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Das 2. Autumn Moon Festival 2016
       Die einzige Frau auf die ich höre ist die aus dem Navigations-
       system in meinem Auto.                          Dieter Bohlen


Hameln,   14-16.10.2016



Als wahrlich gelungene Veranstaltung mit Verbesserungsbedarf an 2 Stellen erwies sich das zweite Autumn Moon in der Rattenfängerstadt Hameln. Und wie sich das für ein aufstrebendes Festival gehört, wurde im Vergleich zur ersten Ausgabe das Festival weiter aufgewertet. Auffallendste Neuerung war eine neue Spielstätte, wobei sich die geniale Kneipe Papa Hemingway, als Konzertlocation nur bedingt geeignet erwies. Vor allem dann, wenn man Bands wie The Dolmen, Ignis Fatuu oder Spielbann im Papa Hemingway auftreten lässt. So mussten doch einige aufgrund von Überfüllung wieder gehen und sicher mehr als die Hälfte der anwesenden Besucher, hatte wegen der beengten Location keine Chance die Musiker überhaupt einmal zu Gesicht zu bekommen. Hinzu kommt eine unterirdisch schlechte Bühnenausleuchtung. Aber gerade was die Bühnenausleuchtung betrifft war das Autumn Moon alles andere als ein Highlight. Das ist umso bedauerlicher, wenn man weiß wieviel Lichttechnik positiv zu einem Auftritt beitragen kann. Zwar war die Rattenfängerhalle noch am besten ausgeleuchtet, aber auch hier gibt es sicher Verbesserungsbedarf. Von der Sumpfblume, eigentlich eine richtig tolle Konzertlocation ganz zu schweigen.

Die Gleichung Gothic = finstere Gestalten = fast kein Licht auf der Bühne sonst erschrecken die schwarzen Seelen ist auf alle Fälle quatsch. Konzertbesucher haben ein Recht darauf die Musiker auch zu sehen und nicht nur ein schwarzes Etwas auf schwarzen Grund. 2 Stellschrauben an denen man unbedingt arbeiten muss, schließlich will man dem Besucher ein Wohlfühlfestival bieten.

Großartig dafür wieder der schön gestaltete Mystic Halloween Market, der auch von Nicht-Konzertbesuchern besucht werden kann und mit reichlich Programm immer wieder einen Besuch wert war. Nicht nur der vielen Leckereien wegen, auch die Händler und Handwerker, die Kleinkunst, die Walking Acts, Feuershows, Theater, die Bands, die schöne Abendstimmung sind gute Gründe gewesen.
Es war ständig etwas geboten, im speziellen auch am Sonntag. Soviel, dass auch ein dritter Tag Autumn Moon keine Langeweile aufkommen ließ, auch ohne die Konzerte in den Konzertsälen, die am Sonntag nicht mehr bespielt wurden.
Man merkte allerorten, dass das Autumn Moon Festival eine Herzensangelegenheit ist, angefangen bei den ganz vielen auffallend gut gelaunten und freundlichen Helfern, über die großartige Security bis zu den Machern. Und wie schon bei der ersten Ausgabe gab es ein breit gefächertes Musikprogramm mit Ausnahmekünstlern wie z.B. TÜSN, allerdings auch mit einem unfassbaren musikalischen Flop.

Xandria

Los ging Ausgabe Nummer 2 mit Xandria, eine Band die mit der Besetzung früherer Tage fast nichts mehr zu tun hat. Geblieben ist neben dem Gitarristen und Bandgründer die Liebe zum Symphonic Metal und auch 2016 sind Xandria ein hervorragender Vertreter dieser Gattung, gerade die CDs kann man bedenkenlos kaufen, man wird nie enttäuscht. Live war es an diesem Tag so eine Sache, wirklich überzeugen konnte Xandria nicht. Vielleicht lag es auch an den frühen Auftrittsbeginn oder an einer sich stetig füllenden Halle und dem einen oder anderen Konzertbesucher, der wegen der Einlasswartezeit von bis zu 40 Minuten die Band fast ganz verpasst hatte und somit entsprechend geladen war, aber so wirklich Stimmung wollte nicht aufkommen. Vielleicht hat aber auch der eine oder andere die letzte Sängerin Manuela Kraller vermisst, die Fußstapfen, die sie Dianne van Giersbergen hinterlassen hat, sind jedenfalls nicht die kleinsten.

 

Ingrimm

 

Die Regensburger Band Ingrimm hatte es mit ihrem Mittelalter Metal im beengten Papa Hemingway nicht schwer das Publikum auf sofortige Betriebstemperatur und zum Tanzen und feiern zu bewegen. Die machten sofort und bereitwillig mit. Aber so wirklich überzeugend war das an diesem Tag nicht, was die Band ablieferte. Sicher der Hauptgrund, dass Bine an der Violine nicht dabei war. Wo zum Henker, war sie nur? Und Ingrimm ohne Violine machen einfach deutlich weniger Spaß.

 

Vogelfrey

 

All jene, die Vogelfrey schon länger nicht gesehen hatten, werden sich gefreut haben, wie die Band sich musikalisch weiterentwickelt hat. Sowohl optisch (gerade zu Beginn), als auch musikalisch sind die Mittelalter-Folk-Rocker aus Hamburg auf einen echt guten Weg. So ist aus den Hamburger „Local Heroes“-Bandgewinnern im Jahre 2003 inzwischen eine höchst sehens- und hörenswerte Band geworden, die Dank charismatischem Sänger und einer ganz tollen Cellistin als Aushängeschilder jedes Festival bereichert. Auch das Autumn Moon, wo sich das Publikum sehr schnell zum Tanzen und mitfeiern animieren lies.

 

Visions of Atlantis

 

Kaum eine Symphonic Metal Band hat eine so wechselvolle Bandgeschichte hinter sich, allein 6 Leute finden sich auf der Liste der ehemaligen Sänger/innen seit dem Jahr 2000, der Gründung der Band. Gut das man inzwischen die Französin Clementine Delauney gefunden hat, die extrem schlanke und großgewachsene Französin ist ein Glücksgriff für Visions of Atlantis. Und so wird aus einer ehemals totgesagten Band ein quicklebendiger Haufen, der sich an diesem Tag nachhaltig in die Ohren der Symphonic und Power Metal Fans singen konnte. Totgesagte leben ja bekanntlich länger, „Old Routes-New Waters“ das EP-Lebenszeichen im Jahre 2016 war schon mal ein ganz starker Herzschlag, der genauso wie der gelungene Auftritt große Lust auf eine neue CD der Österreicher und weitere Live-Konzerte macht.

 

Eisfabrik

 

Allerorten wird über die Erderwärmung diskutiert, davon grenzt sich das Kunstprojekt Eisfabrik doch deutlich ab. Kälte ist ihr Ding und so schaffen sie es auch, aufgrund Optik und „Schneemaschine“ so etwas wie Winterstimmung in die Rattenfängerhalle zu zaubern. Warm ums Herz wird einem also nicht gerade wenn Dr. Schnee, Der Frost und Celsius ihren unterkühlten Dark Elektro- Futurepop Mix der eingängigeren Art vom Stapel lassen. Man merkt der Band, auch wenn die Auftrittszeit relativ kurz bemessen war, an, dass man ein überzeugendes künstlerisches Gesamtkonzept verfolgt und man es großartig versteht, neben der Musik auch die Songs visuell höchst unterhaltsam zu präsentieren, sehr zur Begeisterung der Besucher. Das haben Eisfabrik mit einem auf die Bühne stürmenden Eisbären und dem blinkenden Roboter, der massive Probleme hat, sich zu bewegen wahrlich drauf. „When Winter comes“ sangen sie, schöner und sehenswerter kann man das Publikum gar nicht darauf einstimmen. Das zeigte sich nach dem Auftritt auch sichtlich angetan und nicht wenige werden sich auf die erste Headliner-Tour der sehenswerten Band freuen, die passend als „Nichtsommertour“ im Januar 2017 startet.

 

TÜSN

 

Er war die absolute Entdeckung des Autumn Moon 2015, Sänger Snöt und seine Band. Man nehme einen Bassspieler, einen Synthesizer und in der Show noch viel hörenswerter, ein Klavier, und ein Schlagzeug, und mit Hilfe eines absoluten Ausnahmetalents entsteht ein ganz eigener Sound voller Pathos und Unverwechselbarkeit. Unverkennbar TÜSN muss man immer wieder feststellen und das allein ist schon Kompliment genug. Hinzu kommt eine Bühnenshow mit einer ganz eigenen Lichtgestaltung (Musiker im Gegenlicht), soweit man das beim Autumn Moon aufgrund der schon erwähnten Lichtproblematik wirklich beurteilen kann. Ein gewisser Hang zu Inszenierung, Ästhetik und Düsternis ist offensichtlich und keiner kann so schön leiden an diesem Tag, wie Snöt. „Schuld“, ihr erstes Album ist in diesem Jahr erschienen, trotzdem wünscht man sich schon jetzt den Nachfolger der Wahlberliner um den Mann mit der Krone, so schön und hörenswert ist die Musik.

Man ordnet die Band ja gerne dem Elektropunk und Indie-Rock Genre zu, eigentlich ist das Pop auf höchstem Niveau. Und Schuld trifft nur all jene, die TÜSN verpasst haben, sondern auch die Macher des Autumn Moon, wenn sie TÜSN nicht als Dauergast auch 2017 im Line Up haben.

 

Ost+Front

 

Hermann Ostfront, wie sich der ehemalige Corvus Corax und Schelmish Musiker inzwischen bei Ost und Front nennt, polarisiert. Das wird sich bei seinem Projekt Ost + Front sicher nie ändern. Aber egal, ob man nun ein Fan der Neuen Deutschen Härte ist oder nicht, ob man die Nähe zu Rammstein gut oder schlecht findet, die übrigens am Anfang von Ost+Front deutlich größer war, oder die Show zu blutig empfindet, der Mann hat einfach ein unglaubliches Händchen für die Melodie. Das wird beim Konzert in Hameln wieder offensichtlich. Der ganze Auftritt wirkt wie eine Best of Hitsammlung und das im wirklich positivsten Sinne. Zweifellos ist der Band ein gewisses Provokationspotential zu attestieren, aber auch ein Talent die Besucher bestens zu unterhalten, nicht zu vergessen der Hang zum schwarzen Humor. Da man sich in den Texten auch gerne mit den Abgründen menschlichen Verhaltens beschäftigt, und gesellschaftskritische Ansätze nicht außen vorlässt, bietet die Band natürlich auch hier ein gewisses Angriffspotential. So ernst darf man das, was Ost + Front auf der Bühne präsentiert wahrlich nicht nehmen. Und all den Nörglern und Kritikern zum Trotz, Ost+Front sind mit einer Show, die wie ein langer Videoclip wirkt, sehens- und hörenswert.

 

Lolita KompleX

 

Als Lolita Komplex bezeichnet man ja ein starkes erotisches Verlangen von älteren Männern zu Mädchen oder jungen Frauen. Kein Wunder, wenn der eine oder andere reifere Herr im Publikum beim Betrachten der Band „Lolita Komplex“ ähnliche Gefühle für die im Lolita Look gekleidete Sängerin Nana entwickelte, die optisch mit ihrem großartigen Bühnenoutfit ein absoluter Hingucker ist. Da sie außerdem auch noch extrem sympathisch rüberkam, Ausstrahlung und Stimme ebenfalls auffallend gut ausgeprägt sind, ist die Frau der Band der zentrale „Marionettenkaiser“, wie sie in einem Interview mal so schön von sich gesagt hat, um die sich alles dreht. Würde man die Band aber nur auf sie reduzieren, würde man den Mitmusikern ganz schön unrecht tun. Gesellschaftskritisch, provokant, trashig, durchgeknallt, man würde viele Worte finden, die den Auftritt der Österreicher teilweise beschreiben. Aber nur teilweise. Man muss das Gesamtpaket Lolita Komplex selbst erleben, im rappelvollen Papa Hemingway machte das besonderen Spaß. Denn da die Musiker sich deutlich beengt vorkamen und ein unbändiger Bewegungsdrang vorhanden ist, löste sich irgendwann die übliche Konzertordnung einfach auf, Besucher standen auf der Bühne, die Musiker mitten im Publikum. Welch ein Spaß, welch skurrile Show, welch ein Zirkus- Konfetti (Insider für alle die dabei waren). Und welch geiles t.A.T.u Cover, eine bessere Band wie die Russinnen und dem Song „All the Things she said“ hätte man zum Covern aber auch nicht finden können. Übrigens wem Dushi an der Gitarre bekannt vorkam, der war an diesem Tag auch bei Vision of Atlantis im Einsatz.

 

Das Ich

 

Legenden sind entweder tot oder wie im Falle von „Das Ich“ quicklebendig. Und so ganz nebenbei die, was den Publikumszuspruch betrifft, wohl absoluten Headliner des Wochenendes. Denn so viele Menschen wie „Das Ich“ konnte sonst keine Band in die Rattenfängerhalle locken. Das ist umso überraschender, weil das Musikprojekt von Sänger Stefan Ackermann und Bruno Kramm nicht in die Schublade leichte Kost eingeordnet werden kann. Ausgerechnet im beschaulichen Bayreuth in Oberfranken wurde die Band 1989 gegründet und zählte schon bald zum wichtigsten Vertreter der „Neuen Deutschen Todeskunst“, wie man in Wikipedia nachlesen kann, die die Geschichte der Band bis heute sehr schön nachzeichnet.

Am erfreulichsten am Auftritt von „Das Ich“ war, dass Stefan Ackermann, seine schwere Hirnblutung zum Glück völlig überstanden hat und ganz der alte, faszinierend wie eh und je performt und die „Das Ich“ Setlist mit einem großen Hauch Wahnsinn ins Publikum bellt. Kramm und Ackermann, die die Schwarze Szene bis heute entscheidend mitgeprägt haben sind so lebendig wie man nur sein kann und überzeugten das Hamelner Publikum, die vom energiegeladenen Auftritt zwischen Wahn und Wahnsinn sehr angetan waren.

 

Folk Noir

 

Oliver S Tyr, Livy Pear, Stephan Groth und Schlagzeuger Alex Schulz sind Folk Noir. Sprich das Quartett hat zwei Faun Musiker in seinen Reihen und das erweist sich als echtes Problem. Denn die 2 sind mit Faun oft genug inzwischen fast weltweit unterwegs, so dass Folk Noir relativ bescheiden nebenherläuft und Auftritte dünn und rar gesät sind. Das ist aus Sicht von Oli und Stephan absolut verständlich, aus Sicht des Publikums aber eigentlich ein Verbrechen. Bis heute gibt es keine richtige CD mit Livy Pear als neue Stimme, obwohl man großartige Songs in Massen hat, die man aufnehmen könnte. Zumindest das Publikum beim Autumn Moon hatte das Glück, einen der raren Auftritte miterleben zu dürfen und ohne große Vorbereitung (sorry das sollte man eigentlich nicht verraten) legten die 4 einen Auftritt hin der lange im Gedächtnis bleibt und vor allem und das ist mangels Möglichkeiten eigentlich schlimm, Lust auf mehr (möglichst bald) macht.  Eine optisch völlig veränderte Livy bewies auch diesmal, welch Glücksgriff sie nach ihrer schon extrem großartigen Vorgängerin für die Band ist. Seitdem hat sich der Sound zwar etwas verändert, ist aber nun anders genauso faszinierend und betörend. Folk Noir zelebrieren einen dunklen, etwas düsteren Folksound, der das Publikum trotzdem strahlen lässt. Mal ruhig, geradezu fragil, dann wieder laut, kraftvoll und dynamisch und unglaublich eigenständig präsentiert sich die Band. Wer braucht schon E-Gitarren, wenn man Stephan Groth an der Drehleier hat, der dem Instrument Töne entlockte, auf die jeder Gitarrist neidisch wäre.

Chapeu, Folk Noir.

 

Moonspell

Aufgrund des 30 Minuten späteren Konzertbeginns von The Dolmen ist eine vernünftige Beurteilung des Auftritts der Portugiesen für mich leider nicht möglich.

 

The Dolmen

 

The Dolmen aus Dorset in England haben so einige Besonderheiten zu bieten. Personell zum Beispiel.  Wie Chris Jones, Schlagzeuger und absoluter Motor der Band. Als einer der besten Schlagzeuger Englands wegen einer hartnäckigen Schulterverletzung länger ausfiel, war die Band mit Ersatz unterwegs, z.B. beim Festival Mediaval 2015. Immer noch großartig, aber trotzdem kein Vergleich zu einem Auftritt mit ihm.

Oder Kayleight Marchant, die wohl hübscheste Bassfrau Englands, die darüber hinaus auch noch großartig singen kann. Wie den Dolmen Hit „Dead Cats don`t Meow“, den es an diesen Abend leider nicht zu hören gab, er fiel schlichtweg der kurzen Spielzeit zum Opfer.

Oder wie Taloch Jameson, Bandchef und Energiebündel, der mit einer Leidenschaft zu Werke geht wie man es selten sieht. Das gilt aber eigentlich für die ganze Band. Egal ob große Venue oder wie an diesem Abend eine Minibühne, The Dolmen Auftritte sind immer etwas ganz Besonderes.  Man spielt sich geradezu die Seele aus dem Leib. Und hat dabei so unglaublich Spaß an dem was man tut. Das kann schon einmal so weit gehen, wie an diesem Abend, als Anja Novotny vor Lachen nicht mehr weiterspielen konnte. Anstecken von so viel Spielfreude und Lust zu musizieren lässt sich davon eigentlich jeder, es sei denn derjenige ist momentan extrem schlecht drauf. Und selbst da bleibt zu vermuten, packt der Dolmen-Virus positiv an.

Es gibt wohl auch keine Band, bei der von Gig zu Gig, selbst trotz eventueller gleicher Songs alles anders ist. Denn die begnadete Liveband neigt gerne dazu, zu improvisieren. Dazu bedarf es ausgezeichneter Musiker, die sich fast blind verstehen und da hat die Band neben den genannten mit Josh Eliott und die zuletzt in den Dolmen Clan aufgenommene Anja Novotny aus Deutschland zwei weitere Könner dabei. So dauert der Song halt einmal 5 oder einmal 10 Minuten, kurze Songs und „The Dolmen“, das geht eh nicht zusammen.

Es fällt schwer, das alles in Worte zu fassen, was das restlos faszinierte Publikum an diesem Abend, wie eigentlich immer bei einem „The Dolmen“ Konzert erleben konnte im Papa Hemingway, das eigentlich danach in „Dolmen Hemingway“ umgetauft werden müsste. Das musikalische Highlight des Tages war es auf alle Fälle. Und so ganz nebenbei ließ man den Headliner Moonspell ziemlich blass aussehen. Bezeichnend, dass selbst ein bekennender Moonspell Fan nach dem Konzert total glücklich war, lieber „The Dolmen“ angeschaut zu haben.

 

Heimataerde

 

Mönchschöre stimmten die Besucher stimmungsvoll auf die Tempelritter von Heimataerde ein, eine Band die nicht nur ihre Musik live runterspielt, sondern es perfekt versteht sich und ihre Musik zu inszenieren. Synthetische, clubtaugliche Elektrobeats gemischt mit mittelalterlicher Instrumentierung , damit haben die Templer ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Auch wenn man beim Lesen den Eindruck haben könnte, das passt nicht zusammen, der Eindruck täuscht. Heimataerde haben einen Weg gefunden die 2 Musikgenres genial zu verbinden. Auch showtechnisch lässt der Auftritt kaum Wünsche offen, nie langweilig, sondern höchst unterhaltsam zelebriert die dunkle Bruderschaft ihre Musik. Und wenn das, aufgrund der frühen Auftrittszeit, ziemlich träge Publikum nicht mitmacht, dann gibt’s schon mal eine Ansprache der derberen Art. Gut so, passt herrlich zum Image der Band.

Zugegeben, das ist wirklich nichts für zarte Gemüter und schon gar nichts für Kinder, wenn sich Ignatius von Schneeberg die Kehle durchschneidet und das Blut nur so spritzt oder man ein blutgetränktes Herz ans Publikum verschenkt, von der Tötungsszene zum Schluss ganz zu schweigen. 

Wem das zu brutal ist, der sollte die untoten Gesellen meiden, allen anderen sei gesagt, ein Wohlfühlclub waren die Menschen im Mittelalter keineswegs, da ist das was Heimataerde auf der Bühne inszeniert, geradezu harmlos. Übrigens verstecken sich hinter den martialisch auftretenden Musikern extrem nette Gesellen, wenn sie sich einmal die Farbe aus Haaren und Gesicht gewaschen haben. Für die, denen die Musik gefällt, und das waren zu so früher Stunde wirklich extrem viele, war der Auftritt von Heimataerde einer der absoluten Highlights des Wochenendes. Am Samstag spielte der Headliner am Anfang und der Rausschmeißer logischerweise am Ende, aber dazu später mehr.

 

Spielbann

 

Wieso um Himmels Willen steckt man Spielbann ins Papa Hemingway? Ausgerechnet eine Band, die nach der gemeinsamen Tour mit ASP und völlig zurecht viel Lob in der Schwarzen Szene für ihr Album „In Gedanken“ zuletzt viele Fans dazugewonnen hat. Platz gab es jedenfalls keinen, weder im Zuschauerraum, noch auf der extrem kleinen Bühne. Den brauchen die 5 von Spielbann aber eigentlich, denn eine ihrer Stärken sind zweifellos die energiegeladenen Live-Shows. Vor allem wenn sich „ the Beauty and the Beast“ also Sänger Seb und Beauty Nic das Mikrofon teilen und gegenseitig Blicke zuwerfen, mal voller Hass mal sehr leidenschaftlich ist das auch showtechnisch großes Kino. Schade, dass das Publikum wegen bereits besagter Ausleuchtungsprobleme davon so gut wie nichts sieht. Früher eher als Mittelaltercombo unterwegs hat man sich inzwischen ganz dem Dark und Gothic Rock verschrieben, zum Glück muss man sagen. Denn das haben Spielbann wirklich drauf, sie sind live packend, fesselnd und mitreißend und davon lässt sich das Publikum auch sofort anstecken. Auch wenn man an diesem Tag bühnenbedingt nur manches zeigen konnte, wurde Spielbann gnadenlos gefeiert und verwandelte den kleinen Pub-Saal in die stimmungsvollste Kleidersauna Deutschlands.

 

Crematory

 

Bereits seit 1991 gibt es nun schon die Gothic Metal Band und noch immer sind 3 Gründungsmitglieder an Bord. 2016 kamen dann aber gleich 3 neue dazu und mit Tosse Basler dadurch auch eine neue Stimme. Und was für eine. Eine richtige Heavy Metal Röhre hat der Mann und zusammen mit „Felix“ Stass, ergeben sich stimmlich reizvolle Möglichkeiten, die Crematory meist in Englisch, aber auch schon mal auf Deutsch gekonnt ausnützt. Vom Sprechgesang bis zur Heavy Metal Ballade geht da alles, gekonnt und hörenswert noch dazu. Ob hart und düster, oder eher zart und gefühlvoll, wobei hier Tosse Basler Erpelpellefähigkeiten (Gänsehaut) besitzt. Da man außerdem seit 2016 auch noch 2 Gitarristen in der Band hat, klingt der Sound wohl so satt wie noch nie. Auch nach 25 Jahren ist der Crematory Sound fetzig, frisch und vielleicht so hörenswert, wie noch nie.

 

Legend

Wie im letzten Jahr TÜSN, gebührt in diesem Jahr der „Autumn Moon Echo“ als Überraschungsband des Festivals Legend. Island, das nicht gerade als Musikweltmacht bekannt ist, hat trotzdem immer wieder Interessantes zu bieten und Legend sind das Aushängeschild schlechthin. Die Parallelen zu den Fußballern die mit großer Leidenschaft bei der EM sich in alle Fußballherzen spielten, sind frappierend, Schaffte dies Sänger Krummi Börgvinsson mit viel Herzblut und seiner ungezügelten Leidenschaft doch ebenfalls problemlos beim Hamelner Publikum, das sehr zahlreich erschienen, den Auftritt verfolgte. Der große Dead Can Dance Fan, braucht sich vor seinen Vorbildern wahrlich nicht verstecken. Mit viel Bombast und epischen Melodien legt Legend einen faszinierenden hymnisch poppigen Auftritt hin, wie keine Band an diesem Wochenende. Egal ob rau und hart oder zart und mit viel Gefühl. Der Legend Sänger hat alles drauf und verblüfft so nebenbei sein Publikum damit, was man mit dem eigenen Shirt so alles anstellen kann, wenn man es erst einmal ausgezogen hat. Kein Fehler übrigens, so konnte die Frauenwelt auch alle Tattoos erst richtig bewundern. Ein Auftritt der lange im Gedächtnis bleibt, Lebensenergie pur und musikalisch mit Hymnen, die einen, einmal gehört nicht wieder loslassen. Hoffentlich auch im nächsten Jahr beim Autumn Moon um auch hier TÜSN nachzueifern.
 

End of Green

Was soll man über Sänger Michelle Darkness und seine Band End of Green groß sagen, eigentlich langt man braucht nur zuhören und weiß was Gothicmusik bzw. in dem Fall „Depressed Subcore“, wie sie es bezeichnen, so faszinierend macht. Auch wenn Themen wie Depression, Tod und Einsamkeit nicht gerade die schönsten sind. Aber damit geht die schwarze Szene ja eh ganz anders um, als die meisten Menschen. Und Michel Darkness ist stimmlich eines der Aushängeschilder der Szene. Der Bandname bezeichnet übrigens das Ende der durch die Farbe Grün symbolisierten Hoffnung und so mancher Konzertbesucher gab wohl schon die Hoffnung auf, auch mal ein anderes Licht als Grün auf der Bühne zu sehen. Dafür konnte man einen qualmenden Sänger erleben, dessen Sucht scheinbar so groß ist, dass er es nicht mal eine Stunde ohne Zigarette aushält. Vielleicht brauchen es aber auch die Stimmbänder, quasi wie Öl der Motor. Dann verzeiht man ihm das gerne, denn auf die Gothic-Voice schlechthin will man wirklich nicht verzichten.
 

The Moon and the Nightspirit

Eine herumwirbelnde Geigerin und mit dem Publikum agierende Sängerin konnte man bei „The Moon and the Nightspirit“ natürlich nicht erleben. Agnes Toth gehört nicht gerade zu den extrovertiertesten Menschen unseres Planeten. Sie ist eher die Schüchternheit in Person und so sitzt das hübsche Wesen auch diesmal ziemlich in sich gekehrt auf ihren Stuhl, hat die Geige in der Hand und meidet jeden Kontakt mit dem Publikum. Immerhin ein paar Mal gehen die Augen auf, ansonsten ist sie, unterstützt von großartigen Mitmusikern, in ihrer musikalischen Welt versunken und zelebriert einen Pagan Folk sowohl in Ungarisch als auch in Englisch gesungen. Es ist sicher kein Fehler es ihr gleich zu tun, die Augen zu schließen, zuzuhören und zu genießen. Eine Showband ist „The Moon and the Nightspirit“ wahrlich nicht, das verzeiht man den Ungarn aber gerne, wenn sie auch weiterhin so großartigen Pagan Folk abliefern wie auf den bisher erschienen 5 Alben. Agnes wundert sich ja immer wieder, dass Menschen ihre Musik so mögen, es werden sogar immer mehr und das völlig zurecht. Wenn man miterleben durfte, wie sich ein Musiker wie ein kleines Kind freut, endlich ein Bandshirt von „The Moon and the Nightspirit“ kaufen zu können, kann man gut ermessen, welchen Stellenwert die Ungarn auch in Musikerkreisen genießen.   
Besucher des Festival Mediavals 2017 dürfen sich schon heute tierisch auf den Auftritt von The Moon and the Nightspirit freuen, es wird, so wie beim Autumn Moon, einer der musikalischen Highlights des Wochenendes werden.

Lacrimas Profundere

Mit Dark Rock aus Oberbayern, den die Band gerne als „Rock `n`Sad“ bezeichnet, ging es nach End of Green ziemlich düster weiter. Lacrimas Profundere haben jüngst mit „Hope is here“ ein neues Album auf den Markt gebracht, übrigens das erste Konzeptalbum in der Bandgeschichte.  Mit Platz 30 in den Charts fand es zurecht auch ziemlich viele Käufer. Erstaunlich für eine Band, die bisher nicht wirklich im Focus stand, aber musikalisch ist das Album sehr gelungen und das geniale Konzept dahinter, würde auch showtechnisch spannende Möglichkeiten der Umsetzung bieten. Das geschah leider beim Autumn Moon nicht, aber ein Festivalauftritt ist ja auch immer etwas anderes als eine eigene Tour, die Anfang 2017 starten wird. Zusätzlich erwies sich das Set direkt nach End of Green auch nicht als besonders glücklich, denn im Vergleich zu dessen Sänger ist Roberto Vitacca nicht mit einer so einmaligen Stimme gesegnet. Man darf sich also etwas einfallen lassen will man die Besucher auch live genauso begeistern wie mit der neuen CD. Beim Autumn Moon gelang das teilweise.

She Past Away

Was dem Publikumszuspruch betrifft, dürften She Past Away die Gewinner des Wochenendes in der Sumpfblume gewesen sein. Es gab kaum ein Durchkommen, so viele Leute wollten den Dark Wave der Türkischen Band hören. Sie sind übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass die Sprache mit der gesungen wird, gar nicht so entscheidend ist. Denn türkisch verstanden sicher die wenigsten im proppenvollen Saal. Mit einem gewissen Exotenbonus hat das übrigens wenig zu tun, die Musik mit druckvoller Rhythmik und eingängigen Melodien, gepaart mit einer Stimmlage, die etwas an Bands wie The Cure oder den Sisters of Mercy erinnert hat ohne Frage eine Eigenständigkeit und einen echten Reiz für Liebhaber dieser Musikrichtung. Auch ein defektes Mikrophon brachte die Band nicht aus dem Konzept, sie wechselten das kurzerhand selbst (inklusive Mikrofonständer), nachdem unverständlicherweise kein Techniker zu Hilfe eilte.
 

L`Ame Immortelle

20 Jahre gibt es L`Ame nun schon, sie gehören somit zu den dienstälteren Bands der schwarzen Szene. Und auch zu einer der faszinierendsten. Zum Glück ist Sonja Kraushofer und Thomas Rainer
inzwischen wieder live unterwegs. Passend zur 2016 erschienenen Best of CD „20 Jahre L`Ame Immortelle“ gab es eine Setlist mit vielen Knallern der letzten 20 Jahre zu hören. Faszinierend wie eh und je, der Gegensatz von Sonjas Gesang, der den sanfteren Part darstellte und der rauhen Voice von Thomas Rainer. Auch die Texte, mal Englisch, mal Deutsch gesungen packten wie eh und je. Manch einem mag das vielleicht zu theatralisch sein, was sich in der Rattenfängerhalle abspielte, aber gerade das macht den Reiz der Band erst aus. Keine räkelte sich auf der Bühne so gekonnt, wie die Sängerin der Band, keine trägt so spektakuläre Kleider wie Sonja Kraushofer, eines ihrer Markenzeichen.
2 Bemerkungen von Thomas Reiner blieben übrigens besonders haften. „Wir sind unsterblich“, wird wohl leider was die 2 Musiker betrifft nicht klappen, für einige Nummer gilt das aber definitiv.
Bei der zweiten „wir sind wie die Pest, uns wird man nicht los“ kann man nur hoffen, dass sich das wirklich erfüllt. Sich beide auch in Zukunft musikalisch auch weiterhin so gut verstehen, dass sie nicht nur noch viele tolle Nummern schreiben, sondern auch weiterhin, öfters als zuletzt, live zu bewundern sind. So wie in Hameln, wo man einen begeisterten, Festivalbedingt, eigentlich deutlich zu kurzen Auftritt hinlegte. Man hätte zu gerne noch länger zugehört und Sonja Kraushofer war einfach grandios an diesem Tag, aber das ist sie eigentlich eh immer.

Welle Erdball

Wenn der imaginäre Radiosender Welle Erdball auf Sendung geht, wirkt das, wie Musik aus einer anderen, längst vergangenen Zeit, Retrocharme sozusagen. Und die Älteren Besucher denken sicher in diesem Zusammenhang gerne auch an die Neue Deutsche Welle zurück. Verstärkt wird der Eindruck natürlich noch durch die Bühnenoptik, auch 2016 rückt die Band vom bekannten Erscheinungsbild der „Moderatoren-Anzüge“ zum Glück nicht ab. Es ist alles wie schon viele Jahre bekannt, auch der Ersatz für Mrs. Plastique Lady Lila kommt gesanglich ähnlich lieblich daher. Und doch ist die Band höchst aktuell, das merkt man gut an den Liedertexten, die ganz aktuelle Themen gekonnt aufgreifen. Genauso gekonnt ist, wie immer, ihre Bühnenshow. Welle Erdball verstehen es ihr Publikum bestens zu unterhalten, kein Wunder, dass die Halle extrem gut gefüllt war. Und gerade das Publikum konnte einen echt in Erstaunen versetzen. Weniger, dass man sich über die vielen riesigen Luftballons, die Welle Erdball mitgebracht und ins Publikum geworfen hatte, extrem freute und sie begeistert in der Luft hielt, sondern darüber, dass auch nach Ankündigung von Sänger Honey in einem 50 Euro versteckt zu haben, nicht ein lautes Knallen zu vernehmen war, sondern weiter ausgelassen mit den Ballons gespielt wurde.

Ignis Fatuu

Ohne das verbliebene Gründungsmitglied Irene, die krankheitsbedingt passen musste, dafür aber mit 2 Ersatzmusikerinnen u.a. mit Katharina die Unerschrockene von Schattenschweif, hatten die Franken gleich 2 Auftritte an einem Tag zu absolvieren. Aufgrund Überfüllung konnten nicht alle im Papa Hemingway dabei sein, auf der Open-Air Bühne war dafür genug Platz für alle. Entsprechend gut gefüllt war der Platz vor der Bühne, vielleicht auch zusätzlich, weil sich herumgesprochen hatte, dass beim ersten Auftritt die Stimmung im Saal kochte. Und auch beim zweiten Gig zeigte sich P.G. und seine Truppe höchst motiviert und hatten keine Probleme das Publikum zu begeistern. Die Setlist mit alten Klassikern und Stücken aus dem Dürer-Konzeptalbum „Meisterstich“ überzeugte, einzig echte Ignis Fatuu Kenner werden die Stimme von Irene dann doch etwas vermisst haben.

Christian Death

Höchst fragwürdig war der Auftritt der Death/ Goticrock-Alternativ-Metalband Christian Death. Die 1979 gegründete Band um Sänger Valor Kand aus dem Westen der USA hat definitiv den Schuss noch nicht gehört.
Man wundert sich ja über nichts mehr, wenn fast die Hälfte der Bevölkerung eines Landes wie die USA einen Präsidenten wie Donald Trump ernsthaft in Erwägung zieht. Aber was der Sänger an politischen Meinungen so von sich gibt ist zumindest Diskussions-, wenn nicht höchst fragwürdig. Immerhin hat der Verfechter des Ausstiegs Großbritanniens aus der EU und Gegner der selben (Zitat:) „weil sie ja nur Deutschland nützt“, erkannt, dass Donald Trump eine Witzfigur ist, wie er sagt. Allein dafür hätte man ihn ja von der Bühne ziehen müssen, von wegen nur Deutschland nützt. Seine Aufforderung ihm alle Drogen die die Leute mithaben auf die Bühne zu werfen, er nimmt alles, geht aber mal gar nicht. Wer in der heutigen Zeit Drogen verherrlicht, noch dazu in einer Band, deren Geschichte auch eine Drogenvergangenheit hat, dem ist nicht mehr zu helfen.  „Fuck the Pope“ ist dagegen ja Kinderkram, auch ein erklärtes Feindbild von Valor Kand.
Musik wurde übrigens auch gemacht, wobei fast mehr die Bassistin aufgrund ihrer unübersehbaren Reize ins Auge stach. Seiner Ankündigung zum Ende des Konzertes, dass sie gerne Autogramme auf diversen Körperteilen geben würden, wenn gewünscht, löste auch keinen Andrang aus, ganz im Gegenteil und auch die Begeisterung im Publikum hielt sich merklich in Grenzen.
 

Zombie Boy

Als echte Weltpremiere wurde das kanadische Tattoo Model Rick Genest bzw. Zombieboy angekündigt. Erster Auftritt und dann gleich Headliner beim Autumn Moon zusammen mit dem Ex Rob Zombie Gitarristen Mike Riggs, die Erwartungen waren schon mal entsprechend hoch. Und alle Heidi Klum Fans waren bestimmt gespannt, wie das aus Germanys Next Topmodel bekannte Gesicht in Natura ausschaut. Man hätte eigentlich schon vor der Show gewarnt sein sollen, im Vergleich zu Welle Erdball war der Andrang höflich ausgedrückt, ausbaufähig. Spätestens nach dem quälend langen Intro und den Mühen die Zombie Boy hatte, das Mikrofonkabel vom Ständer zu lösen, sollte man aber gewarnt sein. Dass das, was dann allerdings kam, so krass ausfallen würde hätte wohl niemand erwartet.
Immerhin steht Zombie Boy mit seinen 176 Insekten und 139 Knochentattoos schon 2-mal im Guinness Buch der Rekorde, der Auftritt in Hameln war auch rekordverdächtig. Und vielleicht findet man ihn bald nochmal im Guinness Buch, als der Headliner der innerhalb kürzester Zeit eine Halle erfolgreich leergesungen hat. Denn diese Qualität hatte der Kanadier definitiv an diesem Tag. Es spricht aber auch für ein fachkundiges Publikum, es langt halt einfach nicht nur
„gut“ auszuschauen. Um den um klare Statements nie verlegenen Dieter Bohlen (immerhin der Poptitan) einmal zu bemühen, ein Zitat im Stile von „Bei mir kommen solche Geräusche aus anderen Öffnungen“ oder „Wenn schlechte Stimmen fliegen könnten, wärst Du ein Satellit“ wären wohl auch beim Auftritt von Zombie Boy in DSDS die Folge.
Da passt gar nichts, Gesang(?), Performance, das Ablesen der Texte vom Teleprompter und den entsprechend richtigen Einsatz, man wartete eigentlich jeden Moment darauf, dass Guido Cantz um die Ecke springt mit einem Schild „Verstehen sie Spaß“. Doch leider war es bitterer Ernst und Cantz weit und breit nicht zu sehen.
Eigentlich konnte einem der Kanadier ja fast leidtun, wer hat ihm das nur „eingebrockt“, wenn er aber wirklich selbst der Meinung war, er ist ein Gesangstalent, dann gehört er zum Teil der Menschheit, die trotz völliger Talentfreiheit (fürs Singen wohlgemerkt!) ähnlich tickt und die man aus Sendungen wie DSDS oder Deutschland sucht den Superstar bestens kennt. Ungläubiges Staunen auch bei einigen Musikern, die sich in der Halle eingefunden hatten und bei den Pressevertretern.
Zombieboy, der Mikrofonständer, der Teleprompter und das Autumn Moon Publikum, das werden wohl keine Freunde mehr. Es bleibt dem Kanadier zu wünschen, dass man ihm entweder weitere Auftritte erspart, oder ein Publikum für ihn findet, dem es völlig egal ist, wie jemand singt, Hauptsache er sieht gut aus und zieht sich aus. Soll es ja auch geben, in Hameln allerdings nicht.

Circus of Fools

Die Macher des Autumn Moon haben schon ein echtes Händchen einen Festivaltag in der Sumpfblume spektakulär zu beenden. Waren es 2015 die Norweger von Trollfest, so hatten 2016 Circus of Fools diesen Part inne, optisch ein absoluter Genuss. Allein die Bühnenoutfits machten unfassbar viel her und die Band aus Tübingen ist eine grandiose Liveband. Auch wenn der Grad zum Wahnsinn, besonders beim Frontmann echt fließend ist. Selbst wenn man den harten Musikmix aus Rock, Melodic, Death und Goth Metal nichts abgewinnen kann, der zwar sehr brachial aber auch melodisch rüberkommt, allein die Bühnenshow, die Stimme der Sängerin, vom Wahnsinnigen am Mikrofon ganz zu schweigen waren beste Gründe sich den Narrenzirkus bis zum Ende anzuschauen. „The March of the Puppets“ präsentiert von Circus of Fools war ein würdiger Vertreter, ein erneut extrem gelungenes Autumn Moon spektakulär zu beenden. Und die Macher haben sichtbar daran gearbeitet. So war das größte Problem 2015, die massiven Zeitverschiebungen 2016 keines mehr. Auch dafür ein dickes Lob.

 Und sonst so...

Leider ist der Bericht nur ein Auszug aus dem Festivalprogramm, mehr ist eigentlich nicht zu schaffen und trotzdem fährt man mit der Gewissheit nach Hause noch eine ganze Menge an tollen Konzerten verpasst zu haben, wie ein Konzert der besten Piratenband Ye Banished Privateers, die wieder überall zu finden waren und musizierten, von M.I.N.E , das Camouflage Seitenprojekt, Evellon die Symphonic Metal Newcomer oder die Slowenen von Torul um nur ein paar von weit über 40 Bands im Line-Up zu nennen. Vom Geschehen auf dem Halloween Markt, den Schiffskonzerten oder den Lesungen ganz zu schweigen. Nicht zu vergessen ein gerade am Abend sehr stimmungsvoller Markt, wo immer etwas geboten war und auf dem Sonntag ein Konzert von Elmsfeuer das Autumn Moon 2016 auch hier musikalisch hochwertig ausklingen lies.  Das Autumn Moon ist einfach einen Besuch wert, jede Wette auch 2017, wenn die dritte Ausgabe bei hoffentlich besserem Bühnenlicht erneut ein höchst vergnügliches Wochenende garantiert. Ein Festival, bei dem man genauso gut viele spannende Neuentdeckungen machen, wie die alten Hasen der schwarzen Szene live erleben kann, wie z.B. „Das Ich“ in diesem Jahr. Und die Idee eine Liedermacherin wie Sarah Lesch eine Bühne zu bieten darf zusätzlich als höchst gelungen bezeichnet werden. Das dabei etwas einmal in die Hose geht, wie der Auftritt von Zombie Boy, ist immer drin. Der Fehler liegt hier in erster Linie beim Management, das dem bedauernswerten Herren so unvorbereitet auf eine Bühne gestellt hat, wo er definitiv an diesem Abend nicht hingehörte. So was ist locker zu verschmerzen, wenn es auf der anderen Seite gelingt Ausnahmekönnern wie Legend oder TÜSN eine Bühne zu bieten. Und die Garantie hat man beim Autumn Moon immer. Weiter so Autumn Moon, ihr seid auf dem richtigen Weg.

 












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