mit
Batomae
Staubkind
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Nürnberg, Hirsch , 07.04.2017
Batomae
Schlange stehen nach dem Konzert
beim Merchandise. Nicht gerade ungewöhnlich, noch dazu, wenn die Musiker des
Tages für Autogramme zur Verfügung stehen. Wenn es aber zwei Schlangen gibt,
eine davon bei der Vorband, dann ist das eher ungewöhnlich. Nach dem
Auftritt von Batomae allerdings keine Überraschung. Ich kann mich trotz vieler
sehenswerter Supportbands nicht daran erinnern, dass eine Band je so exorbitant
gut beim Publikum angekommen ist, wie die 4 an Revolverheld erinnernden Jungs
aus Paderborn. Nicht gerade die schlechteste musikalische Reverenz und das mit
einem höchst ungewöhnlichen Projekt. Die Musik zu einem Roman. Dort wo die Worte des Buchs enden, da beginnt
die Musik von Batomae. Sie haben den Soundtrack zum Roman von Jana Crämer „Das
Mädchen aus der 1. Reihe" geliefert, eine Herzensangelegenheit in
vielerlei Hinsicht. Sie Managerin bei Luxuslärm, Er Bassist dieser Band und
zusammen schlicht "Best Friends“.
Soundtrack zu Filmen sind ja alltäglich, zu einem Buch eher die große Ausnahme.
Schon gleich, wenn man in dem Buch scheinbar eines der banalsten Themen des
menschlichen Seins behandelt - Essen und sich damit eines Tabuthemas annimmt.
Denn über Essstörungen wird selten offen geredet, vieles wird totgeschwiegen,
es wird bewusst weggeschaut und oft der Kopf hinter den Rücken der Betroffenen
geschüttelt und sich der Mund zerrissen.
Das in großen Teilen autobiographische Buch findet an diesem Abend ebenfalls
viele Abnehmer, kein Wunder, schafft es Bartomae doch perfekt mit ihren Songs
einen unglaublich neugierig auf das Buch zu machen. Grund sind aber nicht nur
die Lieder an diesem Abend, es ist auch der charismatische Bassist am Mikrofon,
der zum Glück vom Bassmann zum Leadsänger befördert wurde. Eine Rolle die er
perfekt ausfüllt und mit Unterstützung seiner 2 Brüder und einem "Bruder
im Geiste" an den Drums, fesselt, betroffen macht und einen sehr
nachdenklich zurücklässt, als man die Bühne wieder verlässt.
Anders als bei Supportbands gewohnt, wird hier nicht versucht in möglichst
kurzer Zeit möglichst viele Songs unterzubringen, hier gehört Batomae die Bühne
scheinbar ohne Zeitdruck und man nützt die um nicht nur zu musizieren, sondern
auch zu erzählen und das Publikum hört dabei immer gebannter zu. „Menschen
werden erst durch Fehler besonders", Worte die ihre Wirkung nicht
verfehlen, genauso wie das dazu passende Lied "Unvergleichlich". Eine
passende Antwort von Batomae zum Schönheitswahn unserer Zeit und zum
irrsinnigen Streben nach vollkommener Perfektion.
Übrigens wurde Dank einer Crowdfunding-Kampagne mit 536
Unterstützern eine Konzert-Lesung von Jana und Batomae in
Schulen möglich, ein weiteres außergewöhnliches Projekt
außergewöhnlicher Menschen.
Vorgestellt
wurde die Band an diesem Abend vom Staubkind Sänger Louis
Manke höchstpersönlich, was genauso für ihn
spricht, wie die Möglichkeit, dass sich
Batomae so präsentieren kann. Die 2 Bands passen musikalisch aber
auch bestens
zusammen. Das Gesamtpaket, dass der Konzertbesucher für sein
Eintrittsgeld an
diesem Abend geboten bekommt ist wirklich famos. Und es ist nicht
schwer, den 4
Daltons noch eine ganz große Karriere zu prophezeien. Die 4
wirken ja nicht
gerade wie die bekannte etwas tollpatschige Verbrecherbande bei Lucky
Luke, machten
sich aber doch gleich eines Verbrechens an diesem Abend schuldig, durch
die gnadenlose
Infizierung des Publikums mit ihrem Liedgut, die dazu führt, dass
man gerne und
schnell mehr davon will. Spätestens wenn die Liebhaber von
Revolverheld Batomae
erst einmal entdeckt haben, dann gibt es kein Halten mehr.
Tollpatschig können
sie übrigens auch, wie der laute Bier-Plopp am Anfang des Konzerts
deutlich
zeigte. Schon damit hatten sie die Lacher auf ihrer Seite und beim
Publikum gewonnen.
Staubkind
Hatte man nach dem denkwürdigen Batomae-Auftritt gerade mal so einigermaßen
seine Gefühlswelt wieder geordnet, da brachte Staubkind die gleich mal wieder
ins Wanken. Poppig ist es geworden das neue Album "An jedem einzelnen
Tag" verbunden mit der Aufforderung an die Hörer jeden einzelnen Tag zu
etwas Besonderem zu machen. Das Album verbreitet, wie der ganze Abend eine
entsprechend positive Stimmung und es lohnt, auf die Texte zu hören, in dem man
vieles wiederfindet, was einen täglich so bewegt, positiv wie negativ.
Produziert von Henning Verlage (Unheilig) und Ingo Politz (Silbermond, Joris)
ist das nicht ganz überraschend, dass man hier das menschliche Seelenleben
sehr poppig in den Fokus gerückt hat und nicht die "schwarze
Grufti-Seele" von Staubkind weiter pflegt. Eine Weiterentwicklung die,
typisch bei jedem Künstler nicht nur Wohlwollen erntet. Was der sympathisch
offen und ehrliche Sänger an diesem Abend mit den Worten kommentiert: "Wenn
man die Kommentare so liest, hat man das Gefühl die alten Alben werden
eingesammelt".
Dabei hat sich die Band nur einfach von Album zu Album weiterentwickelt und
geht unbeirrt den musikalischen Weg weiter, der Louis bis heute ermöglicht
seinen ehemaligen Erzieher-Job nicht wieder aufnehmen zu müssen. So spürt man
auch beim Konzert die ehrliche Dankbarkeit, die er dem Publikum, dass den
Hirsch an diesem Freitag gut füllt, entgegenbringt.
Wie von Staubkind gewohnt startet das Konzert mit einem starken Intro,
gesprochen von Christian Schult, der mit seiner Stimme schon Gänsehaut erzeugen
kann. Wenn er nicht gerade für DHL, Post oder Porsche diverse Werbejingles
einspricht. In Verbindung mit dem ersten zwei Songs "Immer wenn es
anfängt" und "Lauter Leben" ist man in der Staubkind Welt
wahrlich "Angekommen", wie treffend der Titel von Song Nummer
drei mit der Textzeile "Dass alle Träume hier bei mir sind, dass ich
hier angekommen bin." feststellt. Das Konzert selbst ist ein Ausflug in
die musikalische Staubkind-Welt, die inzwischen aus 5 Alben besteht. Wobei
logischerweise das neue Album mit 10 von 12 Songs naturgemäß den Schwerpunkt
darstellt. Dabei erweist sich der Song „Mit Kinderaugen" mit dem Appell an
die „Großen und Mächtigen dieser Welt, die gar nichts mehr schnallen" als
eines der Highlights. Weil die Band hier dem Publikum wieder ins Bewusstsein
rückt, sich an die eigene Kinderperspektive zurückzuerinnern. Sich an
kleinen Dingen zu erfreuen und sich diese kindliche Unbeschwertheit zu
bewahren. Etwas das der Welt, gerade auch dank ihrer unfähigen politischen
Führungen, immer mehr abhandenkommt.
Apropos Kinder. Die Frage an das Publikum wer bietet mehr als drei Kinder
brachte als Ergebnis, dass man selbst mit 6 Kindern deswegen noch lange nicht
auf ein Staubkind-Konzert verzichten muss. Auch die Feststellung, dass jede
gutsortierte Frau einen "Knirps" mit sich herumträgt, egal welches
Wetter, erwies sich als richtig.
Das Wetter übrigens strahlend schön, hielt Louis Manke aber trotzdem nicht
davon ab mit dem Publikum "Durch den Regen" zu gehen und ganz zum
Abschluss "Fliegen zu lernen".
Einen kleinen Kritikpunkt verdient das Konzert dann aber doch. Das hat aber
nicht die Band, sondern das Publikum zu verantworten, die sich als extrem
zurückhaltend, ja fast schön störrisch erwies und schwer zu motivieren war, so
sehr sich der Bandleader auch um sie bemühte. Da geht deutlich mehr und das
dürfte dann bei den von den 2 Damen aus dem Publikum gedrehten Videos im
Vergleich zu anderen Tourstätten auch deutlich zu sehen sein. Ausdrücklich
ausnehmen möchte ich hier die junge Dame in meiner Nähe, die quasi das
komplette Konzert mitsingen konnte, Textzeile für Textzeile. Wenn Staubkind auf
den nächsten Konzerten eine Souffleuse benötigen sollten, in Nürnberg war eine
im Publikum. Und das war echt beeindruckend.
Die Galerien des Abends
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