Mail | |
        10 Jahre Tanzt! - das Jubiläumsfestival
Männer tragen wieder Vollbart. Noch sind es nur die Männer
                                    Olaf Schubert
  
           



Wie jedes Jahr war auch die 10 Ausgabe des Tanzt! Festivals ein Highlight im alljährlichen Konzertkalender. Erneut hat es Michael Sackermann und sein Team geschafft eine musikalisch abwechslungsreiche und höchst unterhaltsame Musikveranstaltung auf die Beine zu stellen, die mit kurzen Umbaupausen, einer perfekten Organisation und sehr zur Freude der Besucher auch mit der Möglichkeit sich Autogramme aller Beteiligten zu sichern, glänzte. Und so waren die Künstler, bei den Autogrammzeiten auch dicht umlagert. 

Brachmond

Wie jedes Jahr gab es musikalisch Neues zu entdecken, das ging schon zu Beginn mit dem Auftritt der Lokalmatadoren von Brachmond los. Die abtrünnigen Spielleute haben sich 2014 gegründet und seitdem als 9-köpfige Band ganz dem Mittelalterrock verschrieben, mit dem Ergebnis, dass im Backstage gleich zu Beginn eine prächtige Stimmung aufkam. Mit 3 Mädels in der Band, die auch nochzur Freude des männlichen Publikums sehr auffallend agierten, hat man im Mittelalterbereich ja fast schon ein Alleinstellungsmerkmal zu bieten. Musikalisch ist man ebenfalls auf einem richtig guten Weg. So hätte es auch die Mitwirkung von Fuchsteufelswild Sänger Basti gar nicht bedurft, auch so war der Brachmond Gig überzeugend genug. Trotzdem ließ es sich Basti nicht nehmen, bei einem Lied mitzuwirken und ganz zum Schluss kam auch die fuchsteufelswilde „dicke Berta“ zum Einsatz, ein Sousaphon das Dank des Musikers Andreas Scheid nicht nur wie sonst den Sound von Fuchsteufelswild an diesem Tag auch von Brachmond sicht-und hörbar bereicherte.

Delva

Völlig konträr dazu, der Auftritt der zweiten Band Delva. Denn im Gegensatz zur treibenden Stimmungsmusik von Brachmond, bestimmten hier wesentlich ruhigere Töne das Klangbild. Auch wenn die wunderbare Frontfrau der Band Johanna Krins ihr Publikum mehrmals zum Tanzen aufforderte und man auch immer wieder tanzende Mädels beobachten konnte, so ist die Musik von Delva eher etwas zum Zuhören und Genießen, statt zum wilden Herumspringen. Da Schwesterherz und Stammgeigerin Judith aufgrund Babypause nicht mitwirken konnte, war Ersatz nötig und den hatte man höchst prominent in „Ally the Fiddle“ auch gefunden. Ein Glücksgriff für Delva und auch Ally hatte trotz Doppelbelastung an diesem Tag richtig Freude am Auftritt. Mit einigen neuen Songs deutete Delva auch schon einmal an, wo die musikalische Reise nach der Debüt EP Delva hingehen wird, nicht wenige im Publikum würden sich sicher wünschen, mit beiden Streicherinnen und Michael Löwe als Hahn im Korb, was die Besetzung angeht. Würden sich dadurch die eh schon sehr großen musikalischen Möglichkeiten des Trios nochmals deutlich erweitern. Respekt an Michael Sackermann für den Mut, auch mal eine andere Band als nur Stimmungsmugge ins Line-Up zu nehmen, wie gut das ankam konnte man am Ende erleben, als langanhaltender und sehr lauter Applaus Delva für ihren musikalischen Beitrag auf die schönste Art entlohnte, den man Livemusikern machen kann.

Nachtgeschrei

Viele Worte muss man zu Nachtgeschrei eigentlich nicht mehr verlieren, haben sie sich doch in den letzten 2 Jahren auch in München verdientermaßen ein festes Stammpublikum erspielt. Selbstverständlich ging es nun musikalisch deutlich heftiger zur Sache und Songs wie „Kerberos“ als Auftakt, gefolgt von „Eden“ und „Sirene“ langten um das Backstage zum Kochen zu bringen. Und egal was Nachtgeschrei auch anspielte, ob „die wilde Jagd“, „Das Nichts“, „Ardeo“ oder „Monster“ ob relativ neue Songs oder Klassiker wie „Windstill“, das Publikum war sichtlich begeistert. Und da Nachtgeschrei auch das Spiel mit dem Publikum liebt, konnten die sich als Unterstützerchor für das Team Sane oder Tilmann beweisen. Ans Schlafen denkt sicher niemand bei Nachtgeschrei, die mit „Schlaflos“ den gelungenen Auftritt beendeten, leider ohne dem Publikum einen Einblick in das schon längst fertige neue Album gegeben zu haben.

Versengold

Was dann folgte ist mit Worten eigentlich schwer zu beschreiben, Versengold sind inzwischen ja wirklich überall als famose Stimmungsband bekannt. Eine Band die jeder Veranstalter bedenkenlos buchen kann, man kann sich 100% darauf verlassen, dass die Norddeutschen eine grandiose Show abliefern werden, die beim Publikum, egal ob Versengold-Fans oder nicht, äußerst positiv ankommen wird. Was allerdings an dem Tag im Backstage ablief toppt das nochmals deutlich. Entweder die Band Versengold hatte einen absoluten Sahnetag erwischt, oder es waren nur Versengold Fans im Publikum und alle waren nur wegen ihnen ins Backstage gekommen. Vielleicht, und das ist die wahrscheinlichste Variante, haben sie es geschafft, mit unbändiger musikalischer Leidenschaft alle so mitzureißen, wie noch keine Band beim Tanzt! zuvor.  Was soll man sagen, wenn selbst im letzten Winkel der Halle die Leute noch die Arme auf Aufforderung hochrissen und begeistert mitsangen bei Knallern wie „Drey Weyber“, „Hoch die Krüge“, „Fass voller Wein“ oder „Kein Trinklied“ und die Stimmung geradezu zu explodieren drohte. Dass die Band auch ganz anders kann, meisterhaft Balladen beherrschen zum Beispiel im Song „Vom Zauberer des Wildfräuleins“ bleib zwar außen vor, weil man ganz klar an diesem Tag die Stimmungskarte ausspielte. Ganz nach dem Motto des Festivals „Kommt ihr Narren! Tanzt!“. Es sollte aber trotzdem erwähnt werden, gerade für Besucher, die die Band an diesem Tag das erste Mal live erlebten. Einziger Wermutstropfen, aber locker zu verschmerzen, war, dass es nichts Neues zu hören gab. Man muss also weiter ungeduldig darauf warten, was die Männertruppe an Neuem in Portugal zu Stande gebracht hat, wetten wieder mit so einigen musikalischen Überraschungen und ein neuer Meilenstein für die Band. Prophet muss man dazu, beim Können der Musiker, übrigens nicht sein.

Mägo de Oz

Mägo de Oz, die spanische Celticfolk-Metal Band mögen in den spanisch sprechenden Ländern eine echt große Nummer sein, in Deutschland hält sich der Fanzulauf und die Bekanntheit dagegen noch in Grenzen. Auftritte wie beim Tanzt! können daran allerdings sehr schnell etwas ändern, wo die Spanier trotz eines zum großen Teil nicht spanisch sprechenden Publikums prächtig ankamen. Sicher auch weil man sich in München Dank eines früheren Auftritts schon eine richtige Fanschar erspielen konnte. Die machte sich schon beim Autogrammtermin erstmals lautstark bemerkbar und sorgte schon da für ausgelassene Stimmung. Beim Konzert ging es dann entsprechend weiter, so dass die Musiker nach einer fragwürdig langen, von ihnen verursachten, Umbauzeit, vom Publikum begeistert unterstützt wurden. Ohne allerdings auch nur annähernd an die Stimmung von Versengold heranzukommen, aber die konnte eh niemand an diesem Tag toppen. Das größte Plus der Band ist, dass man musikalisch Dank der Instrumentenmischung und der abwechslungsreichen Kompositionen so breit aufgestellt ist, dass Mägo de Oz, vom Heavy Metal Fan, über den Prog Rock Hörer bis zum Mittelalter und Folk-Rock bzw. Rockfan, die Symphonic Metal Liebhaber nicht zu vergessen, so ziemlich alle erreicht und bedienen kann. Umso erstaunlicher, dass man den Geheimtipp-Status in Deutschland bis heute noch immer und völlig zu Unrecht, nicht ablegen konnte.

Vroudenspil

Geheimtipp und Vroudenspil, Begriffe die im Zusammenhang mit dem Tanzt! nicht zusammenpassen, ist die Band doch maßgeblich an der positiven Entwicklung der ersten 10 Festivaljahre mit beteiligt. Ein Tanzt! ohne die lustige Piratenmeute, undenkbar! Auch, das ist übrigens die traurigste Nachricht des Tages gewesen, wenn man in Zukunft auf die Dienste des singenden Steuermanns „Ratz von der Planke“ verzichten muss. Dem sind inzwischen wohl einfach zuviel Piratenlieder in den Kopf gestiegen, so dass er nun als Kapitän höchst selbst jeden Winkel der Weltmeere erforschen will.

Spaß beiseite, leider kann eine Band wie Vroudenspil bei weitem nicht von der Musik leben, der Beruf muss vorgehen, will man nicht irgendwann in der von Vroudenspil besungenen Gosse enden.
Ein schwerer Verlust keine Frage, trotzdem scheint man mit einem Nachfolger auch auf diese Situation schon gut gerüstet zu sein. Bleibt die Hoffnung, dass die Fans den Neuen mit offenen Armen empfängt und nicht gleich mit Vergleichen daherkommt. Vielleicht war es die traurige Nachricht, die auf die Stimmung drückte. Denn erst zum Schluss gelang es Vroudenspil das Publikum wieder vollends zu begeistern. Bis Ratz der Truppe aber endgültig Lebewohl sagt, wird es noch die Konzerte der Eisheiligen Nacht geben, wer die Piratenmeute also noch einmal in alter Besetzung erleben will sollte sich beeilen und eines der Konzerte besuchen. Lohnen tut sich das immer. 2017 wird man dann sehen, wie sich der Sound mit neuem Sänger verändern wird, wie gesagt ein Tanzt! ohne Vroudenspil – undenkbar.

Subway to Sally


Mit dem Headliner das Beste zum Schluss, gar nicht so einfach für Subway to Sally diesen Anspruch bei dem extrem gelungenen Line-Up und besonders auch wegen des furiosen Versengold-Auftritts auch zu erfüllen. Eine große Hilfe dabei ist ohne Frage die inzwischen wirklich extrem große Discographie die wahrlich nur so strotzt vor Hits. Und so ist jedes Subway to Sally Konzert aufs Neue schon allein wegen der Setlist äußerst spannend. Schön, dass die Band ihre Auftritte nie als Best of Hitsammlung abspult sondern es immer schafft eine gute Mischung von bekanntem und nicht so bekannten, von Hits und eher unbekannten Songjuwelen und von neuen und alten Liedern zu finden.
Wie zum Beispiel der Song Seemannslied vom Nord Nord Ost Album 2005 erschienen, den man sehr zur Freude des Publikums für das Tanzt! ausgegraben hat.
Knochenschiff, Mitgift, Arme Ellen Schmitt, Eisblumen, Sag dem Teufel, Maria, Das schwarze Meer, Kleid aus Rosen, Falscher Heiland und Sieben, der Mitsingfaktor bei Subway to Sally Konzerten ist gewaltig, der Spaß den die Band um ihren bestens aufgelegten Frontmann Eric Fish von der Bühne ins Publikum überträgt, ebenso. Und die, also die Band, präsentierte sich in neuer Besetzung. Denn leider hat eines der Gesichter der Band schlechthin "Frau Schmitt" nach 25 Jahren einen Schlussstrich unter das Kapitel Subway to Sally gezogen. Damit verliert die Band nicht nur einen echten Sympathieträger, sondern auch eine hervorragende Musikerin, die den Erfolg der band entscheidend mitgeprägt hat. Dass der Abschied kein Loch reißt, dafür hat "Frau Schmitt" höchst selbst gesorgt und mit Ally the Fiddle hat die Band nun ihre gute Freundin als neues Bandmitglied dabei. Und das ist ein echter Glücksfall für Subway to Sally.
Das kann man über die Lichtshow allerdings nicht gerade behaupten. Ein echtes Ärgernis ist es, dass man dem famosen Schlagzeuger der Band Simon Michael die meiste Zeit im Dunkeln trommeln lässt. Somit bleibt vielen Besuchern auch verborgen, was dieser so alles an den Drums veranstaltet. Wirklich schade.
Ansonsten war der Auftritt wieder ein famoser und Eric Fish ließ es sich nicht nehmen, bevor das Tanzt! Festival mit dem Song Julia und die Räuber standesgemäß zu Ende ging, seine Crowdsurfer-Fähigkeiten zu testen.

Damit machten Subway to Sally beste Werbung für ihre „Eisheilige Nacht“ Konzertreihe, bei der es neben Subway to Sally auch mit Vroudenspil ein Wiedersehen gibt. Und 2017 gibt es dann zum Glück einen zweiten Teil der Neon-Ekustik Tour, Gelegenheit Subway to Sally einmal anders und noch intensiver als beim Tanzt! erleben zu können. Und im November 2017 steht dann 11. Ausgabe des Tanzt! an und schon heute kann man sich darauf freuen, denn auch 2017 wird sich der Ticketkauf lohnen. Wetten!




www.gruftimusik.de / www.konzertreport.de / www.konzertimpressionen.de