Erlangen, E-Werk , 18.05.2017
Stehen
auf einem Bein, wie lange geht das? Gar ein ganzes Konzert? Schwer vorstellbar.
Und doch möglich wie der Auftritt von „Nick and June“ im Erlangener E-Werk
eindrucksvoll zeigte.
Nick Wolf Gründer des Indie-Folk Projekts war zuerst allein unterwegs, 2012 hatte
er dann Julia Kalass getroffen, ein unfassbarer Glücksfall für Beide. Denn die
2 Stimmen harmonieren so unglaublich gut, die Begabung zum Songschreiben ist so
außergewöhnlich, die Faszination die beide ausstrahlen so immens. Für mich
schon jetzt Deutschlands bestes Folkpopduo mit einem gewaltigen Potential für
die Zukunft. Schon die Debütscheibe „Flavor and Sin“ schlug mit traumhaft
schöner Musik bombig ein, die neue Scheibe „My November My“ wurde ebenfalls von
den Kritikern einhellig gelobt, umso überraschender da das Konzeptalbum um den
fiktiven Charakter „November Boy“ nicht ganz so eingängig und düsterer wie
Album Nummer eins ausgefallen ist. Vielleicht ist das auch der Grund, dass
gerade die Musikmagazine der schwarzen Szene wie Orkus und Sonic Seducer die
Band für sich entdeckt haben. Nachvollziehbar, auch wenn Nick and June mit der
schwarzen Szene eigentlich bisher keine wirklichen Berührungspunkte hatten.
Aber die Musik ist für jeden, vom Pop Fan bis zum Grufti mehr als eine
Entdeckung wert.
Seit 2012 steht Nick und June also stimmlich auf beiden Beinen, in Erlangen und
leider nicht nur da musste der weibliche Teil gesundheitsbedingt passen. Es
musste also Ersatz her und den fand man überraschender Weise in den eigenen Reihen.
Seit einiger Zeit hatte man sich für die Liveauftritte mit Schlagzeuger,
Trompete und Bass verstärkt. Dass ausgerechnet die hübsche Frau am Bass
Suzie-Lou Kraft nun den weiblichen Gesangspart übernehmen musste, war sicher
für jemand, der bis dahin nie als Sänger so richtig im Rampenlicht stand und
noch dazu, jemand wie Julia ersetzen sollte, eine gewaltige Herausforderung.
Eigentlich ein Himmelfahrtskommando. Und jeder Konzertbesucher, der die beiden schon live gesehen hat, wird automatisch
Vergleiche zu Julia ziehen und eigentlich kann man da nur verlieren. Denn wie
gesagt, so gut wie die 2 Stimmen harmonieren, das wird es so wohl nicht nochmal
geben.
Es spricht wirklich für das Können der Bassistin, dass Nick nicht umgefallen
ist als Einbeiniger. Selbst ein Lied unplugged war kein Problem und die etwas schüchterne,
total verträumte, quasi in der eigenen Musikwelt eingetauchten Sängerin, tat
dem melancholischen, verträumten und so zauberhaften Indie-Folk-Pop richtig
gut. Sie machte ihr Ding und das machte sie verdammt gut, versuchte nie „June“
zu kopieren und das klein bisschen Unsicherheit, dass bei dem Auftritt
vielleicht mitschwang hatte zusätzlichen Charme.
Besser hätte das an dem Tag wohl keiner lösen können und alle die die beiden
erstmals live gesehen haben ist das Fehlen von „June“ vielleicht gar nicht so
aufgefallen, auch weil Nick kein einziges Wort darüber verloren hatte, schade
eigentlich.
Die 15 Songs umfassende Setlist war angefangen mit „Home is where
the Heart
hurts“, über „Solve my mystery“ und
„Caroline“ bis zu „Annie Hall“ und „I and
Love“ aus den beiden Alben zusammengestellt. Egal was es zu
hören gab, egal ob
„Tiger“, „Once in a Life“, „Little
Things“ oder „November Boy“, es machte auch
an diesem Abend einfach unglaublich Spaß die Musik zu hören
und zu genießen.
Und das ist auch ein ganz großer Verdienst von Suzie-Lou. Die
gerade beim Cover
„Be my Baby“ besonders glänzte. Gänsehaut pur und
das Sahnehäubchen des Abends.
Was dem Nick und June Auftritt live übrigens auch richtig gut tut, ist neben
der durch die Musiker möglich gewordenen zusätzliche Dynamik auch die Tatsache,
dass es Nick Wolf nicht nur traurig-schön und ruhig kann, sondern es auch versteht
richtig Gas zu geben, ja fast schon growlen beherrscht er.
Man kann noch viel erwarten von „Nick and June“ umso mehr, wenn June wieder an
Bord ist und wenn es gelingt das Talent am Bass zu behalten, was auch stimmlich
zusätzliche weitere Variationen ermöglichen wird.
Nick and June machen süchtig, man kann
sie immerzu hören, irgendwie kann man in den Songs jedes Mal Neues entdecken
und live macht es umso mehr Spaß.
Und da ist es auch völlig egal ob unplugged oder mit dem Wumms der Band.
Die Krönung wäre allerdings ein Auftritt mit Orchester, die Lieder haben so
viel Schönheit in sich, die sich im Zusammenspiel mit einem Orchester besonders
gut entfalten würde. Dazu wird es irgendwann hoffentlich auch kommen.
Wer die Band bis heute noch immer nicht gesehen hat, dem kann man nur raten das
möglichst schnell nachzuholen. Als tolle Gelegenheit bietet sich neben den
weiteren Terminen der Tour auch das Bardentreffen 2017 in Nürnberg an. Jede
Wette, es wird eines der Highlights der großartigen 3 Musiktage werden. Aber
das ist keine allzu gewagte Prognose.
Und für alle die mal nicht so gut drauf sind, ist die Band mit ihrer Musik umso
mehr zu empfehlen, man geht mit einer Melodie auf den Lippen, einem Lächeln im
Gesicht und der Sonne im Herzen wieder nach Hause.
Die Bildergalerie des Abends