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Schlosshof-Festival 2016
        Nimm dir jeden Tag eine halbe Stunde für deine Sorgen.
        Und in der Zeit mach ein Nickerchen.  Abraham Lincoln         


Höchstadt, 12.08.2016



Tir Nan Og

Die etwas hohe Luftfeuchtigkeit (Nieselregen) nahmen am Freitag die wenigsten bewusst war, als Tir Nan Og als Opener das 10. Schlosshoffestival eröffneten. Wie schon beim Shamrock Castle erwies sich die Eichstätter Irisch-Folk-Band als genialer Opener, der sich schnell in die Herzen der Konzertbesucher spielen kann. So kam auch diesmal das Programm aus Eigenkompositionen und den einen oder anderen Traditional sehr gut an und schnell hatten sich die ersten Tanzwütigen animieren lassen. Aber trotz der mitreißenden Musik und der Energie die von der Bühne rüberkam, hatten es Tir Nan Og nicht leicht für Stimmung zu sorgen. Man weiß es nicht, ob die Außentemperatur (für die Jahreszeit zu kalt) schuld war, dass sich ein Großteil des Publikums vornehm zurückhielt. Am überzeugenden Auftritt von Tir Nan Og kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Die erwiesen sich bei bestem irischen Wetter jedenfalls als hart im Nehmen und musizierten statt unter dem geschützten Bühnendach immer so weit vorne als möglich. So war die einzige Dame der Band Ella nach dem Auftritt auch von Kopf bis Fuß ziemlich durchweicht. Zum Glück hat das Harmonium, dass sie während des Auftritts bediente, das Schmuddelwetter gut überstanden.

Faun

Mit Faun ging es nach dem musikalischen Ausflug auf die grüne Insel sehr mystisch weiter und auch die Nebelmaschine hatte nun ihren großen Auftritt. Zum  Glück konnte man sich zuvor noch am extrem gelungenen Bühnenbild der Faune erfreuen. Auch optisch machten nicht nur die Damen mächtig etwas her, man darf schon jetzt sehr gespannt auf die Live-Umsetzung der neuen CD „Midgard“ sein. Als Faun ihren 75 Minuten Set mit „Wind und Geige“ starteten war dann  erst einmal alles im Nebel verschwunden. Eins hat der Auftritt von Faun in Höchstadt wieder überdeutlich gezeigt. Man muss einfach bereit sein, den tranceartigen Pagan Folk der Bayern voll auf sich wirken zu lassen. Dann vergehen die 75 Minuten wie im Flug. Wer das nicht kann und Party machen will, für den ist Fauns Musik sicher die falsche. Viele waren an diesem Abend aber bereit dazu und wurden mit einem ganz starken Auftritt belohnt. Vor allem Katja Moslehner sorgte stimmlich für viele  Ausrufezeichen. Eigentlich hätte „Diese kalte Nacht“ auf „Von den Elben“ veröffentlicht ja wunderbar gepasst. Den Song gab es allerdings nicht zu hören, dafür das wunderbare „Wenn wir uns Wiedersehen“ von der gleichnamigen CD. Gleich 4 Songs vom Faun Meisterwerk „Eden“ gaben die Münchner zum Besten,  „Alba“, „Pearl“, „Zeitgeist“ und den Faun-Kultsong „Hymn to Pan“, der eigentlich nie fehlen darf. „Blaue Stunde“ und „Walpurgisnacht“ von der neuesten Scheibe Luna gab es ebenso wie älteres wie „Rhiannon“ und „Iyansa“ vom Renaissance Album. Aber egal von welcher Scheibe die Songs auch kamen, sie erweisen sich allesamt live als richtig starke Nummer und zeigen einmal mehr, dass Faun auf CD und Faun live nochmals eine ganz andere Geschichte sind. Sie sind einfach eine echte Live Band, dazu trägt auch Oli SaTyr als charmanter Conferencier mit bei. Nur Neues gab es nichts zu hören, ziemlich untypisch für Bands, wenn das neue Baby kurz vorm schlüpfen ist. Schade, das inzwischen als Video veröffentlichte „Federkleid“ ist schon mal ein sehr vielversprechender Song der gewaltig Lust auf mehr macht.

Letzte Instanz

Irish Folk , Pagan Folk und nun Brachialromantik. Musikalisch abwechslungsreicher kann ein erster Festivaltag kaum sein und spätestens beim Headliner des ersten Tages „Letzte Instanz“ waren so ziemlich alle Festivalbesucher anwesend. Und sie wurden nicht enttäuscht. Es gab einen „Letzte Instanz“ Auftritt der im Gedächtnis bleiben wird, großartige Werbung für das Konzert am 04.11.16 im Hirsch.
Schuld daran waren nicht nur die Akteure auf der Bühne, die sich allesamt höchst motiviert zeigten, sondern vor allem auch die Setlist, die einen an Höhepunkten reichen Ausflug  durch die Banddiskografie darstellte. Gekrönt vom Song  „Kopfkino“ bei dem sich Sänger Holly wohl selbst übertraf.
Absolute Höhepunkte waren aber auch die neuen Songs „Wir sind eins“ und „Weiß wie Schnee“ wurden begeistert gefeiert, nicht zu vergessen „Liebe im Krieg“, der Titelsong des neuen Albums. Und auch wenn Sänger Holly in der Anmoderation einmal mehr betonte, dass man keine politische Band sei, ihre Meinung geben die „Dresdner“ zum Glück immer wieder deutlich zum Besten und die Botschaft „ Wir brauchen keinen Krieg“ sollte sich endlich einmal jeder Politiker ganz fett ins Hirn eintätowieren lassen. Am besten dort wo manch einer der verantwortlichen Damen und Herren scheinbar ein erschreckend großes Vakuum aufweist. Aber zurück zum „Letzte Instanz“ Auftritt, die zum Schluss bei dem Klassiker „Rapunzel“ nochmals für kollektive Ekstase sorgten. Und selbst ein optisch runderneuerter Benni Cellini ließ es sich, obwohl gesundheitlich angeschlagen, nicht nehmen, das Schlosshof Händemeer zu testen, ohne Cello versteht sich. Ein neues Gesicht gab es übrigens auch auf der Bühne zu bewundern, wobei Gitarrist Bernie Gneef ähnlich unauffällig agiert wie Vorgänger Oliver Schmidt. Schöner als beim Song „Wir sind allein“ kann ein erster Festivaltag auch kaum zu Ende gehen, spätestens da waren die vielen großartigen Festivalbesucher wirklich Eins und der ein oder andere neue „Letzte Instanz“ Fan im Publikum.

Der Samstag`



Trollfaust


Festival-Opener haben es nicht leicht, trifft das Publikum doch meist erst so nach und nach zum Konzert ein. Das war bei Trollfaust auch nicht anders. Aber alle, die etwas später gekommen sind, dürfen sich gepflegt ärgern. Denn optisch war der Beginn mit den maskierten Musikern der Hingucker des Samstags überhaupt. Aber auch ohne Maske sind die Bühnenklamotten bzw. die Kleidung, wilde Gerüchte besagen die Irren laufen immer so rum, der Hit. Man sollte den Dreckverschmierten Gesellen auch nicht wirklich zu nahe kommen, die schwarze Kriegsbemalung  geht gar nicht so leicht wieder ab, so ist es halt bei der Pest. Aber im Ernst, man muss objektiv feststellen, dass sich die Band von Jahr zu Jahr positiv weiterentwickelt, nicht nur was Bühnenaufbau und optische Präsentation betrifft. Das Set aus eigener Feder und traditionellen, historischen Quellen fetzt. Die Musiker von der Trollfaust lieben es an diesem Nachmittag zwar brachial, aber auch melancholisch ruhige Töne haben sie drauf.  Und sie haben einen Sänger, der es wunderbar versteht durchs Programm zu führen und sich und seine Band gut zu verkaufen. Derb, ironisch, charmant und äußerst witzig und unterhaltsames gibt er von sich, nicht nur auf der großen Bühne, auch später am Markt versteht er perfekt das Spiel mit dem Publikum. Und so trommeln, flöten und Sackpfeifen sich die Spielleut von der Trollfaust durch ihren Set und verbreiten beste Laune.

Nachtgeschrei


Mit den Auftaktsongs Kerberos und Eden von der CD Staub und Schatten nützten Nachtgeschrei die Trollfaust-Steilvorlage und heizten dem inzwischen schon von der Sonne ins Schwitzen gekommenen Publikum weiter ein. Lauren Weser und ihre Jungs machen mit ihrem Mix aus Rock, Metal und Folk auch 2016 richtig Freude und egal wo sie auch spielen, sorgen sie für Begeisterung im Publikum.
Dank der Podeste und den wechselnd darauf stehenden Musikern kann man auch ganz hinten im Hof stehend, alle Musiker bestens sehen. Richtig schade ist, dass Nachtgeschrei den Nachfolger von Staub und Schatten zwar fertig, aber bisher noch nicht veröffentlicht habt. So muss sich der wachsende Nachtgeschrei Fankreis leider weiterhin gedulden, Vorfreude ist aber bekanntlich die schönste Freude.

Metusa


Zu Beginn des einstündigen Auftritts forderte Metusa gleich  zum „Tanz“ auf und das Publikum ließ sich nicht lange bitten. Domenicus der Saitenreiter macht seinen Namen wieder alle Ehre, ließ als zweiten Song „das Biest“ los um nicht nur vor dem Song „Du gehst mir auf dem Sack“ deutlich Worte zu finden, was ihn so bewegt. Metusa haben etwas zu sagen, sie sind zwar keine politische Band im eigentlichen Sinne, nehmen sich aber zu Recht das Recht heraus, immer wieder, zum Beispiel zum Thema Umwelt, Stellung zu beziehen. Wie vor dem Song „Hüter der Meere“ um danach mit 2 aufblasbaren Gesellen namens Tripper und Mumps, die mit einem Jubelsturm begrüßt wurden, dem Publikum eine weitere Freude zu machen.  Das ist gut so und ein weiteres Plus einer Band, die mit Sängerin Verena nicht nur eine überzeugende weibliche Stimme besitzen, so dass man dadurch noch variabler und unterhaltsamer agieren kann. Ihr (Originalton Verena)“Fun-Pop-Rock-Punk-Folk“ passt eigentlich so recht in keine Schublade, zum Glück, ein weiteres Plus einer Band, die an diesem Tag extrem beeindruckte. Auch weil die neuen Bühnenklamotten optisch richtig etwas hermachen, auch weil die neue Besetzung sich als bestens eingespielt und voller Energie präsentierte. Und weil die Setlist mit Songs wie „Sleepy Maggie“, „Land of Green“, „Wenn ich tot bin“, „Halt mich fest“ und als Zugabe die „Gummibärn“ trefflich ausgewählt war. Egal ob Deutsch, folkig irisch oder schottisch, rockig oder punkig, Metusa haben es geschafft eine einzigartig stimmungsvolle Mischung zu finden die immer wie Metusa klingt. Chapeau.

Eric Fish and Friends


Echt mutig von Eric Fish und Friends sich danach als 3-Mann Akustikprojekt auf die Bühne zu stellen und einem feiernden und feierwütigem Publikum den Stecker zu ziehen und mit ruhigen Tönen, die ruhigsten der beiden Tage übrigens, zum Nachdenken anzuregen. Bisher als 4 Mann Team unterwegs, ist man an diesem Tag du Dritt, was dem Erlebnis Fish und Friends aber keinen Abbruch tut. Ganz im Gegenteil. Eric Fish, Rainer Michalek und Gerit Hecht erwiesen sich als eingespieltes Team. Eine verschworene Gemeinschaft, die nicht allein von der unverwechselbaren Stimme eines Eric Fish lebt. Im Laufe des Konzertes forderte der Subway to Sally Leadsänger das Publikum auf sich niederzusetzen. Das machte auch Sinn, denn viele Songs kann man gerade im Sitzen besonders entspannt und relaxt genießen. Die Aufforderung als es musikalisch in Richtung Irland ging, sich wieder zu erheben, fiel am Anfang vielen doch sichtlich schwer, die Musik die zum Tanzen animierte, half dann aber doch kräftig nach.
Nach „Blow em Off“ gab es mit „Mahlkstrom“ und „Kreuzfahrt“  2 neue Songs aus dem kurz vor der Veröffentlichung stehenden Album.  Mit Cathedral, Anders sein und den Bards Song hatte das Programm auch drei Übernummern zu bieten. Gänsehaut pur, wenn man bereit ist intensiv zuzuhören und Musik, Stimme und Stimmung auf sich wirken zu lassen.
Absoluter Höhepunkt des Konzertes war aber ein Cover, über 1,3 Mio mal bisher bei Youtube aufgerufen und im Original gesungen von Hannes Wader. Den Deutschen Liedermacher mit seiner markanten Stimme zu covern ist gewagt, ähnlich wie Coversongs von Eric Fish geht der Versuch meist nach Hinten los. In dem Fall aber nicht. Das Lied, noch etwas entschleunigt, wurde zum eindringlichen Appell gegen den Irrsinn eines Krieges, noch eindringlicher als die Letzte Instanz am Freitag. Und bei den Zeilen „Und du hast ihnen alles gegeben, Deine Kraft, Deine Jugend, Dein Leben“ kämpfte so mancher im Publikum sichtbar mit den Tränen. Das Lied endete mit der Zeile „Doch finden sich mehr und mehr Menschen bereit. Diesen Krieg zu verhindern es ist an der Zeit“, schade dass dies nicht in Syrien ankam.  Mit „Es ist an der Zeit“ gelang Eric Fish und Friends der bewegendste Moment des Wochenendes. Schade, dass man das „and Friends“ nicht noch etwas mehr gelebt hat und den Überraschungsauftritt eines „Friends“ im Publikum erweitert hat, der einzige Wermutstropfen einer ansonsten sehr gelungenen Vorstellung.

Tanzwut


Wem Eric Fish und Friends zu ruhig war, der kam nun bei Tanzwut voll auf seine Kosten. Die Berliner, die diesmal auf Pyros verzichteten (bzw. verzichten mussten?) heizten den Publikum aber auch ganz ohne Feuer mächtig ein. Nach dem Opener „Brot und Spiele“ und der Frage von Teufel, ob das Publikum Spaß haben will, gab`s selbigen nicht nur beim Song  „Ihr wollt Spaß“. Und das Publikum machte voll mit, das Händemeer bei „Meer“ war gerade von oben besonders beeindruckend. Es war die letzte „alte“ Show in diesem Jahr und das letzte Mal kam zum Song Rückgratreisser selbiger auf die Bühne. Im Oktober geht’s dann mit der neuen Show los und dann wird das beste und erfolgreichste Tanzwut-Album mehr Platz in der Setlist finden, als nur der Titeltrack „Schreib es mit Blut“ der vom Publikum schon begeistert gefeiert wurde und wohl den meisten Applaus erhielt. Auf „Schreib es mit Blut“ befinden sich mehrere echte Perlen, der sehenswerte Schlosshof-Gig war beste Werbung für den Auftritt im Hirsch im Oktober. Tanzwut ließen an diesem Tag übrigens auch enttäuschenden Feuertanz-Auftritt 2015 vergessen und machten es Saltatio Mortis leicht das angeheizte Publikum vollends zu faszinieren.

Saltatio Mortis


Saltatio Mortis und Tanzwut haben eins gemeinsam, gehört die neueste Scheibe doch zum Besten was man bisher veröffentlicht hat. Von einem Zirkusintro begleitet betraten die Musiker der Reihe nach die Bühne, zum Schluss Derwisch und Sprungfloh Alea der Bescheidene, der bei „Wo sind die Clowns“ und „Willkommen in der Weihnachtszeit“ als aufgedrehtes Duracell-Häschen nur so über die Bühne wirbelte und sprang und man sich echt wunderte, wie er noch singen konnte. Doch da kommt ihm wohl seine Kampfsportausbildung zu gute, die den sichtbar durchtrainierten Frontmann die Kraft der 2 Herzen gibt, ohne Doppelherz nehmen zu müssen. Bereits nach 2 Songs mussten die Fotografen ihre Arbeit einstellen (grrrrr), da nun der Pyrotechniker seinen Auftritt hatte und die Songs mit Feueruntermalung optisch natürlich noch besser zur Geltung kamen. Allerdings war das Feuertechnisch kein Vergleich zu In Extremo beim Feuertanz und wirkte etwas einfallslos. Das kann man von SaMo nicht behaupten, die wie von Ihnen gewohnt auch verbal wieder Bonuspunkte einheimsten. Vor allem Lasterbalk der Lästerliche, seines Zeichens Trommler der Band, hört man immer wieder gerne zu. Und dass sich die Band trotz des inzwischen Megaerfolgs bodenständig geblieben ist, konnte man nachhaltig während des ganzen Festivaltages am Merchandise der Band erleben. Was passend zum Song „Früher war alles besser“ auch gleich thematisiert wurde. Schön, dass man auch die sozial und zeitkritischen Songs „Wachstum über alles“ , Wir sind Papst“ und „des Bänkers neue Kleider“ genauso in der Setlist wiederfand, wie Hochzeitstanz, den sich viele Liebende als Hochzeitssong, ob der schönen Melodie wünschen, obwohl der Text dazu aber für jede Hochzeit höchst unpassend ist, was Lasterbalk in der Anmoderation auch spitzbübisch betonte. Viel Freude machte auch die Spielzeit, des Auftritts. Fast 2 Stunden konnten die Schloßhof-Besucher die im Moment vielleicht angesagteste Mittelalterband live erleben. SaMo satt als Abschluss des rundum gelungenen Schloßhoffestivals, was will man mehr.
Wer danach noch immer nicht genug hatte, der konnte ja nochmals den kleinen Markt einen Besuch abstatten und sich an der Feuershow von Silke Stoll und Fabio Espositio erfreuen. Ein Marktbesuch lohnte sich eh in jeder Umbaupause, nicht nur um sich bestens verpflegen zu lassen. Egal ob zur Musik von Tir Nan Og oder Trollfaust oder durch die Gaukler Fabio und Eichi, das Publikum wurde immer bestens unterhalten. Die 2 sind übrigens ein richtig klasse Team und Pflichtprogramm eines Schloßhof-Festivals, das auch 2016 trotz erstmals zwei Tage wie im Fluge verging.







Zu den Bildergalerien 


Tir Nan Og

Faun

Letzte Instanz

Trollfaust

Nachtgeschrei

Metusa

Eric Fish + Friends

Tanzwut

Saltatio Mortis

Fabio, Eichi und Silke Stoll

Impressionen vom Freitag

Impressionen vom Samstag Teil 1

Impressionen vom Samstag Teil 2


























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