Welle Erdball 2017
Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor
allem ein Schaf sein.      Albert Einstein



Nürnberg, Hirsch , 11.05.2017




Ein Welle Erdball Konzert ist aufgrund der Besucher schon sehenswert. Auch in Nürnberg erweisen sich die als besonders stilsicher, von der Band ganz zu schweigen, gerade die Frauen glänzten mal wieder besonders mit ihren Outfits. Bevor es aber mit Welle Erdball losging, durfte man sich das Zweitprojekt von Agonoize Fronter Chris zu Gemüte führen, The Sexorcist. Eine elektronische Dröhnung für den gut gefüllten Hirsch mit allem was die moderne Technik so hergibt.  Und die einige Besucher zum Tanzen motivierte. Zusammen mit Partner Gunnar Kreuz ließ man den Bass wummern und ging ziemlich rau und direkt zur Sache, auch in den Songtexten, die bisweilen provokant aber sicher auch nicht immer ganz so ernst gemeint sind. Ob man da, wie es die Band gerne tut, von Erotic Body Music sprechen kann liegt im Auge jeden einzelnen Besuchers, bei Welle Erdball und den hübschen Mädels kamen aus meiner Sicht jedenfalls deutlich erotischere Gefühle auf. Vom „Arschlochsong“ bis zum Thema Vegan ist die Bandbreite der 45 Minuten beträchtlich, besonders auffallend im Programm sind 2 Coverversionen,

„Relax“ von Frankie goes to Hollywood fetzt auch als raue EBM-Nummer, der Geniestreich der Band ist aber sicher das „Skandal im Sperrbezirk“- Cover, das man taktisch klug auch noch ganz am Ende der 45 Minuten platziert hatte. Da das Stück gerade auch in dieser rauen minimalistischen Version mit der Stimmfarbe des Sängers absolut seinen Reiz hat, steht außer Frage.

So bleibt die Band deutlich leichter in positiver Erinnerung, clever!

Nach einem überraschend schnellen Umbau steht dann Welle Erdball auf der Bühne, Die haben aufgrund der beengten Bühnenmöglichkeiten im Hirsch auf die 2 mitgebrachten Vespas verzichten müssen, mit denen man gerne auf die Bühne gefahren wäre. Das hätte ein Bild gegeben, die Vespa startet und schon landet Honey im Fotograben. Auch so wirkte die Show aufgrund der Enge natürlich nicht ganz so, wie auf einer größeren Bühne. Das ist aber leicht zu verschmerzen, die Clubatmosphäre des Hirschs hat dafür andere Vorteile.

Während die 2 Damen sich hinter den Lichtwänden versteckten, startete die Live-Sendung der Band mit dem Titelsong der neuen Maxi „Gaudeamus Igitur“, selbstverständlich von Band, denn Welle Erdball kann ja viel, aber live zu viert einen Stadionchor ersetzen, das schaffen selbst die kreativsten Minimalelektroniker nicht. Und kreativ sind sie ohne Zweifel so minimalistisch wie mancher Song auf den ersten Blick auch wirken mag.

Gerade die Nummer „Gaudeamus Igitur“ ist alles andere als minimal, sondern ein pompöses Glanzstück der Banddiscographie. Danach ging die Sendung passend mit dem Titel „Funkbereit“ um gleich danach ganz im Sinne des Mottos der Tour mit der „Vespa 50N Special“ der Politik und der Welt davonzubrausen. Leider ohne die Vespas, so blieben die guten alten Hula-Hoops die einzigen Showutensilien. Trotzdem ist auch ohne Vespas die Nummer ganz großes Welle Erdball Kino, auch in textlicher Hinsicht. „Nur mit mir allein“ stammt ebenfalls von der neuen Maxi und nach „Nerdfaktor 42“, der beim Amphi entstandenen Fan-Nummer „Stirb mir nicht weg“ und „Türspion“ folgte mit dem Song „Die letzte Chance zu leben“ ein weiteres Glanzstück der neuen Scheibe. Extrem lieblich kommt „L`Inconnue de la Seine“ daher, wobei hier das Motto auf der Bühne galt, Wasser marsch. Auch die Totenmaske hatte nun ihren Auftritt und es ist wirklich eine spannende Geschichte die Honey zu dem Song der unbekannten Schönen aus der Seine da vertont hat. Danach gab es gleich den nächsten Knaller von Gaudeamus Igitur nämlich die Kapitän Nemo Geschichte „20000 Meilen unter dem Meer“. Nachdem man das Radio, das Ohr der Welt gehuldigt hat und dem Cover „Fan Fan fanatisch“ war der erste Teil der Sendung abgeschlossen. Auf den in den Medien üblichen Werbeblock wurde großzügig verzichtet zu Gunsten einer blitzschnellen Umziehaktion der beiden Damen. Die wurden mit ihren Fluguniformen und danach mit den Schwarz-weißen Minikleidchen zum absoluten Hingucker.

Im zweiten Teil der Sendung kamen dann all jene auf ihre Kosten, die den Zugang zu Gaudeamus Igitur noch nicht gefunden haben, auch wenn das aus meiner Sicht das Beste ist, was Welle Erdball je veröffentlicht hat. Denn dann gab es wie man es von Welle Erdball kennt mehr oder weniger geplant alte Nummern zu Hauf, wobei die Band mal wieder ihre Flexibilität unter Beweis stellte und selbst den Hörerwunsch eines Meet und Greet Teilnehmers problemlos live umsetzte. Apropos Meet und Greet, auch da unterscheidet sich die Band völlig von vielen anderen Bands. Denn die glücklichen Gewinner waren überall dabei, egal ob beim RCN-Interview 3 Stunden vor Konzertbeginn oder bis kurz vorm Auftritt Backstage. Einzig beim Umziehen war die extrem fanfreudliche Truppe verständlicher Weise unter sich.

Super 8 Kamera, Papierflieger, die großen Luftballone, das bekannte Fass, es gab ständig Action und die Videoprojektion dazu ließen die Zeit wie im Fluge vergehen. Auch musikalisch machte die Sendung mit Songs wie „23“, „Die Liebe der 3 Art“, „Schweben, fliegen fallen“, „Arbeit Adelt“, „Alles Lüge“ sowie natürlich der „VW Käfer“ Huldigung und dem Song „Feuerwerk“ (mit seinen schönen und einem ganz schlimmen Lichtblitz im Hintergrund) extrem Freude.

Auch wenn man manches als Welle Erdball Fan schon kennt hatte der Abend doch 2 Besonderheiten zu bieten. Die eine, einem traurigen Anlass geschuldet, war der A.L.F Ersatz Andy Berberich am Keyboard, der zweite Besetzungswechsel definitiv Auslöser ein freudiges Ereignis. Auch wenn sich Honey hier wirklich total in seiner Wortwahl vergriff, so arg, dass ich das Zitat zum Babyglück der Sängerin wahrlich nicht wiederholen möchte. Trauriger Weise bleibt aber genauso ein Spruch aufgrund der Direktheit weit besser im Gedächtnis haften. Passt aber eigentlich gar nicht zur Band, die textlich ja eher subtil und hintersinnig unterwegs ist. Kurzum ein Missgriff der besonderen Art, das einzige zurecht zu kritisierende eines ansonsten sehr gelungenen Abends.

Apropos Damen, hier gab es ja immer wieder Veränderungen, aufgrund des Babys von Frl. Venus hatte Welle Erdball mit Emma Peel nicht nur optisch auch stimmlich einen tollen Ersatz gefunden. Wobei man ihr mit dem Wort Ersatz eigentlich Unrecht tut. Beide Damen kommen stimmlich nicht ganz so lieblich daher wie früher, was dem Welle Erdball Sound zusätzlich guttut und Emma Peel passt einfach richtig toll in das Welle Erdball Bandgefüge, so dass man sie gerne für immer als Moderatorin sehen würde.

Ein toller Konzertabend der mit extrem langer Spielzeit der Band von über 2 Stunden dem Konzertbesucher für einen günstigen Eintrittspreis ein Maximum an Unterhaltung geboten hatte, das beste Welle Erdball Konzert der bisherigen, wie 2 Fans aus dem Stuttgarter Raum danach freudestrahlend feststellten. Für die hat sich die 2 ½ stündliche Anreise genauso wie für alle anderen gelohnt, die dabei waren.

Abschließend noch ein ganz ganz großes Sonderlob an die Band für den Einsatz zum Wohle der Tiere. Die haben leider weder Stimme noch Lobby, umso schöner ist es, wenn es Menschen gibt, die deren Leid eine Stimme geben. Toll!



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Sexorcist


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