Bardentreffen
2016
mit
Mo Kalamity
Eivor
Iyeoka
Maia Barouh
Wolf Maahn
Pat Thomas
Seth Lakeman
Alejandra Ribera
Elida Almeida
El Mago Masin
u.a.
|
Nürnberg, 29-31.07.2016
Wie jedes Jahr war auch
das diesjährige Bardentreffen ein Muss für jeden
Musikliebhaber. Es wird so viel geboten, es gibt unzählige tolle
Musiker/innen zu entdecken und eine ganze Stadt wird zur
größten Open Air Bühne der Welt an diesem Tag.
Allerorten wird musiziert und nicht selten sind es auch die
vergleichsweise „kleinen“ Straßenkonzerte, die nicht
nur massig Besucher anziehen, sondern auch zu den Highlights des
Wochenendes werden. So wie bei El Mago Masin, der am Freitag und
Sonntag seinen Stammplatz beim Cinecitta gefunden hat und dort den
ganzen Abend eine große Menschenmenge bestens unterhielt. Wie gut
sieht man allein daran, dass am Sonntag, als er sich etwas
verspätete, der Platz schon gut gefüllt war und etwa 100
geduldig auf ihn warteten, als er noch gar nicht zu sehen war. Er ist
einer der Gesichter des Bardentreffens und noch dazu einer, der jeden
das Lächeln ins Gesicht zaubern kann. Großes Kino mit
Lachgarantie auch vorm Cinecitta, 4 Stunden Programm non stop werden
nicht langweilig. Man wünscht sich den Lokalmatatoren endlich auch
einmal wenigstens eine Stunde auf dem Hauptmarkt, wenn 20000
„Wolfgang“ singen wäre das nur ein gerechter Lohn
für einen der lustigsten Bardentreffenkünstler die man
erleben kann.
Aber so wie ihn gibt es weitere großartige Straßenmusiker
wie z.B. Nick und June, die den Reiz des Bardentreffens nochmals
erhöhen und das Sahnehäubchen des Weltmusikfestivals
darstellen.
Einen weiteren Reiz bietet das Festival, durch seine unglaubliche
musikalische Bandbreite und dem jährlichen Thema. So hieß es
diesmal „Sound of Islands“ und getreu dem Motto kamen die
Künstler in diesem Jahr von den Färöer-Inseln, den
Orkney Inseln, Gotland und Island ganz im Norden, über die
Kapverden England, Sardinien, Formentera, Cuba, Zypern und Sardinien
bis zu Madagaskar, La Reunion und Neuseeland ganz im Süden, Japan
nicht zu vergessen. Und im Gegensatz zu einem Land wie Deutschland mit
229 Einwohnern pro km², lassen sich auch in einem Land mit gerade
einmal 3 Einwohner pro km² großartige Musik und Musiker
finden, wie auf Island.
Viele davon bekommt man normal in Deutschland sonst eher nicht zu
Gesicht und egal welche Religion, welche Hautfarbe oder welche Sprache,
das interessiert beim Bardentreffen niemand. Alle eint eine
Gemeinsamkeit, die Liebe zur Musik und egal ob das Publikum oder die
Musiker, schöner kann man nirgends sehen, was Globalisierung an
Positivem mit sich bringt, wie schön es ist eine Welt ohne Grenzen
zu haben und wie befruchtend es sein kann, andere Kulturen, andere
Musik, anderes Essen, Trinken usw. zu erleben.
Dabei sahen die Vorzeichen in diesem Jahr aufgrund der Terrorgefahr
nicht gut aus, es wurde sogar eine Absage erwogen. Keine leichte
Entscheidung, man hat sich für die einzig richtige, die
Durchführung entschieden. Und so wurden zwar die
Sicherheitsmaßnahmen erhöht, die Securities und die Polizei
machten einen großartigen Job, ohne dass dies das Festival in
irgendeiner Weise negativ beeinflusste. Besser geht’s nicht,
trotzdem war die Terrorangst irgendwie schon präsent und sei es
nur durch all jene die sich davon haben abhalten lassen, das
Bardentreffen zu besuchen. So waren es schon merklich weniger Besucher,
aber immer noch sehr viele die sich ein schönes Wochenende
machten, das Bardentreffen selbst hatte an seinem Flair auf alle
Fälle dadurch nichts verloren. Ganz im Gegenteil.
Genug der Vorrede schauen wir auch dieses Jahr auf das Musikprogramm,
das verständlicher Weise bei inzwischen 12 offiziellen
Veranstaltungsorten, verteilt über den Altstadtkern Nürnbergs
problemlos gut erlaufbar, nur ein ganz kleinen Eindruck wiederspiegelt.
Noch dazu, wenn es sich wie in diesem Jahr nur auf 3 Spielorte,
Lorenzkirche, Insel Schütt und der Hauptbühne am Hauptmarkt
beschränkt. Und dort wurde um 19.00 das Bardentreffen 2016 mit
einem ganz besonderen Gast eröffnet.
Mo Kalamity and the Wizards
Mo Kalamity stammt von den Kapverden und ihre Liebe zur karibischen und
afroamerikanischen Musik hat sie zum Glück auch durch ihren neuen
Lebensmittelpunkt Frankreich nicht verloren. Die Frau hat den Reggae im
Blut, entspannend und gechilled wird er präsentiert.
Trotzdem Musik mit Ecken und Kanten, da wird nicht von Bienchen und
Blümchen gesungen. Frau Kalamity hat etwas zu sagen und hält
sich auch mit politischen Botschaften nicht zurück. Hinzu kommt,
dass der Eye-Catcher auf der Bühne mit den Wizards eine
spielfreudige Band mitgebracht hat. Die und die Ausstrahlung der
Schönheit am Mikrofon verfehlen ihre Wirkung nicht. Schnell kommt
gute Laune im Publikum auf und eine entspannte Atmosphäre macht
sich breit. Ein genialer Auftakt und einen besseren Beweis für den
Spruch „Black is Beautiful“ kann man wohl auch kaum finden.
Genauso entspannt wie sie sich auf der Bühne gibt, kann man sie
danach dahinter erleben, ein großartiger Auftakt 2016 und eine
tolle Musikerin, die man gerne öfters sehen würde.
Funny van Dannen
Maler, Autor, Liedermacher, die Talente eines Funny van Dannen sind
weit gestreut. 8 Bücher gibt es inzwischen vom ihm, Titel wie
„Der Tag als Rosi kam“ und „Neues von Gott“
lassen schon vermuten, dass es ähnlich wie in seinen Songs eher
absurd zugeht. Wo es durchaus einmal melancholisch und romantisch
werden kann, meist aber das witzig absurde, das satirisch
überspitzte oder die Ironie die Oberhand behält. Die
Wortschöpfung im Bardentreffen-Programmheft, die von melankomisch
spricht, trifft es ganz gut.
Van Dannen verhalf auch den Toten Hosen zu einigen Hits, wie z.B. dem
Song über den „FC Bayern“, „Schön
sein“ und „Walkampf“ mit der legendären
Liedzeile „Schieb den Wal zurück ins Meer.“ Daneben
covern auch Künstler ganz gern mal einen Song von ihm, wie z.B.
Udo Lindenberg. Damit ist er meist mehr im Gespräch, als mit
seinen eigenen Songs und Alben, die in der Regel live einspielt
werden, einfach mit akustischer Gitarre und Mundharmonika
instrumentiert. Genauso wie an diesem Abend in Nürnberg. Auch da
packt er die Mundharmonika aus, hatte seine Gitarre und einen kleinen
Koffer dabei und ein paar Lied und Songtextblätter, den
Notenständer und die Brille nicht zu vergessen. Das war es dann
auch schon. Mutig ist der geborene Niederländer und Wahlberliner,
sich unplugged vor die Massen am Hauptmarkt hinzustellen, wie wenn es
ein kleines Clubkonzert wäre.
Und so legt er los mit seinen bisweilen extrem lustigen, manchmal aber
auch ans Blöde grenzenden Songs, „er brauche ja
schließlich das Geld“ wie er sagt und bohrt auch gleich
einmal eine Wunde in die Herzen der Glubbbbb-Fans, als er auf das Thema
Fußball zu sprechen kam. Nicht nur was das Thema Abstieg
betrifft, auch das Geheimnis des Fußballs, nämlich
„latente Homosexualität“ wird den Massen offenbart.
Typisch Funny van Dannen, einschleimen ist nicht sein Ding.
Dafür aber den armen im Rollstuhl sitzenden Wolfgang Schäuble
im Traum zu verprügeln, er hat es ja nicht besser verdient und so
manch einer wird im an diesem Abend beigepflichtet haben. Er singt vom
Nana Mouskouri Konzert, von den lästigen Fruchtfliegen, die jeder
in der Küche verflucht und von lesbischen schwarzen Behinderten.
Man erfährt, dass er ein „Nuttenauto“ fährt und
dass er „einen (oder 2 oder mehrere) Arbeitsplätze
vernichtet“ hat, der Schlingel.
„Humankapital“ bewegt ihn ebenso, wie er irgendwann sein
Gehirn absaugen lassen wird um sich zu integrieren. Zuvor wird er aber
Bayern München Fan, Grönemeyer gut finden und die Scheu
verlieren, sich als Krone der Schöpfung sehen und nicht zu
unterschätzen, Geiz geil finden. Es kann also dann doch etwas
dauern mit dem Gehirnabsaugen. Gut so, so kann er dank Gehirn
wenigstens weiterhin, z.B. das Homebanking genauso gekonnt auf
die Schippe nehmen, wie die Deutschen Tugenden in „Wir
Deutschen“.
Und so lernt man, dass Funny van Dannen dank seiner Eurythmieschuhe mit
dem Kosmos im Einklang ist, dass gestern die Depression zum
Weltkulturerbe erklärt wurde, dass Anita ein Junge war, was ja
durchaus vorkommen soll und nicht zu vergessen, als wirklich absolut
wichtige Information, dass Frozen Jogurt kein Name für ein Kind
ist. Das hätte er dann mal lieber den Menschen vorgesungen, die
ihr Kind Emilie-Extra, Galaxina, Birkenfeld, Tom Tom, Frieden mit Gott
allein durch Jesus Christus oder Borussia nennen oder nennen wollten,
statt den zig-Tausend am Hauptmarkt. Da er außerdem gerne Tiere
in seinen Songs personifiziert durfen Songs wie Okapiposter und Tapir
genauso wenig im Programm fehlen wie der Über-Funny-Song
Herzscheisse.
Genauso bewundernswert wie die Texte des „trockenen“
Holländers ist übrigens ein Herr ganz vorn im Publikum, der
jeden Song problemlos mitsingen konnte. Leider nur er, denn das war der
einzige Knackpunkt an diesem Abend, ein Funny van Dannen Konzert in
kleiner Location vor Fans ist eine noch viel vergnüglichere
Angelegenheit, als am Hauptmarkt vor einer Kulisse, die
größtenteils den Holländer das erste Mal erlebten.
Iyeoka
Inzwischen geht es
scharf auf die 49 Mio Menschen zu, die sich das Video Simply
Falling von Iyeoka Okoawo auf Youtube angeschaut haben. Damit ist die
aus Nigeria stammende und nun in den USA lebende Sängerin ein
echter Youtube Star. Dass sie ausgerechnet diesen Song, der einmal
gehört, einen einfach nicht mehr aus dem Ohr geht, nicht ans Ende
ihres Sets stellt, sondern ziemlich am Anfang, zeigt neben viel
Selbstvertrauen, auch die Qualität der Songs, die Iyeoka so zu
bieten hat. Denn die Dame ist alles, aber kein One Hit Wonder,
auch wenn Simply Falling ihren bisheriger musikalischen Geniestreich
darstellt. Man verfällt dem Song genauso, wie thematisiert im Text
der Liebe zu einem Menschen. Anmoderiert wird das dritte von 4 Kindern,
von der großen Schwester, ihre Managerin. Die hat übrigens
nach eigenem Bekunden kein musikalisches Talent, das hat alles Iyeoka
geerbt. Das kleine Schwesterherz schreibt und komponiert ihre
Songs selbst und bewegt sich damit musikalisch im Bereich Funk, Rap,
Soul, etwas Blues, Jazz und den guten alten Motown Sound. Hinzu kommt
eine unwiderstehliche Bühnenpräsenz und eine
großartige, wandlungsfähige Soulstimme die den Auftritt von
Iyeoka Okoawo zu einem ganz besonderen Vergnügen und einem der
Highlights des diesjährigen Bardentreffen machten.
So ist im Programmheft
ein Zitat vom Kulturmagazin der ARD „ttt-titel, thesen,
temperamente“ zu lesen, die Iyeoka so beschreibt: Sie hat eine
Stimme so mächtig wie Nina Simone, ein Timbre wie Amy Winehouse,
ein Gerechtigkeitssinn wie Tracey Chapman und eine eigene Poesie wie
Bob Dylan“. Vielmehr muss man zur Ex-Vize-Weltmeisterin im
Poetry Slam kaum sagen, so treffend ist das Zitat. Was es aber
nicht sagt und man unbedingt noch erwähnen sollte, ist das Iyeoka,
auch wenn der Bühnenauftritt eine gewisse Divenhaftigkeit
vermuten lässt, davon weit entfernt ist. Ganz im Gegenteil.
Man schließt die 2 Okoawo-Damen sofort ins Herz, so arg, dass man
sie nach dem Bardentreffen schon richtig vermisst und hofft bald
Gelegenheit auf ein Wiedersehen zu bekommen, „Simply
Fallen“ sozusagen.
Zweiraumsilke
Jahr für Jahr kann man auf
der Bühne am Lorenzer Platz neue Bands entdecken, die einen nicht
nur im Gedächtnis bleiben, sondern die man am liebsten sofort
wieder live erleben möchte. So wie Zweiraumsilke, die als
„neuer heißer Scheiß aus Erlangen" angekündigt
wurden. In der Tat, versetzte das Musikkollektiv das Publikum geradezu
in Verzückung. Wer immer noch glaubt, dass Deutsche keine
Südamerikanischen Bläsersätze auf die Reihe bringen, der
hätte sich mal die 12 Verrückten aus Erlangen anhören
sollen. Optisch scheint man mit den alten Adidas Outfits ja die Zeit
zurückdrehen zu wollen, musikalisch ist das ganze dafür
ultramodern und lässt selbst den größten
Bewegungsmuffel hefig hin und herzucken. Und das kleine weibliche Wesen
am Mikrofon war ein Erlebnis für sich.
Wahrlich „heißer Scheiß" was Zweiraumsilke da
ablieferte und eine beeindruckende Bewerbung für die Band der
Zukunft. Gerne und schnell mehr davon.
wird fortgesetzt
Die Bildergalerien vom Bardentreffen 2016
wird nach und nach gefüllt
Zweiraumsilke
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