Wenn eine im
Jahr 1994 gegründete Band nach 4 veröffentlichten Alben Ende 2002 ihre letzte
Tour spielte, um danach bis zum WGT 2015 völlig in der Versenkung zu
verschwinden ist das schon ziemlich ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist
allerdings, dass trotz so langer Pause die Publikumsresonanz ungebrochen hoch
ist. Es muss sich also um eine außergewöhnliche Band handeln und die
Liebhaber ihrer Musik sind in den vielen Jahren ohne Lebenszeichen nicht
weniger geworden. Das zeigt sich auch im beschaulichen Lichtentanne bei Zwickau,
wo die ehemalige Kirche St. Barbara (bzw. Sound Barbara) wie immer einen
großartigen Rahmen bietet und sich Musikliebhaber von Nürnberg bis Brandenburg
aufgemacht haben um sich von der Band verzaubern zu lassen. Und das fiel
Sängerin Anke Hachfeld, Maaf Kirchner am Synthesizer, Katrin Beischer an der
Violine und den Flöten, sowie Lars Watermann am Schlagzeug nicht schwer. Denn
die ehemalige Kirche erwies sich tontechnisch als traumhafte Location für Mila
Mar. Dadurch hatte man es umso leichter mit einem ziemlich schwer zu
beschreibenden Musik- bzw. Stilmix zu glänzen.
Wie
beschreibt man Mila Mars Musik? Neo-Folk, Nordisch-Folk, Ethno, gar Weltmusik
oder avantgardistische Popmusik, orientalisch geprägter Folk, Schamanengesang,
vieles findet sich in der Musik der Band wieder, keines trifft es wirklich so
richtig. Selbst die Vereinnahmung der Band als Band der schwarzen Szene ist
fragwürdig, auch wenn Mila Mar sicher eher als Vertreter dieses Musikstils, wie
des Heavy Metal taugen. Aber eigentlich ist Mila Mar von jedem etwas und egal
was man gerne hört in der Musik von Mila Mar kann sich der Grufti genauso
verzaubern lassen, wie der Fan von Indie, Folk oder Popmusik.
Einzig der
reine Mainstreamhörer wird wohl eher weniger glücklich sein, eine
Unheilig-Karriere ist der Band somit eher nicht zuzutrauen. Aber wer hätte das
bei Unheilig jemals gedacht.
Mila Mar ist
also ein musikalischer Gemischtwarenladen aber nicht der Discounter den man an
jedem Eck findet, eher der Edel-Lebensmittelladen der mit ganz Besonderem
glänzt.
Mein hochgeschätzter
Fotokollege Flo Hessler hat die Band für Schubladenfrei interviewt. (hier zum Nachlesen)
und der Satz „Freude, Streit, Schmerz und Versöhnung-eben Leben“
beschreibt das Geschehen an diesem Abend und die Musik der Band eigentlich am
besten – Leben musikalisch vertont in vielen Facetten, gesungen von einer
Sängerin mit einem Vier Oktaven Organ. Und wer die Texte nicht versteht sollte
sich nicht wundern, die von ihr entwickelte Fantasiesprache hat sich wie auch
elbisch bis heute noch nicht als Weltsprache etablieren können.
Wesentlich
schneller wie die Fantasiesprache etabliert sich da schon die Musik, die catcht
das Publikum gleich beim ersten Song „Follow me“ und spätestens nach „Haime“
und dem „Elfentanz“ hat die barfüßige Sängerin und die 3 eher im Hintergrund agierenden
Mitmusiker das Auditorium im Griff. Die lassen sich sichtbar verzaubern und
erweisen sich zum Glück als aufmerksames, fast zu zurückhaltendes Publikum.
Und es war
nicht nur eine Reise in die Vergangenheit. Neue Songs wie „Fliedermoos“,
„Asche“ und „Sand“ sind genauso faszinierend wie älteren Werke ala „Djanga“.
Ein Konzert aus einem Guss und trotzdem voller Abwechslung und als größtes Plus
ein Sound der so perfekt abgestimmt war, dass man ohne Ohrstöpsel jeden Ton
genießen konnte, ohne in der Angst zu leben morgen schwerhörig zu sein. So geht
Live-Musik. Nicht 150 Dezibel und Ohrenschaden.
Da fällt es
kaum ins Gewicht, dass die Videoinstallation nicht klappte. Mila Mar lieferten
einen beeindruckenden Existenzbeweis ab, schön dass es sie wieder öfters zu
erleben gibt.
Eins ist
allerdings auch auffallend am Konzert, bei der Jugend, auch der „Schwarzen“ ist
die Band noch nicht wirklich angekommen. Die muss man sich erspielen,
Legendenstatus hilft da wenig. Das sollte bei solch fulminant schönen Konzerten
wie das in Lichtentanne aber die leichteste Übung sein. Ein paar Gelegenheiten
gibt es noch in diesem Jahr die Band live zu erleben, zum Beispiel am 02.07 in Nürnberg
zusammen mit Cara und Broom Bezzums. Die Katharinenruine bietet die beste
Location die man sich wünschen kann um Mila Mar optisch und akustisch so
richtig zu genießen. Es wird ein Genuss jede Wette. Man darf sich auf eine ganz
besondere Band freuen, eine die neben der Sängerin mit 3 weiteren großartigen
Musikern besticht. Allein der Trommelsound (Sonderlob an Lars Watermann) an
diesem Abend war das Eintrittsgeld wert. Schon gleich als dann alle 4 trommelnd
loslegten.
Welcome back
Mila Mar.