzte Highlight hatte Laibach als zweite Zugabe dann noch im Köcher, der Trailer zum demnächst erscheinenden Dokumentarfilms über den Nordkorea-Trip macht neugierig und ungeduldig und rundet einen außergewöhnlichen, höchst unterhaltsamen aber auch sehr skurrilen Auftritt sehenswert ab, ohne dass wirklich alle Fragezeichen auch nur annähernd beantwortet werden können. Sie sind halt ein einziges großes Fragezeichen und werden es wohl auch für immer bleiben. Und das sollte sich auch niemand entgehen lassen und sich das Gesamtkunstwerk Laibach einmal live gönnen. Großer Dank auch an das Konzertbüro Franken, die den Tourauftakt der Band in Nürnberg ermöglichten.














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