Nicht ganz zu Unrecht fühlen sich die Engländer aufgrund der
vielen tollen Bands als Nabel der Musikwelt. Die Klasse von Calexico haben sie
aber noch nicht entdeckt. Calexico touren kaum in England und so musste eine
Engländerin extra nach "Good Old Germany" kommen um die Band live zu hören. In
der ersten Reihe stehend fieberte sie wie der gut gefüllte Serenadenhof dem
Konzert entgegen. Ob die amerikanische Band aus Tucson Arizona erneut einen so
furiosen Auftritt wie 2006 und 2009 an gleicher Stelle abliefern kann? Um dies
gleich vorwegzunehmen, sie können. Sie können sogar noch eins draufsetzen. Weil
man nachdem die Pedal Steel Koryphäe Paul Niehaus nicht mit auf Tour ist, umso
mehr auf den Klang der Trompeten von Jacob Valenzuela und Martin Wenk setzt und
gerade die sind es, die den Sound der Band, natürlich neben der sehnsuchtsvollen
Stimme von Joey Burns, so außergewöhnlich machen.
Ganz anders als in England haben Calexico in Deutschland eine
gewaltige Fanschar, fast ohne Radiounterstützung hart erspielt mit einer Musik,
die es in der Art von keiner anderen Band zu hören gibt. Sie haben es geschafft
mit ihrem furiosen Mix aus Mariachi Klängen, Fado, Son Cubano, Country Folk und
(Indie-) Rock einen eigenen Musikstil zu erschaffen, den "Tucson-Desert-Rock".
Und so sind die Musikjournalisten angefangen vom Rolling Stone über den
Musikexpress bis zum RCN Magazin meist voll des Lobes für eine Band, die trotz
fehlender Showelementen zurecht als eine der furiosesten Live Bands gelten.
Calexico Auftritte sind legendär, auch wenn nicht jeder Auftritt so unvergessen
bleibt wie der 2005 beim Bardentreffen in Nürnberg, als ein Sturm aufzog und der
folgende unwetterartige Platzregen das Konzert jäh beendete. Die spontane
Unplugged-Fortsetzung im "Cafe Ruhestörung" führte in der Folge zu einem
Massenaufmarsch im und um das Cafe und unvergesslichen Momenten. Ein ganz klein
wenig fühlte man sich an diesem milden Juliabend daran erinnert als kurzzeitig
Wind aufkam und einen der Wind und die Musik nur so um die Ohren blies.
Ob es um die Wellen am Malecon geht, oder die Ufermauer von
Cubas Hauptstadt Havanna, ob von Einwanderung oder dem Grenzzaun zwischen Mexico
und den USA gesungen wird, Calexico erzählen Geschichten und der in
Montreal/Kanada geboren Sänger Joey Burns gibt diesen Geschichten seine
unverwechselbare Stimme. Mit viel Charisma ausgestattet weckt er Sehnsucht und
gleichzeitig Freude, Schönheit und Traurigkeit im Wechsel oder zusammen. Genauso
wie die Musik, die mit Akkordeon, Trompeten, Vihuela, Vibrafon, Keyboard usw.
abwechslungsreich instrumentiert und doch so typisch nach Calexico klingt. Nicht
zu vergessen das großartige Schlagzeugspiel von John Convertino, neben Burns
Gründungsmitglied der Band.
Maybe on Monday heißt die neueste EP, daraus gibt’s alle Songs
zu hören, einer davon Peter Harasim´s rührigem Manager des Concertbüros Franken
gewidmet. Natürlich finden sich auch Songs von der neuesten CD Algiers im
Programm wie z.B. Para oder Epic, doch es gibt auch viele alte Songs zu hören,
wie das wunderschöne Crystal Frontier oder Roka. Die Setlist lässt kaum Wünsche
offen, ein Kunststück bei dieser Auswahlmöglichkeit an Songs.
Und live klingt alles noch viel besser, da sind die Bläser noch
wuchtiger und die Dynamik der Songs größer und kräftiger als auf CD.
Das erste Calexico Album ist auf einem Deutschen Label
erschienen, mit Martin Wenk ist ein Deutscher bei Calexico dabei und wie gern
die Jungs nach Deutschland kommen um hier zu spielen merkt man ihnen während des
ganzen Konzerts auch an. Und wieviel Spaß das Publikum mit der US-Band hat auch.
Ruhig stehen geht gar nicht, da wird gewippt, getanzt, geklatscht, geschunkelt
und eine Party gefeiert. Und die heizen gerade die Trompeten ständig aufs Neue
an. Aber doch versteht es die Band auch ruhige Töne fürs Kopfkino zu
produzieren. Auch tun sie gut daran, am Ende den Gang noch mal rauszunehmen und
mit The Vanishing Mind einen ganz ruhigen Schlusspunkt zu setzen. Großes Kino
für die Ohren und auf ein Neues 2014, mit einem der perfektesten Werbeträger für
Live Musik- Calexico.
Die Nürnberger wurden an diesem Tag übrigens ein zweites Mal
reich beschenkt. Mit Depedro durfte der Lap-Steel-Guitar und Gitarrenspieler von
Calexico Solo als Vorprogramm ran. Die musikalische Leidenschaft des Spaniers
Depedro, eigentlich Jairo Zavala, gehört der Lateinamerikanischen und
mexikanischen Musik beeinflusst von Reggae, Blues Salsa und Calexico. Mit
intensiver Stimme singt er zuerst ganz allein sich selbst auf der Gitarre
begleitend Lieder aus seinen bisher erschienenen 2 CDs. Und dann, ja dann
bekommt er als Verstärkung die großartigste Band die man sich als Musiker nur
wünschen kann mit auf die Bühne gestellt. Die Jungs von Calexico sind alle da
und irgendwie mit ihnen auch der Sound von Calexico. Und doch irgendwie auch
nicht, Depedro klingt halt völlig anders als Joey Burns, der im Hintergrund am
Kontrabass herumzupft. Spätestens in dem Moment hat der sympathische Spanier mit
seiner Musik auch den letzten im Publikum erreicht.