20. Folkherbst Malzhaus Plauen
      "Auge um Auge - und die ganze Welt wird blind sein"
Mahatma Gandhi




Berrogüetto


So Doppelkonzerte sind immer so eine Sache. Vor allem wenn man sich so richtig auf die zweite

Band des Tages freut und den Namen der ersten Band noch nie gehört hat. Man weiß nicht was

einen erwartet hofft aber, dass es anhörbar ist, was die Band aus Spanien , genauer aus Santiago

de Compostella, zu bieten hat, man vielleicht sogar sehr positiv überrascht wird. Santiago de

Compostella ist vor allem bekannt durch seine Kathedrale. Die, die auf der 1 Cent Euromünze

Spaniens abgebildet ist und zusammen mit seiner Altstadt zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt

wurde.Mit knapp unter 100.00 Einwohnern ist sie die Haupstadt der  autonomen

  Gemeinschaft Galicien (nicht Galiziens mit Z) und ist einigen vielleicht auch durch Hape

Kerkelings Jakobsweg - Pilgerwanderungsbuch "Ich bin dann mal weg" bekannt. Wer sich jetzt noch

nicht vorstellen kann, wo das ist, der muss sich einfach nur vorstellen, am oberen Rand Spaniens in

Nachbarschaft zu Frankreich entlangzulaufen bis es irgendwann ziemlich auf das Ende des

Festlandes zugeht. Dann ist man in Galicien angekommen, wenn man weiterläuft fällt man dann

irgendwann unweigerlich ins Meer. Somit ist es auch kein Wunder, dass das Malzhaus 13 Jahre

versuchen musste, die Gewinner des Folkherbst-Wettbewerbes 1998 zu einem erneuten Auftritt im

Malzhaus zu bewegen, ist die Anreise doch wirklich sehr weit, auch wenn das Dank Flughafen und

Billigflieger-Flugrouten nicht mehr ganz so kostenintensiv und zeitraubend ist, wie vor einigen

Jahren. Vielleicht hat die Band wirklich das Erscheinen der neuen CD "Kosmogonias" dazu bewegt

in Plauen Promotion in eigener Sache zu machen und dem Bitten nachzukommen, wie es im

Folkherbst-Programmheft zu lesen ist. Und so gilt für Berrogüetto im Gegensatz zu Kerkeling für das

Konzert das Motto "wir sind dann mal da". Zum Glück wie man nach dem Konzert objektiv

feststellen muss. Galicien gehört gemeinsam mit den Iren, den Schotten und den Bretonen zu den

keltischen Nationen, kein Wunder also dass die Musik keltische und spanische Einflüsse vereint.

Und so fühlt man sich ein klein bißchen an das Festival Mediaval und Alan Stivell zurückerinnert, der

ebenfalls mit einer Gaita mehrere Lieder spielte. Auch bei Berrogüetto ist die Gaita, eine Variante

des Dudelsacks ein ganz wichtiges Instrument, bisweilen kommen sogar 2 davon zum Einsatz.

Doch trotzdem ist es keine dominierende Dudelsackmusik, die man zu hören bekommt, sondern

fügt sich Dank weiterer Instrumente wie Gitarre, Akkordeon, Drehleiher, Geige, Keyboard und

Schlagwerk homogen in das Klangbild ein, das instrumental geprägt ist und schon nach wenigen

Klängen ein Kopfkino beim Zuhörer auslöst. Das erste Instrumental gehört und schon ergreift einen

Fernweh, man kann machen was man will, es packt einen eine Sehnsucht nach Sonne , Urlaub und

Meer, die einen eigentlich bis zum Ende des Konzertes nicht mehr loslassen will. Auch der Gesang

von Xabier Diaz (ich hoffe, der Name stimmt) fügt sich da nahtlos ins Gesamtbild ein, den die 7

Musiker da auf die Bühne zaubern. Sichtbare Freude bereitet er den andächtig lauschenden

Zuhörern und die für die Band perfekte Location der Galeriebühne tut ein übriges. Es ist wirklich

keine Übertreibung, wenn man Berrogüetto als außergewöhnliches Konzerterlebnis angekündigt

hat. Man hat nicht zuviel versprochen und die wohltuend bescheidenen Musiker genießen sichtbar

den Applaus, der von Lied zu Lied stärker wird, bis man sie eigentlich gar nicht mehr von der Bühne

lassen will. 

Und so müssen sie dann auch 2 Zugaben geben, was die spielfreudigen Musiker, die auch schon

gern einmal Instrumente tauschen auch gerne tun. Und im Mittelpunkt des Ganzen steht Diaz und

begleitet viele Lieder mit seinem ureigenen Ausdruckstanz. Es machte wirklich Spaß die Galicier

live im Malzhaus zu erleben und so waren sich am Ende Publikum und Band auch einig, hoffentlich

nicht zum letzten mal.

Vielleicht dann auch wieder mit Sängerin, denn eigentlich gehört die zur Besetzung Berrogüettos

dazu, auch wenn das gar nicht mal so aufgefallen ist, dass jemand fehlt. Sicher auch, weil ein Teil

der Songs völlig ohne Gesang auskommt und Diaz ein vorzüglicher Sänger ist.

Und vielen Dank für die Fotoerlaubnis.

Riserva Moac (1.Wertungskonzert)



Das 2. Konzert fand im Keller des Malzhauses statt, der mit Lampions und Lichterketten ebenfalls

eine stimmungsvolle Location abgab

Das Konzert von Riserva Moac stand dann aber im krassen Gegensatz zu den ruhigen und

 getragenen Klängen von Berrogüetto. Laut, heftig laut sogar um nicht zu sagen zu laut,

schnell , mitreissend, feurig  und voller Action ist das,  was die Italiener


 auf die Malzhaus-Kellerbühne bringen. Das geht schon beim ersten Lied

 los, einem Instrumental das auf jeden Mittelalterfestival begeistert aufgenommen werden

würde und mich erst einmal ziemlich überraschte. Hatte ich die Band damals beim Bardentreffen 

nicht so mittelalterlich in Erinnerung. Und ich vermisste ihre großartige Ausnahmesängerin und

Stimmungskanone Mariangela Pavone (Maya) auf der Bühne.

 Riserva Moac ohne Sängerin. wie sollte das gehen? Lang gings nicht, schon beim

zweiten Lied erschien sie dann auch, allerdings leider nicht die schon erwähnte Dame vom

Bardentreffen. Die war  nämlich schwanger und hat vor kurzen ein Baby zur Welt gebracht.

 Musikmachen und touren mit der Band sind somit  nicht möglich. Und so hat man nun schon länger

 einen Ersatz gefunden. Keinen schlechten, aber an Maya kommt sie

definitiv nicht heran. Sie hatte es aber auch schwer schien sie gesundheitlich doch etwas

angeschlagen. Und so  trägt Russo auch die stimmliche Hauptlast, beim


 Bardentreffen war das noch etwas anders gewesen, wo gerade der furiose

Wechselgesang mitriss. Riserva Moac sind schon eine lustige Band

 Da gibt es neben dem charismatischen Sänger und der Sängerin einen nicht weniger


charismatischen Akkordeonspieler, der auch wegen seinem Outfit ein echter Hingucker ist. 

Ebenfalls sehr auffällig agiert auch der Bassspieler zusammen mit dem Trommler Roberto

Napoletano ein belebendes Element der Band. Dann gibt es die zweite Gruppe, 

das sind die Gitarristen Gianni Nardacchione die ziemlich schüchtern bzw sehr ruhig auf der

Bühne stehen und ihres zum Klangbild beitragen, ohne aber besonders aufzufallen. Und dann gibt 

es diesen Saxophonisten der irgendwie so gar nicht ins Bild passen will. Still steht er da in seiner

Ecke, es fehlt nur die Aktentasche und er könnte als  Versicherungsvertreter durchgehen.

ein Eindruck den das Bühnenoutfit zusätzlich unterstützt. Doch gerade er ist für den

 Sound existenziell wichtig. Und der ist so vielschichtig, dass man sich schwer tut


 ihn zu beschreiben. Pop, Folk, Rock, Weltmusikalische Einflüsse, Mittelalterrock, italienischer

Schlager im Rockgewand usw. Man könnte viele Begriffe dafür finden. Die Hauptsache bei der

Musik von Riserva Moac ist, es fetzt und sorgt für gute Stimmung, dann taugt es und wird


 gespielt. Eigene Songs genauso wie die eine oder andere Coverversion, immer so, dass

man sich den Song zu eigen macht und ihn im Riversa Moac Sound präsentiert, als wäre es

ein eigener, also schnell, fetzig, stimmungsvoll und leidenschaftlich italienisch.

Riserva Moac waren am Samstag die ersten, die sich mit ihrem Wertungskonzert um den einzigen 

europäischen Folkmusikpreis, den "Eisernen Eversteiner" bewarben. Neun weitere werden folgen

bis Ende Januar 2012 der Sieger  feststeht. Und Riserva Moac sind ein heißer

 Siegertip. Das wurde beim Konzert überdeutlich. Es wäre nicht der erste Preis, wurde man bereits

2004 mit dem "Trophee Dagan Celtic Cider" als beste europäische Band beim bretonischen

Festival "Interceltique de Lorient" ausgezeichnet.

Mit ihrem "Party-Folk-Rock-Mix" haben sie den Nerv des Publikums voll getroffen, die danach

munter Stimmzettel  ausfüllten, mit (was ich so mitbekommen habe)

 sehr guten Bewertungen. Wobei es ja schon ein Erfolg ist, überhaupt im Rahmen des

Folkherbstes auftreten zu dürfen, hatten sich in diesem Jahr doch ca. 100 Bands dafür beworben. 

Und ich hoffe wirklich sehr, dass sie den Preis gewinnen, denn dann kann man sie wenigstens

Anfang 2012 im Malzhaus bei der Preisverleihung gleich wieder live erleben und alle

die nicht dabei waren haben dann Gelegenheit, die tolle Band aus dem 8000 Einwohner zählenden

Appenninen-Städtchen Bojano in der Mitte des italienischen Stiefels gelegen, zu erleben. Und dann 

(ohne der Sängerin jetzt nahe treten zu wollen die ihre Sache wirklich gut gemacht hat), mit

Ausnahmesängerin und Wirbelwind Maya. Alle  Bewegungsmuffel und Coachpotatos

sollten dann aber zu Hause bleiben, denn Riserva Moac steht für italienische Leidenschaft und


Temperament und Party pur und die gilt es zu feiern. Und so ist etwas Bewegung und Zappeln nicht

nur Pflicht, sondern geschieht dank der Musik schon sehr schnell ganz automatisch. Es sei denn

die magischen Augen von Fabrizio Russo verzaubern die Damenwelt so, wie Samstag im

Malzhaus. Mir ist es ja noch nie passiert, dass bei einem Foto gleich drei

 Frauen auf mich gestürzt sind um zu prüfen, ob ich die tollen Augen auch gut draufbekommen habe.

Meine eigene übrigens auch. Ich hoffe mal es hat geklappt. Und falls nicht, dann gibt es 2012

vielleicht eine erneute Chance. Riserva Moac haben auf alle Fälle alles dafür getan um als Sieger

den begehrten Preis abzuräumen. Nur etwas leiser hätte der Sound

schon sein können. Das war wie der Engländer sagt "A little too much".

Vielen Dank für die Fotoerlaubnis, und nun noch einige Bilder zum anschauen


wen hab ich denn da erwischt?