Berrogüetto
So
Doppelkonzerte sind immer so eine Sache. Vor allem wenn man sich so
richtig auf die zweite
Band des Tages freut und den Namen der ersten Band noch nie
gehört hat. Man weiß nicht was
einen erwartet hofft aber, dass es anhörbar ist, was die Band
aus Spanien , genauer aus Santiago
de Compostella, zu bieten hat, man vielleicht sogar sehr positiv
überrascht wird. Santiago de
Compostella ist vor allem bekannt durch seine Kathedrale. Die, die auf
der 1 Cent Euromünze
Spaniens abgebildet ist und zusammen mit seiner Altstadt zum UNESCO
Weltkulturerbe erklärt
wurde.Mit knapp unter 100.00 Einwohnern ist sie die Haupstadt
der autonomen
Gemeinschaft Galicien (nicht Galiziens mit
Z) und ist einigen
vielleicht auch durch Hape
Kerkelings Jakobsweg - Pilgerwanderungsbuch "Ich bin dann mal weg"
bekannt. Wer sich jetzt noch
nicht vorstellen kann, wo das ist, der muss sich einfach nur
vorstellen, am oberen Rand Spaniens in
Nachbarschaft zu Frankreich entlangzulaufen bis es irgendwann ziemlich
auf das Ende des
Festlandes zugeht. Dann ist man in Galicien angekommen, wenn man
weiterläuft fällt man dann
irgendwann unweigerlich ins Meer. Somit ist es auch kein Wunder, dass
das Malzhaus 13 Jahre
versuchen musste, die Gewinner des Folkherbst-Wettbewerbes 1998 zu
einem erneuten Auftritt im
Malzhaus zu bewegen, ist die Anreise doch wirklich sehr weit, auch wenn
das Dank Flughafen und
Billigflieger-Flugrouten nicht mehr ganz so kostenintensiv und
zeitraubend ist, wie vor einigen
Jahren. Vielleicht hat die Band wirklich das Erscheinen der neuen CD
"Kosmogonias" dazu bewegt
in Plauen
Promotion in eigener Sache zu machen und dem Bitten nachzukommen, wie
es im
Folkherbst-Programmheft zu lesen ist. Und so gilt für
Berrogüetto im Gegensatz zu Kerkeling für das
Konzert das Motto "wir sind dann mal da". Zum Glück wie man
nach dem Konzert objektiv
feststellen muss. Galicien gehört gemeinsam mit den Iren, den Schotten
und den Bretonen zu den
keltischen Nationen, kein Wunder also dass die Musik keltische und
spanische Einflüsse vereint.
Und so fühlt man sich ein klein bißchen an das
Festival Mediaval und Alan Stivell zurückerinnert, der
ebenfalls
mit einer Gaita mehrere Lieder spielte. Auch bei Berrogüetto
ist die Gaita, eine Variante
des Dudelsacks ein ganz wichtiges Instrument, bisweilen kommen sogar 2
davon zum Einsatz.
Doch trotzdem ist es keine dominierende Dudelsackmusik, die man zu
hören bekommt, sondern
fügt sich Dank weiterer Instrumente wie Gitarre, Akkordeon,
Drehleiher, Geige, Keyboard und
Schlagwerk homogen in das Klangbild ein, das instrumental
geprägt ist und schon nach wenigen
Klängen ein Kopfkino beim Zuhörer auslöst.
Das erste Instrumental gehört und schon ergreift einen
Fernweh, man kann machen was man will, es packt einen eine Sehnsucht
nach Sonne , Urlaub und
Meer, die einen eigentlich bis zum Ende des Konzertes nicht mehr
loslassen will. Auch der Gesang
von Xabier Diaz (ich hoffe, der Name stimmt) fügt sich da
nahtlos ins Gesamtbild ein, den die 7
Musiker da auf die Bühne zaubern. Sichtbare Freude bereitet er
den andächtig lauschenden
Zuhörern und die für die Band perfekte Location der
Galeriebühne tut ein übriges. Es ist wirklich
keine Übertreibung, wenn man Berrogüetto als
außergewöhnliches Konzerterlebnis
angekündigt
hat. Man hat nicht zuviel versprochen und die wohltuend bescheidenen
Musiker genießen sichtbar
den Applaus, der von Lied zu Lied stärker wird, bis man sie
eigentlich gar nicht mehr von der Bühne
lassen will.
Und
so müssen sie dann auch 2 Zugaben geben, was die
spielfreudigen Musiker, die auch schon
gern einmal Instrumente tauschen auch gerne tun. Und im Mittelpunkt des
Ganzen steht Diaz und
begleitet viele Lieder mit seinem ureigenen Ausdruckstanz. Es machte
wirklich Spaß die Galicier
live im Malzhaus zu erleben und so waren sich am Ende Publikum und Band
auch einig, hoffentlich
nicht zum letzten mal.
Vielleicht
dann auch wieder mit Sängerin, denn eigentlich gehört
die zur Besetzung Berrogüettos
dazu, auch wenn das gar nicht mal so aufgefallen ist, dass jemand
fehlt. Sicher auch, weil ein Teil
der Songs völlig ohne Gesang auskommt und Diaz ein
vorzüglicher Sänger ist.
Und
vielen Dank für die Fotoerlaubnis.
Riserva Moac (1.Wertungskonzert)
Das
2. Konzert fand im Keller des Malzhauses statt, der mit Lampions und
Lichterketten ebenfalls
eine stimmungsvolle Location abgab
Das Konzert von Riserva Moac stand dann aber im krassen Gegensatz zu
den ruhigen und
getragenen
Klängen von Berrogüetto. Laut, heftig laut sogar um
nicht zu sagen zu laut,
schnell , mitreissend, feurig und voller Action
ist das, was die Italiener
auf
die Malzhaus-Kellerbühne bringen. Das geht schon beim
ersten Lied
los,
einem Instrumental das auf jeden Mittelalterfestival begeistert
aufgenommen werden
würde und mich erst einmal ziemlich überraschte.
Hatte ich die Band damals beim Bardentreffen
nicht
so mittelalterlich in Erinnerung. Und ich vermisste ihre
großartige Ausnahmesängerin und
Stimmungskanone Mariangela Pavone (Maya) auf
der Bühne.
Riserva Moac ohne Sängerin. wie sollte das gehen?
Lang gings nicht, schon beim
zweiten Lied erschien sie dann auch, allerdings leider nicht die schon
erwähnte Dame vom
Bardentreffen. Die war nämlich
schwanger und hat vor kurzen ein Baby zur Welt gebracht.
Musikmachen
und touren mit der Band sind somit nicht
möglich. Und so hat man nun schon länger
einen
Ersatz gefunden. Keinen schlechten, aber an Maya kommt sie
definitiv
nicht heran. Sie hatte es aber auch schwer schien sie gesundheitlich
doch etwas
angeschlagen. Und so trägt
Russo auch die stimmliche Hauptlast, beim
Bardentreffen
war das noch etwas anders gewesen, wo gerade der furiose
Wechselgesang mitriss. Riserva Moac sind
schon eine lustige Band
Da
gibt es neben dem charismatischen Sänger und der
Sängerin einen nicht weniger
charismatischen
Akkordeonspieler, der auch wegen seinem Outfit ein echter Hingucker
ist.
Ebenfalls
sehr auffällig agiert auch der Bassspieler zusammen mit dem
Trommler Roberto
Napoletano
ein belebendes Element der Band. Dann gibt es die zweite
Gruppe,
das sind die Gitarristen Gianni Nardacchione die ziemlich
schüchtern bzw sehr ruhig auf der
Bühne stehen und ihres zum Klangbild beitragen, ohne aber
besonders aufzufallen. Und dann gibt
es
diesen Saxophonisten der irgendwie so gar nicht ins Bild passen will.
Still steht er da in seiner
Ecke,
es fehlt nur die Aktentasche und er könnte als
Versicherungsvertreter durchgehen.
ein Eindruck den das Bühnenoutfit zusätzlich
unterstützt. Doch gerade er ist für den
Sound
existenziell wichtig. Und der ist so vielschichtig, dass man sich
schwer tut
ihn
zu beschreiben. Pop, Folk, Rock, Weltmusikalische Einflüsse,
Mittelalterrock, italienischer
Schlager im Rockgewand usw. Man könnte viele Begriffe
dafür finden. Die Hauptsache bei der
Musik von Riserva Moac ist, es fetzt und sorgt für
gute Stimmung, dann taugt es und wird
gespielt.
Eigene Songs genauso wie die eine oder andere Coverversion, immer so,
dass
man sich den Song zu eigen macht und ihn im Riversa Moac Sound
präsentiert, als wäre es
ein
eigener, also schnell, fetzig, stimmungsvoll und leidenschaftlich
italienisch.
Riserva
Moac waren am Samstag die ersten, die sich mit ihrem Wertungskonzert um
den einzigen
europäischen
Folkmusikpreis, den "Eisernen Eversteiner" bewarben. Neun weitere
werden folgen
bis Ende Januar 2012 der Sieger feststeht. Und
Riserva Moac sind ein heißer
Siegertip.
Das wurde beim Konzert überdeutlich. Es wäre nicht
der erste Preis, wurde man bereits
2004 mit dem "Trophee Dagan Celtic Cider" als beste
europäische Band beim bretonischen
Festival "Interceltique de Lorient" ausgezeichnet.
Mit
ihrem "Party-Folk-Rock-Mix" haben sie den Nerv des Publikums voll
getroffen, die danach
munter Stimmzettel ausfüllten,
mit (was ich so mitbekommen habe)
sehr
guten Bewertungen. Wobei es ja schon ein Erfolg ist, überhaupt
im Rahmen des
Folkherbstes auftreten zu dürfen, hatten sich in diesem Jahr
doch ca. 100 Bands dafür beworben.
Und
ich hoffe wirklich sehr, dass sie den Preis gewinnen, denn dann kann
man sie wenigstens
Anfang 2012 im Malzhaus bei der Preisverleihung gleich wieder live
erleben und alle
die nicht dabei waren haben dann Gelegenheit, die tolle Band aus dem
8000 Einwohner zählenden
Appenninen-Städtchen Bojano in der Mitte des italienischen
Stiefels gelegen, zu erleben. Und dann
(ohne
der Sängerin jetzt nahe treten zu wollen die ihre Sache
wirklich gut gemacht hat), mit
Ausnahmesängerin
und Wirbelwind Maya. Alle Bewegungsmuffel
und Coachpotatos
sollten dann aber zu Hause bleiben, denn Riserva Moac steht
für italienische Leidenschaft und
Temperament
und Party pur und die gilt es zu feiern. Und so ist etwas Bewegung und
Zappeln nicht
nur Pflicht, sondern geschieht dank der Musik schon sehr schnell ganz
automatisch. Es sei denn
die
magischen Augen von Fabrizio Russo verzaubern die Damenwelt so, wie
Samstag im
Malzhaus.
Mir ist es ja noch nie passiert, dass bei einem Foto gleich drei
Frauen auf mich gestürzt sind um zu
prüfen, ob ich die tollen Augen auch gut draufbekommen habe.
Meine
eigene übrigens auch. Ich hoffe mal es hat geklappt. Und falls
nicht, dann gibt es 2012
vielleicht eine erneute Chance. Riserva Moac haben auf alle
Fälle alles dafür getan um als Sieger
den
begehrten Preis abzuräumen. Nur etwas leiser hätte
der Sound
schon
sein können. Das war wie der Engländer sagt "A little
too much".
Vielen Dank für die Fotoerlaubnis,
und nun noch einige Bilder zum anschauen
wen hab ich denn da erwischt?