Als wahrlich
gelungene Veranstaltung mit Verbesserungsbedarf an 2 Stellen erwies sich das
zweite Autumn Moon in der Rattenfängerstadt Hameln. Und wie sich das für ein
aufstrebendes Festival gehört, wurde im Vergleich zur ersten Ausgabe das
Festival weiter aufgewertet. Auffallendste Neuerung war eine neue Spielstätte,
wobei sich die geniale Kneipe Papa Hemingway, als Konzertlocation nur bedingt
geeignet erwies. Vor allem dann, wenn man Bands wie The Dolmen, Ignis Fatuu
oder Spielbann im Papa Hemingway auftreten lässt. So mussten doch einige
aufgrund von Überfüllung wieder gehen und sicher mehr als die Hälfte der
anwesenden Besucher, hatte wegen der beengten Location keine Chance die Musiker
überhaupt einmal zu Gesicht zu bekommen. Hinzu kommt eine unterirdisch
schlechte Bühnenausleuchtung. Aber gerade was die Bühnenausleuchtung betrifft
war das Autumn Moon alles andere als ein Highlight. Das ist umso bedauerlicher,
wenn man weiß wieviel Lichttechnik positiv zu einem Auftritt beitragen kann.
Zwar war die Rattenfängerhalle noch am besten ausgeleuchtet, aber auch hier
gibt es sicher Verbesserungsbedarf. Von der Sumpfblume, eigentlich eine richtig
tolle Konzertlocation ganz zu schweigen.
Die
Gleichung Gothic = finstere Gestalten = fast kein Licht auf der Bühne sonst
erschrecken die schwarzen Seelen ist auf alle Fälle quatsch. Konzertbesucher
haben ein Recht darauf die Musiker auch zu sehen und nicht nur ein schwarzes
Etwas auf schwarzen Grund. 2 Stellschrauben an denen man unbedingt arbeiten
muss, schließlich will man dem Besucher ein Wohlfühlfestival bieten.
Großartig
dafür wieder der schön gestaltete Mystic Halloween Market, der auch von
Nicht-Konzertbesuchern besucht werden kann und mit reichlich Programm immer
wieder einen Besuch wert war. Nicht nur der vielen Leckereien wegen, auch
die Händler und Handwerker, die Kleinkunst, die Walking Acts, Feuershows,
Theater, die Bands, die schöne Abendstimmung sind gute Gründe gewesen.
Es war
ständig etwas geboten, im speziellen auch am Sonntag. Soviel, dass auch ein
dritter Tag Autumn Moon keine Langeweile aufkommen ließ, auch ohne die Konzerte
in den Konzertsälen, die am Sonntag nicht mehr bespielt wurden.
Man merkte
allerorten, dass das Autumn Moon Festival eine Herzensangelegenheit ist,
angefangen bei den ganz vielen auffallend gut gelaunten und freundlichen Helfern,
über die großartige Security bis zu den Machern. Und wie schon bei der ersten
Ausgabe gab es ein breit gefächertes Musikprogramm mit Ausnahmekünstlern wie
z.B. TÜSN, allerdings auch mit einem unfassbaren musikalischen Flop.
Xandria
Los ging
Ausgabe Nummer 2 mit Xandria, eine Band die mit der Besetzung früherer Tage
fast nichts mehr zu tun hat. Geblieben ist neben dem Gitarristen und
Bandgründer die Liebe zum Symphonic Metal und auch 2016 sind Xandria ein
hervorragender Vertreter dieser Gattung, gerade die CDs kann man bedenkenlos
kaufen, man wird nie enttäuscht. Live war es an diesem Tag so eine Sache, wirklich
überzeugen konnte Xandria nicht. Vielleicht lag es auch an den frühen
Auftrittsbeginn oder an einer sich stetig füllenden Halle und dem einen oder
anderen Konzertbesucher, der wegen der Einlasswartezeit von bis zu 40 Minuten
die Band fast ganz verpasst hatte und somit entsprechend geladen war, aber so
wirklich Stimmung wollte nicht aufkommen. Vielleicht hat aber auch der eine
oder andere die letzte Sängerin Manuela Kraller vermisst, die Fußstapfen, die
sie Dianne van Giersbergen hinterlassen hat, sind jedenfalls nicht die
kleinsten.
Ingrimm
Die
Regensburger Band Ingrimm hatte es mit ihrem Mittelalter Metal im beengten Papa
Hemingway nicht schwer das Publikum auf sofortige Betriebstemperatur und zum Tanzen
und feiern zu bewegen. Die machten sofort und bereitwillig mit. Aber so
wirklich überzeugend war das an diesem Tag nicht, was die Band ablieferte.
Sicher der Hauptgrund, dass Bine an der Violine nicht dabei war. Wo zum Henker,
war sie nur? Und Ingrimm ohne Violine machen einfach deutlich weniger Spaß.
Vogelfrey
All jene,
die Vogelfrey schon länger nicht gesehen hatten, werden sich gefreut haben, wie
die Band sich musikalisch weiterentwickelt hat. Sowohl optisch (gerade zu Beginn),
als auch musikalisch sind die Mittelalter-Folk-Rocker aus Hamburg auf einen
echt guten Weg. So ist aus den Hamburger „Local Heroes“-Bandgewinnern im
Jahre 2003 inzwischen eine höchst sehens- und hörenswerte Band geworden, die
Dank charismatischem Sänger und einer ganz tollen Cellistin als
Aushängeschilder jedes Festival bereichert. Auch das Autumn Moon, wo sich das
Publikum sehr schnell zum Tanzen und mitfeiern animieren lies.
Visions of
Atlantis
Kaum eine
Symphonic Metal Band hat eine so wechselvolle Bandgeschichte hinter sich,
allein 6 Leute finden sich auf der Liste der ehemaligen Sänger/innen seit dem
Jahr 2000, der Gründung der Band. Gut das man inzwischen die Französin
Clementine Delauney gefunden hat, die extrem schlanke und großgewachsene
Französin ist ein Glücksgriff für Visions of Atlantis. Und so wird aus einer
ehemals totgesagten Band ein quicklebendiger Haufen, der sich an diesem Tag
nachhaltig in die Ohren der Symphonic und Power Metal Fans singen konnte.
Totgesagte leben ja bekanntlich länger, „Old Routes-New Waters“ das
EP-Lebenszeichen im Jahre 2016 war schon mal ein ganz starker Herzschlag, der
genauso wie der gelungene Auftritt große Lust auf eine neue CD der Österreicher
und weitere Live-Konzerte macht.
Eisfabrik
Allerorten wird
über die Erderwärmung diskutiert, davon grenzt sich das Kunstprojekt Eisfabrik
doch deutlich ab. Kälte ist ihr Ding und so schaffen sie es auch, aufgrund
Optik und „Schneemaschine“ so etwas wie Winterstimmung in die Rattenfängerhalle
zu zaubern. Warm ums Herz wird einem also nicht gerade wenn Dr. Schnee, Der
Frost und Celsius ihren unterkühlten Dark Elektro- Futurepop Mix der
eingängigeren Art vom Stapel lassen. Man merkt der Band, auch wenn die Auftrittszeit
relativ kurz bemessen war, an, dass man ein überzeugendes künstlerisches
Gesamtkonzept verfolgt und man es großartig versteht, neben der Musik auch die Songs
visuell höchst unterhaltsam zu präsentieren, sehr zur Begeisterung der
Besucher. Das haben Eisfabrik mit einem auf die Bühne stürmenden Eisbären und
dem blinkenden Roboter, der massive Probleme hat, sich zu bewegen wahrlich
drauf. „When Winter comes“ sangen sie, schöner und sehenswerter kann man das
Publikum gar nicht darauf einstimmen. Das zeigte sich nach dem Auftritt auch
sichtlich angetan und nicht wenige werden sich auf die erste Headliner-Tour der
sehenswerten Band freuen, die passend als „Nichtsommertour“ im Januar 2017
startet.
TÜSN
Er war die absolute
Entdeckung des Autumn Moon 2015, Sänger Snöt und seine Band. Man nehme einen
Bassspieler, einen Synthesizer und in der Show noch viel hörenswerter, ein
Klavier, und ein Schlagzeug, und mit Hilfe eines absoluten Ausnahmetalents
entsteht ein ganz eigener Sound voller Pathos und Unverwechselbarkeit.
Unverkennbar TÜSN muss man immer wieder feststellen und das allein ist schon
Kompliment genug. Hinzu kommt eine Bühnenshow mit einer ganz eigenen Lichtgestaltung
(Musiker im Gegenlicht), soweit man das beim Autumn Moon aufgrund der schon
erwähnten Lichtproblematik wirklich beurteilen kann. Ein gewisser Hang zu
Inszenierung, Ästhetik und Düsternis ist offensichtlich und keiner kann so
schön leiden an diesem Tag, wie Snöt. „Schuld“, ihr erstes Album ist in diesem
Jahr erschienen, trotzdem wünscht man sich schon jetzt den Nachfolger der
Wahlberliner um den Mann mit der Krone, so schön und hörenswert ist die Musik.
Man ordnet
die Band ja gerne dem Elektropunk und Indie-Rock Genre zu, eigentlich ist das
Pop auf höchstem Niveau. Und Schuld trifft nur all jene, die TÜSN verpasst
haben, sondern auch die Macher des Autumn Moon, wenn sie TÜSN nicht als
Dauergast auch 2017 im Line Up haben.
Ost+Front
Hermann
Ostfront, wie sich der ehemalige Corvus Corax und Schelmish Musiker
inzwischen bei Ost und Front nennt, polarisiert. Das wird sich bei seinem
Projekt Ost + Front sicher nie ändern. Aber egal, ob man nun ein Fan der Neuen
Deutschen Härte ist oder nicht, ob man die Nähe zu Rammstein gut oder schlecht
findet, die übrigens am Anfang von Ost+Front deutlich größer war, oder die Show
zu blutig empfindet, der Mann hat einfach ein unglaubliches Händchen für die
Melodie. Das wird beim Konzert in Hameln wieder offensichtlich. Der ganze
Auftritt wirkt wie eine Best of Hitsammlung und das im wirklich positivsten Sinne.
Zweifellos ist der Band ein gewisses Provokationspotential zu attestieren,
aber auch ein Talent die Besucher bestens zu unterhalten, nicht zu vergessen
der Hang zum schwarzen Humor. Da man sich in den Texten auch gerne mit den
Abgründen menschlichen Verhaltens beschäftigt, und gesellschaftskritische
Ansätze nicht außen vorlässt, bietet die Band natürlich auch hier ein gewisses
Angriffspotential. So ernst darf man das, was Ost + Front auf der Bühne
präsentiert wahrlich nicht nehmen. Und all den Nörglern und Kritikern zum
Trotz, Ost+Front sind mit einer Show, die wie ein langer Videoclip wirkt,
sehens- und hörenswert.
Lolita
KompleX
Als Lolita
Komplex bezeichnet man ja ein starkes erotisches Verlangen von älteren Männern
zu Mädchen oder jungen Frauen. Kein Wunder, wenn der eine oder andere reifere
Herr im Publikum beim Betrachten der Band „Lolita Komplex“ ähnliche Gefühle für
die im Lolita Look gekleidete Sängerin Nana entwickelte, die optisch mit ihrem
großartigen Bühnenoutfit ein absoluter Hingucker ist. Da sie außerdem auch noch
extrem sympathisch rüberkam, Ausstrahlung und Stimme ebenfalls auffallend gut
ausgeprägt sind, ist die Frau der Band der zentrale „Marionettenkaiser“, wie
sie in einem Interview mal so schön von sich gesagt hat, um die sich alles
dreht. Würde man die Band aber nur auf sie reduzieren, würde man den
Mitmusikern ganz schön unrecht tun. Gesellschaftskritisch, provokant, trashig,
durchgeknallt, man würde viele Worte finden, die den Auftritt der Österreicher
teilweise beschreiben. Aber nur teilweise. Man muss das Gesamtpaket Lolita
Komplex selbst erleben, im rappelvollen Papa Hemingway machte das besonderen
Spaß. Denn da die Musiker sich deutlich beengt vorkamen und ein unbändiger
Bewegungsdrang vorhanden ist, löste sich irgendwann die übliche Konzertordnung
einfach auf, Besucher standen auf der Bühne, die Musiker mitten im Publikum.
Welch ein Spaß, welch skurrile Show, welch ein Zirkus- Konfetti (Insider für
alle die dabei waren). Und welch geiles t.A.T.u Cover, eine bessere Band wie
die Russinnen und dem Song „All the Things she said“ hätte man zum Covern
aber auch nicht finden können. Übrigens wem Dushi an der Gitarre bekannt
vorkam, der war an diesem Tag auch bei Vision of Atlantis im Einsatz.
Das Ich
Legenden
sind entweder tot oder wie im Falle von „Das Ich“ quicklebendig. Und so ganz
nebenbei die, was den Publikumszuspruch betrifft, wohl absoluten Headliner des
Wochenendes. Denn so viele Menschen wie „Das Ich“ konnte sonst keine Band in
die Rattenfängerhalle locken. Das ist umso überraschender, weil das
Musikprojekt von Sänger Stefan Ackermann und Bruno Kramm nicht in die Schublade
leichte Kost eingeordnet werden kann. Ausgerechnet im beschaulichen Bayreuth in
Oberfranken wurde die Band 1989 gegründet und zählte schon bald zum wichtigsten
Vertreter der „Neuen Deutschen Todeskunst“, wie man in Wikipedia nachlesen
kann, die die Geschichte der Band bis heute sehr schön nachzeichnet.
Am
erfreulichsten am Auftritt von „Das Ich“ war, dass Stefan Ackermann, seine
schwere Hirnblutung zum Glück völlig überstanden hat und ganz der alte,
faszinierend wie eh und je performt und die „Das Ich“ Setlist mit einem großen
Hauch Wahnsinn ins Publikum bellt. Kramm und Ackermann, die die Schwarze Szene
bis heute entscheidend mitgeprägt haben sind so lebendig wie man nur sein kann
und überzeugten das Hamelner Publikum, die vom energiegeladenen Auftritt zwischen
Wahn und Wahnsinn sehr angetan waren.
Folk Noir
Oliver S
Tyr, Livy Pear, Stephan Groth und Schlagzeuger Alex Schulz sind Folk Noir.
Sprich das Quartett hat zwei Faun Musiker in seinen Reihen und das erweist sich
als echtes Problem. Denn die 2 sind mit Faun oft genug inzwischen fast weltweit
unterwegs, so dass Folk Noir relativ bescheiden nebenherläuft und Auftritte
dünn und rar gesät sind. Das ist aus Sicht von Oli und Stephan absolut
verständlich, aus Sicht des Publikums aber eigentlich ein Verbrechen. Bis heute
gibt es keine richtige CD mit Livy Pear als neue Stimme, obwohl man großartige
Songs in Massen hat, die man aufnehmen könnte. Zumindest das Publikum beim
Autumn Moon hatte das Glück, einen der raren Auftritte miterleben zu dürfen und
ohne große Vorbereitung (sorry das sollte man eigentlich nicht verraten) legten
die 4 einen Auftritt hin der lange im Gedächtnis bleibt und vor allem und das
ist mangels Möglichkeiten eigentlich schlimm, Lust auf mehr (möglichst bald)
macht. Eine optisch völlig veränderte Livy bewies auch diesmal, welch
Glücksgriff sie nach ihrer schon extrem großartigen Vorgängerin für die Band
ist. Seitdem hat sich der Sound zwar etwas verändert, ist aber nun anders
genauso faszinierend und betörend. Folk Noir zelebrieren einen dunklen, etwas
düsteren Folksound, der das Publikum trotzdem strahlen lässt. Mal ruhig,
geradezu fragil, dann wieder laut, kraftvoll und dynamisch und unglaublich
eigenständig präsentiert sich die Band. Wer braucht schon E-Gitarren, wenn man
Stephan Groth an der Drehleier hat, der dem Instrument Töne entlockte, auf die
jeder Gitarrist neidisch wäre.
Chapeu, Folk
Noir.
Moonspell
Aufgrund des
30 Minuten späteren Konzertbeginns von The Dolmen ist eine vernünftige
Beurteilung des Auftritts der Portugiesen für mich leider nicht möglich.
The Dolmen
The Dolmen
aus Dorset in England haben so einige Besonderheiten zu bieten. Personell zum
Beispiel. Wie Chris Jones, Schlagzeuger und absoluter Motor der Band. Als
einer der besten Schlagzeuger Englands wegen einer hartnäckigen
Schulterverletzung länger ausfiel, war die Band mit Ersatz unterwegs, z.B. beim
Festival Mediaval 2015. Immer noch großartig, aber trotzdem kein Vergleich zu
einem Auftritt mit ihm.
Oder
Kayleight Marchant, die wohl hübscheste Bassfrau Englands, die darüber hinaus
auch noch großartig singen kann. Wie den Dolmen Hit „Dead Cats don`t Meow“, den
es an diesen Abend leider nicht zu hören gab, er fiel schlichtweg der kurzen
Spielzeit zum Opfer.
Oder wie
Taloch Jameson, Bandchef und Energiebündel, der mit einer Leidenschaft zu Werke
geht wie man es selten sieht. Das gilt aber eigentlich für die ganze Band. Egal
ob große Venue oder wie an diesem Abend eine Minibühne, The Dolmen Auftritte
sind immer etwas ganz Besonderes. Man spielt sich geradezu die Seele aus
dem Leib. Und hat dabei so unglaublich Spaß an dem was man tut. Das kann schon
einmal so weit gehen, wie an diesem Abend, als Anja Novotny vor Lachen nicht
mehr weiterspielen konnte. Anstecken von so viel Spielfreude und Lust zu
musizieren lässt sich davon eigentlich jeder, es sei denn derjenige ist
momentan extrem schlecht drauf. Und selbst da bleibt zu vermuten, packt der
Dolmen-Virus positiv an.
Es gibt wohl
auch keine Band, bei der von Gig zu Gig, selbst trotz eventueller gleicher
Songs alles anders ist. Denn die begnadete Liveband neigt gerne dazu, zu
improvisieren. Dazu bedarf es ausgezeichneter Musiker, die sich fast blind
verstehen und da hat die Band neben den genannten mit Josh Eliott und die
zuletzt in den Dolmen Clan aufgenommene Anja Novotny aus Deutschland zwei
weitere Könner dabei. So dauert der Song halt einmal 5 oder einmal 10 Minuten,
kurze Songs und „The Dolmen“, das geht eh nicht zusammen.
Es fällt
schwer, das alles in Worte zu fassen, was das restlos faszinierte Publikum an
diesem Abend, wie eigentlich immer bei einem „The Dolmen“ Konzert erleben
konnte im Papa Hemingway, das eigentlich danach in „Dolmen Hemingway“ umgetauft
werden müsste. Das musikalische Highlight des Tages war es auf alle Fälle. Und
so ganz nebenbei ließ man den Headliner Moonspell ziemlich blass aussehen.
Bezeichnend, dass selbst ein bekennender Moonspell Fan nach dem Konzert total
glücklich war, lieber „The Dolmen“ angeschaut zu haben.
Heimataerde
Mönchschöre
stimmten die Besucher stimmungsvoll auf die Tempelritter von Heimataerde ein,
eine Band die nicht nur ihre Musik live runterspielt, sondern es perfekt
versteht sich und ihre Musik zu inszenieren. Synthetische, clubtaugliche
Elektrobeats gemischt mit mittelalterlicher Instrumentierung , damit haben
die Templer ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Auch wenn man beim Lesen den
Eindruck haben könnte, das passt nicht zusammen, der Eindruck täuscht.
Heimataerde haben einen Weg gefunden die 2 Musikgenres genial zu verbinden.
Auch showtechnisch lässt der Auftritt kaum Wünsche offen, nie langweilig,
sondern höchst unterhaltsam zelebriert die dunkle Bruderschaft ihre Musik. Und
wenn das, aufgrund der frühen Auftrittszeit, ziemlich träge Publikum nicht
mitmacht, dann gibt’s schon mal eine Ansprache der derberen Art. Gut so, passt
herrlich zum Image der Band.
Zugegeben,
das ist wirklich nichts für zarte Gemüter und schon gar nichts für Kinder, wenn
sich Ignatius von Schneeberg die Kehle durchschneidet und das Blut nur so
spritzt oder man ein blutgetränktes Herz ans Publikum verschenkt, von der
Tötungsszene zum Schluss ganz zu schweigen.
Wem das zu
brutal ist, der sollte die untoten Gesellen meiden, allen anderen sei gesagt,
ein Wohlfühlclub waren die Menschen im Mittelalter keineswegs, da ist das was
Heimataerde auf der Bühne inszeniert, geradezu harmlos. Übrigens verstecken
sich hinter den martialisch auftretenden Musikern extrem nette Gesellen, wenn
sie sich einmal die Farbe aus Haaren und Gesicht gewaschen haben. Für die,
denen die Musik gefällt, und das waren zu so früher Stunde wirklich extrem
viele, war der Auftritt von Heimataerde einer der absoluten Highlights des
Wochenendes. Am Samstag spielte der Headliner am Anfang und der Rausschmeißer
logischerweise am Ende, aber dazu später mehr.
Spielbann
Wieso um
Himmels Willen steckt man Spielbann ins Papa Hemingway? Ausgerechnet eine Band,
die nach der gemeinsamen Tour mit ASP und völlig zurecht viel Lob in der Schwarzen
Szene für ihr Album „In Gedanken“ zuletzt viele Fans dazugewonnen hat. Platz
gab es jedenfalls keinen, weder im Zuschauerraum, noch auf der extrem kleinen
Bühne. Den brauchen die 5 von Spielbann aber eigentlich, denn eine ihrer
Stärken sind zweifellos die energiegeladenen Live-Shows. Vor allem wenn sich „
the Beauty and the Beast“ also Sänger Seb und Beauty Nic das Mikrofon teilen
und gegenseitig Blicke zuwerfen, mal voller Hass mal sehr leidenschaftlich ist
das auch showtechnisch großes Kino. Schade, dass das Publikum wegen bereits
besagter Ausleuchtungsprobleme davon so gut wie nichts sieht. Früher eher als
Mittelaltercombo unterwegs hat man sich inzwischen ganz dem Dark und Gothic
Rock verschrieben, zum Glück muss man sagen. Denn das haben Spielbann wirklich
drauf, sie sind live packend, fesselnd und mitreißend und davon lässt sich das
Publikum auch sofort anstecken. Auch wenn man an diesem Tag bühnenbedingt nur
manches zeigen konnte, wurde Spielbann gnadenlos gefeiert und verwandelte den
kleinen Pub-Saal in die stimmungsvollste Kleidersauna Deutschlands.
Crematory
Bereits seit
1991 gibt es nun schon die Gothic Metal Band und noch immer sind 3 Gründungsmitglieder
an Bord. 2016 kamen dann aber gleich 3 neue dazu und mit Tosse Basler dadurch
auch eine neue Stimme. Und was für eine. Eine richtige Heavy Metal Röhre hat
der Mann und zusammen mit „Felix“ Stass, ergeben sich stimmlich reizvolle
Möglichkeiten, die Crematory meist in Englisch, aber auch schon mal auf Deutsch
gekonnt ausnützt. Vom Sprechgesang bis zur Heavy Metal Ballade geht da alles,
gekonnt und hörenswert noch dazu. Ob hart und düster, oder eher zart und
gefühlvoll, wobei hier Tosse Basler Erpelpellefähigkeiten (Gänsehaut) besitzt.
Da man außerdem seit 2016 auch noch 2 Gitarristen in der Band hat, klingt der
Sound wohl so satt wie noch nie. Auch nach 25 Jahren ist der Crematory
Sound fetzig, frisch und vielleicht so hörenswert, wie noch nie.
Legend
Wie im
letzten Jahr TÜSN, gebührt in diesem Jahr der „Autumn Moon Echo“ als
Überraschungsband des Festivals Legend. Island, das nicht gerade als
Musikweltmacht bekannt ist, hat trotzdem immer wieder Interessantes zu bieten
und Legend sind das Aushängeschild schlechthin. Die Parallelen zu den
Fußballern die mit großer Leidenschaft bei der EM sich in alle Fußballherzen
spielten, sind frappierend, Schaffte dies Sänger Krummi Börgvinsson mit
viel Herzblut und seiner ungezügelten Leidenschaft doch ebenfalls problemlos
beim Hamelner Publikum, das sehr zahlreich erschienen, den Auftritt verfolgte.
Der große Dead Can Dance Fan, braucht sich vor seinen Vorbildern wahrlich nicht
verstecken. Mit viel Bombast und epischen Melodien legt Legend einen
faszinierenden hymnisch poppigen Auftritt hin, wie keine Band an diesem
Wochenende. Egal ob rau und hart oder zart und mit viel Gefühl. Der Legend
Sänger hat alles drauf und verblüfft so nebenbei sein Publikum damit, was man
mit dem eigenen Shirt so alles anstellen kann, wenn man es erst einmal
ausgezogen hat. Kein Fehler übrigens, so konnte die Frauenwelt auch alle
Tattoos erst richtig bewundern. Ein Auftritt der lange im Gedächtnis bleibt,
Lebensenergie pur und musikalisch mit Hymnen, die einen, einmal gehört nicht
wieder loslassen. Hoffentlich auch im nächsten Jahr beim Autumn Moon um auch
hier TÜSN nachzueifern.
End of Green
Was soll man
über Sänger Michelle Darkness und seine Band End of Green groß sagen,
eigentlich langt man braucht nur zuhören und weiß was Gothicmusik bzw. in dem
Fall „Depressed Subcore“, wie sie es bezeichnen, so faszinierend macht. Auch
wenn Themen wie Depression, Tod und Einsamkeit nicht gerade die schönsten sind.
Aber damit geht die schwarze Szene ja eh ganz anders um, als die meisten Menschen.
Und Michel Darkness ist stimmlich eines der Aushängeschilder der Szene.
Der Bandname bezeichnet übrigens das Ende der durch die Farbe Grün
symbolisierten Hoffnung und so mancher Konzertbesucher gab wohl schon die
Hoffnung auf, auch mal ein anderes Licht als Grün auf der Bühne zu sehen. Dafür
konnte man einen qualmenden Sänger erleben, dessen Sucht scheinbar so groß ist,
dass er es nicht mal eine Stunde ohne Zigarette aushält. Vielleicht brauchen es
aber auch die Stimmbänder, quasi wie Öl der Motor. Dann verzeiht man ihm das
gerne, denn auf die Gothic-Voice schlechthin will man wirklich nicht
verzichten.
The Moon and the Nightspirit
Eine herumwirbelnde Geigerin und mit
dem Publikum agierende Sängerin konnte man bei „The Moon and the Nightspirit“
natürlich nicht erleben. Agnes Toth gehört nicht gerade zu den
extrovertiertesten Menschen unseres Planeten. Sie ist eher die Schüchternheit
in Person und so sitzt das hübsche Wesen auch diesmal ziemlich in sich gekehrt
auf ihren Stuhl, hat die Geige in der Hand und meidet jeden Kontakt mit dem
Publikum. Immerhin ein paar Mal gehen die Augen auf, ansonsten ist sie,
unterstützt von großartigen Mitmusikern, in ihrer musikalischen Welt versunken
und zelebriert einen Pagan Folk sowohl in Ungarisch als auch in Englisch gesungen.
Es ist sicher kein Fehler es ihr gleich zu tun, die Augen zu schließen,
zuzuhören und zu genießen. Eine Showband ist „The Moon and the Nightspirit“
wahrlich nicht, das verzeiht man den Ungarn aber gerne, wenn sie auch weiterhin
so großartigen Pagan Folk abliefern wie auf den bisher erschienen 5 Alben.
Agnes wundert sich ja immer wieder, dass Menschen ihre Musik so mögen, es
werden sogar immer mehr und das völlig zurecht. Wenn man miterleben durfte, wie
sich ein Musiker wie ein kleines Kind freut, endlich ein Bandshirt von „The
Moon and the Nightspirit“ kaufen zu können, kann man gut ermessen, welchen
Stellenwert die Ungarn auch in Musikerkreisen genießen.
Besucher des Festival Mediavals 2017 dürfen sich schon heute tierisch auf den
Auftritt von The Moon and the Nightspirit freuen, es wird, so wie beim Autumn
Moon, einer der musikalischen Highlights des Wochenendes werden.
Lacrimas Profundere
Mit Dark Rock aus Oberbayern, den
die Band gerne als „Rock `n`Sad“ bezeichnet, ging es nach End of Green
ziemlich düster weiter. Lacrimas Profundere haben jüngst mit „Hope is here“ ein
neues Album auf den Markt gebracht, übrigens das erste Konzeptalbum in der
Bandgeschichte. Mit Platz 30 in den Charts fand es zurecht auch ziemlich
viele Käufer. Erstaunlich für eine Band, die bisher nicht wirklich im Focus
stand, aber musikalisch ist das Album sehr gelungen und das geniale
Konzept dahinter, würde auch showtechnisch spannende Möglichkeiten der
Umsetzung bieten. Das geschah leider beim Autumn Moon nicht, aber ein
Festivalauftritt ist ja auch immer etwas anderes als eine eigene Tour, die
Anfang 2017 starten wird. Zusätzlich erwies sich das Set direkt nach End of
Green auch nicht als besonders glücklich, denn im Vergleich zu dessen Sänger
ist Roberto Vitacca nicht mit einer so einmaligen Stimme gesegnet. Man darf
sich also etwas einfallen lassen will man die Besucher auch live genauso
begeistern wie mit der neuen CD. Beim Autumn Moon gelang das teilweise.
She Past Away
Was dem
Publikumszuspruch betrifft, dürften She Past Away die Gewinner des Wochenendes
in der Sumpfblume gewesen sein. Es gab kaum ein Durchkommen, so viele Leute
wollten den Dark Wave der Türkischen Band hören. Sie sind übrigens ein gutes
Beispiel dafür, dass die Sprache mit der gesungen wird, gar nicht so entscheidend
ist. Denn türkisch verstanden sicher die wenigsten im proppenvollen Saal. Mit
einem gewissen Exotenbonus hat das übrigens wenig zu tun, die Musik mit
druckvoller Rhythmik und eingängigen Melodien, gepaart mit einer Stimmlage, die
etwas an Bands wie The Cure oder den Sisters of Mercy erinnert hat ohne Frage
eine Eigenständigkeit und einen echten Reiz für Liebhaber dieser Musikrichtung.
Auch ein defektes Mikrophon brachte die Band nicht aus dem Konzept, sie wechselten das
kurzerhand selbst (inklusive Mikrofonständer), nachdem unverständlicherweise
kein Techniker zu Hilfe eilte.
L`Ame Immortelle
20 Jahre gibt es L`Ame nun schon,
sie gehören somit zu den dienstälteren Bands der schwarzen Szene. Und auch zu
einer der faszinierendsten. Zum Glück ist Sonja Kraushofer und Thomas Rainer
inzwischen wieder live unterwegs. Passend zur 2016 erschienenen Best of CD „20
Jahre L`Ame Immortelle“ gab es eine Setlist mit vielen Knallern der letzten 20
Jahre zu hören. Faszinierend wie eh und je, der Gegensatz von Sonjas Gesang,
der den sanfteren Part darstellte und der rauhen Voice von Thomas Rainer. Auch
die Texte, mal Englisch, mal Deutsch gesungen packten wie eh und je. Manch
einem mag das vielleicht zu theatralisch sein, was sich in der
Rattenfängerhalle abspielte, aber gerade das macht den Reiz der Band erst aus.
Keine räkelte sich auf der Bühne so gekonnt, wie die Sängerin der Band, keine
trägt so spektakuläre Kleider wie Sonja Kraushofer, eines ihrer Markenzeichen.
2 Bemerkungen von Thomas Reiner blieben übrigens besonders haften. „Wir sind
unsterblich“, wird wohl leider was die 2 Musiker betrifft nicht klappen, für
einige Nummer gilt das aber definitiv.
Bei der zweiten „wir sind wie die Pest, uns wird man nicht los“ kann man nur
hoffen, dass sich das wirklich erfüllt. Sich beide auch in Zukunft musikalisch
auch weiterhin so gut verstehen, dass sie nicht nur noch viele tolle Nummern schreiben,
sondern auch weiterhin, öfters als zuletzt, live zu bewundern sind. So wie in
Hameln, wo man einen begeisterten, Festivalbedingt, eigentlich deutlich zu
kurzen Auftritt hinlegte. Man hätte zu gerne noch länger zugehört und Sonja
Kraushofer war einfach grandios an diesem Tag, aber das ist sie eigentlich eh
immer.
Welle Erdball
Wenn der imaginäre Radiosender Welle
Erdball auf Sendung geht, wirkt das, wie Musik aus einer anderen, längst
vergangenen Zeit, Retrocharme sozusagen. Und die Älteren Besucher denken sicher
in diesem Zusammenhang gerne auch an die Neue Deutsche Welle zurück. Verstärkt
wird der Eindruck natürlich noch durch die Bühnenoptik, auch 2016 rückt die
Band vom bekannten Erscheinungsbild der „Moderatoren-Anzüge“ zum Glück nicht
ab. Es ist alles wie schon viele Jahre bekannt, auch der Ersatz für Mrs.
Plastique Lady Lila kommt gesanglich ähnlich lieblich daher. Und doch ist die
Band höchst aktuell, das merkt man gut an den Liedertexten, die ganz aktuelle
Themen gekonnt aufgreifen. Genauso gekonnt ist, wie immer, ihre Bühnenshow.
Welle Erdball verstehen es ihr Publikum bestens zu unterhalten, kein Wunder,
dass die Halle extrem gut gefüllt war. Und gerade das Publikum konnte einen
echt in Erstaunen versetzen. Weniger, dass man sich über die vielen riesigen
Luftballons, die Welle Erdball mitgebracht und ins Publikum geworfen hatte,
extrem freute und sie begeistert in der Luft hielt, sondern darüber, dass auch
nach Ankündigung von Sänger Honey in einem 50 Euro versteckt zu haben, nicht ein
lautes Knallen zu vernehmen war, sondern weiter ausgelassen mit den Ballons
gespielt wurde.
Ignis Fatuu
Ohne das verbliebene
Gründungsmitglied Irene, die krankheitsbedingt passen musste, dafür aber mit 2
Ersatzmusikerinnen u.a. mit Katharina die Unerschrockene von Schattenschweif,
hatten die Franken gleich 2 Auftritte an einem Tag zu absolvieren.
Aufgrund Überfüllung konnten nicht alle im Papa Hemingway dabei sein, auf der
Open-Air Bühne war dafür genug Platz für alle. Entsprechend gut gefüllt war der
Platz vor der Bühne, vielleicht auch zusätzlich, weil sich herumgesprochen
hatte, dass beim ersten Auftritt die Stimmung im Saal kochte. Und auch beim
zweiten Gig zeigte sich P.G. und seine Truppe höchst motiviert und hatten keine
Probleme das Publikum zu begeistern. Die Setlist mit alten Klassikern und
Stücken aus dem Dürer-Konzeptalbum „Meisterstich“ überzeugte, einzig echte
Ignis Fatuu Kenner werden die Stimme von Irene dann doch etwas vermisst haben.
Christian Death
Höchst
fragwürdig war der Auftritt der Death/ Goticrock-Alternativ-Metalband Christian
Death. Die 1979 gegründete Band um Sänger Valor Kand aus dem Westen der USA hat
definitiv den Schuss noch nicht gehört.
Man wundert sich ja über nichts mehr, wenn fast die Hälfte der Bevölkerung
eines Landes wie die USA einen Präsidenten wie Donald Trump ernsthaft in
Erwägung zieht. Aber was der Sänger an politischen Meinungen so von sich gibt
ist zumindest Diskussions-, wenn nicht höchst fragwürdig. Immerhin hat der
Verfechter des Ausstiegs Großbritanniens aus der EU und Gegner der selben
(Zitat:) „weil sie ja nur Deutschland nützt“, erkannt, dass Donald Trump eine
Witzfigur ist, wie er sagt. Allein dafür hätte man ihn ja von der Bühne ziehen
müssen, von wegen nur Deutschland nützt. Seine Aufforderung ihm alle Drogen die
die Leute mithaben auf die Bühne zu werfen, er nimmt alles, geht aber mal gar
nicht. Wer in der heutigen Zeit Drogen verherrlicht, noch dazu in einer Band,
deren Geschichte auch eine Drogenvergangenheit hat, dem ist nicht mehr zu
helfen. „Fuck the Pope“ ist dagegen ja Kinderkram, auch ein erklärtes
Feindbild von Valor Kand.
Musik wurde übrigens auch gemacht, wobei fast mehr die Bassistin aufgrund ihrer
unübersehbaren Reize ins Auge stach. Seiner Ankündigung zum Ende des Konzertes,
dass sie gerne Autogramme auf diversen Körperteilen geben würden, wenn
gewünscht, löste auch keinen Andrang aus, ganz im Gegenteil und auch die
Begeisterung im Publikum hielt sich merklich in Grenzen.
Zombie Boy
Als echte Weltpremiere wurde das kanadische Tattoo Model Rick Genest bzw.
Zombieboy angekündigt. Erster Auftritt und dann gleich Headliner beim Autumn
Moon zusammen mit dem Ex Rob Zombie Gitarristen Mike Riggs, die Erwartungen
waren schon mal entsprechend hoch. Und alle Heidi Klum Fans waren bestimmt
gespannt, wie das aus Germanys Next Topmodel bekannte Gesicht in Natura
ausschaut. Man hätte eigentlich schon vor der Show gewarnt sein sollen, im
Vergleich zu Welle Erdball war der Andrang höflich ausgedrückt, ausbaufähig.
Spätestens nach dem quälend langen Intro und den Mühen die Zombie Boy hatte,
das Mikrofonkabel vom Ständer zu lösen, sollte man aber gewarnt sein. Dass das,
was dann allerdings kam, so krass ausfallen würde hätte wohl niemand erwartet.
Immerhin steht Zombie Boy mit seinen 176 Insekten und 139 Knochentattoos schon 2-mal
im Guinness Buch der Rekorde, der Auftritt in Hameln war auch rekordverdächtig.
Und vielleicht findet man ihn bald nochmal im Guinness Buch, als der Headliner
der innerhalb kürzester Zeit eine Halle erfolgreich leergesungen hat. Denn
diese Qualität hatte der Kanadier definitiv an diesem Tag. Es spricht aber auch
für ein fachkundiges Publikum, es langt halt einfach nicht nur
„gut“ auszuschauen. Um den um klare Statements nie verlegenen Dieter Bohlen
(immerhin der Poptitan) einmal zu bemühen, ein Zitat im Stile von „Bei mir
kommen solche Geräusche aus anderen Öffnungen“ oder „Wenn schlechte Stimmen
fliegen könnten, wärst Du ein Satellit“ wären wohl auch beim Auftritt von
Zombie Boy in DSDS die Folge.
Da passt gar nichts, Gesang(?), Performance, das Ablesen der Texte vom
Teleprompter und den entsprechend richtigen Einsatz, man wartete eigentlich jeden
Moment darauf, dass Guido Cantz um die Ecke springt mit einem Schild „Verstehen
sie Spaß“. Doch leider war es bitterer Ernst und Cantz weit und breit nicht zu
sehen.
Eigentlich konnte einem der Kanadier ja fast leidtun, wer hat ihm das nur
„eingebrockt“, wenn er aber wirklich selbst der Meinung war, er ist ein
Gesangstalent, dann gehört er zum Teil der Menschheit, die trotz völliger
Talentfreiheit (fürs Singen wohlgemerkt!) ähnlich tickt und die man aus
Sendungen wie DSDS oder Deutschland sucht den Superstar bestens kennt.
Ungläubiges Staunen auch bei einigen Musikern, die sich in der Halle
eingefunden hatten und bei den Pressevertretern.
Zombieboy, der Mikrofonständer, der Teleprompter und das Autumn Moon Publikum,
das werden wohl keine Freunde mehr. Es bleibt dem Kanadier zu wünschen, dass
man ihm entweder weitere Auftritte erspart, oder ein Publikum für ihn
findet, dem es völlig egal ist, wie jemand singt, Hauptsache er sieht gut aus
und zieht sich aus. Soll es ja auch geben, in Hameln allerdings nicht.
Circus of Fools
Die Macher
des Autumn Moon haben schon ein echtes Händchen einen Festivaltag in der
Sumpfblume spektakulär zu beenden. Waren es 2015 die Norweger von
Trollfest, so hatten 2016 Circus of Fools diesen Part inne, optisch ein
absoluter Genuss. Allein die Bühnenoutfits machten unfassbar viel her und die
Band aus Tübingen ist eine grandiose Liveband. Auch wenn der Grad zum Wahnsinn,
besonders beim Frontmann echt fließend ist. Selbst wenn man den harten
Musikmix aus Rock, Melodic, Death und Goth Metal nichts abgewinnen kann, der
zwar sehr brachial aber auch melodisch rüberkommt, allein die Bühnenshow, die
Stimme der Sängerin, vom Wahnsinnigen am Mikrofon ganz zu schweigen waren beste
Gründe sich den Narrenzirkus bis zum Ende anzuschauen. „The March of the
Puppets“ präsentiert von Circus of Fools war ein würdiger Vertreter, ein
erneut extrem gelungenes Autumn Moon spektakulär zu beenden. Und die Macher
haben sichtbar daran gearbeitet. So war das größte Problem 2015, die massiven
Zeitverschiebungen 2016 keines mehr. Auch dafür ein dickes Lob.
Und sonst so...
Leider ist
der Bericht nur ein Auszug aus dem Festivalprogramm, mehr ist eigentlich nicht
zu schaffen und trotzdem fährt man mit der Gewissheit nach Hause noch eine
ganze Menge an tollen Konzerten verpasst zu haben, wie ein Konzert der besten
Piratenband Ye Banished Privateers, die wieder überall zu finden waren und
musizierten, von M.I.N.E , das Camouflage Seitenprojekt, Evellon die Symphonic
Metal Newcomer oder die Slowenen von Torul um nur ein paar von weit über 40
Bands im Line-Up zu nennen. Vom Geschehen auf dem Halloween Markt, den
Schiffskonzerten oder den Lesungen ganz zu schweigen. Nicht zu vergessen ein
gerade am Abend sehr stimmungsvoller Markt, wo immer etwas geboten war und auf
dem Sonntag ein Konzert von Elmsfeuer das Autumn Moon 2016 auch hier
musikalisch hochwertig ausklingen lies. Das Autumn Moon ist einfach einen
Besuch wert, jede Wette auch 2017, wenn die dritte Ausgabe bei hoffentlich
besserem Bühnenlicht erneut ein höchst vergnügliches Wochenende garantiert. Ein
Festival, bei dem man genauso gut viele spannende Neuentdeckungen machen, wie
die alten Hasen der schwarzen Szene live erleben kann, wie z.B. „Das Ich“ in
diesem Jahr. Und die Idee eine Liedermacherin wie Sarah Lesch eine Bühne zu bieten
darf zusätzlich als höchst gelungen bezeichnet werden. Das dabei etwas einmal
in die Hose geht, wie der Auftritt von Zombie Boy, ist immer drin. Der Fehler
liegt hier in erster Linie beim Management, das dem bedauernswerten Herren so
unvorbereitet auf eine Bühne gestellt hat, wo er definitiv an diesem Abend
nicht hingehörte. So was ist locker zu verschmerzen, wenn es auf der anderen
Seite gelingt Ausnahmekönnern wie Legend oder TÜSN eine Bühne zu bieten. Und
die Garantie hat man beim Autumn Moon immer. Weiter so Autumn Moon, ihr seid
auf dem richtigen Weg.