Bericht
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Selb, Goldberg 12-14.09.2014
Der Sonntag
Der Kampf um den Goldenen Zwerg mit
Narrator
Morgenstund
hat Gold im Mund sagt ein altes Sprichwort und meint damit, dass es
sich lohnt früh aufzustehen. Beim Festival Mediaval 2014 hat sich
dies auf alle Fälle bewahrheitet. Punkt 10 Uhr gabs bereits auf 2
Bühnen parallel sehens- und hörenswertes zu erleben. Zuerst
aber zum Kampf um den Goldenen Zwerg in der Kategorie Mittelalterrock
mit Narrator, eine Folk-Metal Band aus der Schweinfurter Ecke, die mit
Flöten und Sackpfeifen, Gitarren und Drums die Lebensgeister der
zahlreichen , aber noch etwas verschlafen wirkenden Besucher wieder zu
erwecken versuchte. Dies gelang auch problemlos, haben die
"Erzähler" mit Songs aus ihrer EP Von Kreaturen und Kriegern doch
so einiges zu erzählen. Wer die Band verpasst hat, kann dies
übrigens beim diesjährigen Tanzt! nachholen, da werden
sie dann München sicher ähnlich aufmischen, wie die
Theaterbühne am Goldberg.
Krayenzeit
"Wir sind erwacht",
die Textzeile von Krayenzeit passte perfekt zum Auftritt der Band, die
immer mehr erwachte Besucher vor die Bühne locken konnte.
Krayenzeit haben ebenfalls durchaus "Metal" im Blut, ihre Musik ist
aber vielschichtiger, da hat eine akkustische Ballade genauso
Platz im Programm, wie Folkrock und folkloristische Einfüsse. Ein
Gemischtwarenladen der durchaus Spaß beim Zuhören bringt.
Carpe Noctem
Wenn nach zwei überzeugenden Bands der dritte Teilnehmer loslegt
und man sich bereits nach dem ersten Song sicher ist, es kann nur Carpe
Noctem den Zwerg gewinnen, dann muss schon eine ganz besondere Truppe
auf der Bühne stehen. Und das sind die Jungs wirklich, die im
Jugendorchester Jena erste musikalische Gehversuche starteten. Zu 2
Cellos und Kontrabass kamen, E-Bass, Drums und die Geige dazu, Carpe
Noctem haben ihre Idealbesetzung gefunden und starteten damit ihren
Großangriff auf den Zwergensieg. Und der war so dermaßen
nachhaltig, das sie nicht nur den Zwerg und einen Auftritt im
nächsten Jahr gewinnen konnten, sondern es auch eine der
sehenswertesten und erlebenswertesten Konzerte des gesamten
Festivalwochenendes wurde. Und das wohlgemerkt ohne Gesang, mit
faszinierdem, wie sie selbst sagen, String Metal, eine Mischung aus
Klassik, Rock und Metal. Eigenständig, eingängig, fetzig und
absolut faszinierend. Martin, Sascha, Daniel, Cornelius und Friedel
müssen sich wirklich ziemlich dämlich anstellen, wenn sie
damit nicht unglaublich erfolgreich und bekannt werden würden. Die
Finnen haben Apocalyptica, in Deutschland gibt es Carpe Noctem und die
Finnen dürfen sich warm anziehen. Man sollte sich deshalb auch
schon heute dick im Kalender fürs Festival 2015 den Namen Carpe
Noctem schreiben, es wird sicher auch 2015 eines der absoluten
Festivalhighlights werden. Chapeu Jungs.
Saitenweise und Brigandu
Sarah Krause und Michael Höfer muss
man echt hoch anrechnen, dass sie im letzten Jahr nach ihrem knappen
Spielleute-Award Sieg 2013 angekündigt haben 2014 mit den knapp
unterlegenen Brigandu aufzutreten. Sie hielten Wort und so konnte man
sich auch 2014 an beiden Bands erfreuen, die als Saitenweise und
Friends um 10:00 auf der Schlossbühne aufspielten und während
des Auftritts ziemlich überrascht über die lange Spielzeit
wirkten. Hatte man sich doch auf nur 45 Minuten eingestellt. Die 15
Minuten mehr zu Füllen war aber genauso wenig ein Problem wie das
gemeinsame Musizieren. Das ging ganz spontan und unkompliziert und
während Brigandu gerade spielten kann man dies ja auch schon mal
für eine Zigarettenpause nützen und den Kolleginnen beim
musizieren zuhören.
Saitenweise präsentieren bereits seit 2004 mit Lautenklang
zweistimmig (Zitat Homepage:) Verliebtes und Verlorenes,
Fröhliches und Anzügliches, Selbstgeschriebenes und
Gestohlenes. Absolut hörenswertes fehlt in der Aufstellung noch,
zum Glück gibt es inzwischen auch eine CD mit Songs der beiden und
die ist echt toll geworden. Vor allem zwei Songs, die es auch live zu
hören gab , muss man echt gehört haben und wird sich sehr
schnell in die Songs verlieben. Die vergessenen Kinder mit seiner
Söldnerthematik ist gerade in der heutigen Zeit wieder topaktuell
und der Refrain "Wir haben den Krieg nicht gebracht, doch hat er uns
gemacht" will einen nicht mehr aus dem Kopf gehen. Genauso wie "Feiere
Dein Leben" eine Lebensbejahende Hymne, der Soundtrack des Lebens
schlechthin. Vom Leben geschafft? Einfach mal feiere dein Leben
anhören und darüber nachdenken.
M & M sind nicht nur eine süße Versuchung für den
Gaumen, sondern Miriam und Miriam (M&M) als Brigandu auch fürs
Ohr und es ist Miriam 1 wirklich zu wünschen, dass es ihre
Krankheit zulässt noch ganz lange mit Miriam 2 auf der Bühne
zu sein. Zwei die sich großartig verstehen und musikalisch ihrer
Liebe für keltische und nordische Lieder und Tänze auch in
Selb eine Stimme geben, da jedoch ganz pur, nicht wie sonst mit ihrem
Percussionisten verstärkt. Dafür hat man von Tanzebom etwas
Trommelunterstützung bekommen.
Und so hatte das Publikum die
Gelegenheit neben den großartigen 2 von Saitenweise auch
wieder die musikalische Welt der symphatischen Musikerinnen mit
dem gleichen Vornamen kennen zu lernen.
Irdorath
Das absolute
Kontrastprogramm gab es dann auf der Burgbühne zu erleben. Aber
nicht die Österreichische Trashmetal Combo gleichen Namens,
sondern die Folkband mit der süßesten Zahnlücke des
Festivals 2014 aus Minsk in Weißrußland. Keine Ahnung wo
die Macher des Festivals die wieder ausgegraben haben, die
Weißrussen und ihre hochattraktive Sängerin waren eine echte
Bereicherung des Festivalprogramms. Auch wenn der sicher noch die eine
oder andere Gesangsstunde hilft noch besser zu werden. Das Fantasy
Mediaval Show Projekt ist ein echter Hingucker, nicht nur wegen der
Leadsängerin im sexy Outfit. Und auch die Instrumentierung mit
Dudelsack, Bouzouki, Digeridoo in Verbindung mit Keyboard macht richtig
Spaß, von den Texten versteht man aufgrund fehlender
Russischbildung natürlich eher nichts. Das tut dem Spaß
Irdorath aber keinen Abbruch, eine echte Entdeckung diese
weißrussische Band, die man hoffentlich bald mal wieder irgendwo
in Deutschland erleben kann. Auch Didgespieler Daphyd Sens von Omnia
hätte sicher daran seine Freude gehabt, wäre die
Schlafmütze mal rechtzeitig aus dem Bett gekommen. Aber so ist es
halt beim Festival Mediaval, es sind nicht nur die Headliner, die man
unbedingt gesehen haben sollte.
Tibetrea
Tibetrea sind eine Deutsche Folk Band aus Geretsried bei
München und ihr Name ist aus den Vornamen der
Bandgründerinnen Bettina Baindl und Andrea Bannert entstanden. Mit
ihrem Fantasy Folk sind sie keine trypische Mittelalterband, sondern es
finden sich genauso Lieder indianischen Ursprungs wie die Vertonung
altdeutscher Texte im Programm. Und genauso beeindruckend wie die
Sprachenenvielfalt mit denen man die Lieder singt angefangen von
Altägyptisch, Altenglisch, Altisländisch, Bretonisch,
Kroatisch, Lettisch, Schwedisch bis zu Maori und den Cree Indianern um
nur einige zu nennen, genauso beeindruckend ist das Instrumentarium mit
Schalmeien, Flöten, Harfe, Harmonium, Cister, Djembe, Cajon usw.
Und damit das ganze nicht zu klassisch wird hat man neben dem
Gassenhauer Herr Mannelig in einer sehr reizvollen Version als echtes
Highlight noch einen ganz besonderen Unterhaltungskünstler auf die
Bühne gebracht, der unter anderem als betrunkener Seemann die
Lacher auf seiner Seite hatte.
Tunichtgut
Tunichtgut stammen aus Sangershausen in Sachsen-Anhalt und sind mit
ihrer Art Folkmusik gerngesehene Gäste auf Weltmusikfestivals,
weil sie sich mit ihrer Art Musik nicht nur auf den Irishfolk, auch
wenn sie den besonders schätzen, beschränken sondern
auch Schwedische und Französische Tänze sowie keltische
Balladen im Programm haben. Und so zielt die Musik, wie so schön
in der Anmoderation gesagt auf Herz, Hirn und Hose. Und auch um Sauf-
und Trinklieder machte das Trio keinen Bogen.
The Fretless
Wie Tunichtgut waren auch the Fretless aus dem Kanadischen Vancouver
Island ein Programmpunkt im Rahmen des Irish Schottisch Specials. Die
relativ junge typische Kanadische "Fiddle Band" wurde bereits mehrfach
für ihr Debütalbum "Waterbound" ausgezeichnet u.a. als
Instrumenal Album of the Year und beim Kandischen Folkmusikaward als
Band des Jahres. Hochdekoriert konnten die Kanadier auch in Selb unter
Beweis stellen, wieso man sich in einer so kurzen Zeit bereits so einen
guten Ruf erspielen konnte.
Mr. Hurley und die Pulveraffen
Eine große Kulisse gabs beim Auftritt von Mr Hurley und seine
Pulveraffen, bei denen sexy Ms Ivy Cox leider diesmal nicht mit dabei
war. Dafür hat man aber glücklicherweise durch die Pyrates
Unterstützung erhalten, und die Pyrates-Maus konnte ihr Achterdeck
auch genauso gekonnt schütteln wie Ms. Cox. Überhaupt
scheinen sich die beiden Bands eh sehr gut zu verstehen, da taucht
schon mal ein Pyrate-Leichtmatrose auf der Bühne auf oder einer
läuft während des Konzertes im Graben auf und ab und macht
die Pyrates CD hochhaltend Werbung für die Pyrates CD. Werbung in
eigener Sache machte auch Mr Hurley mit einem ganz starken Auftritt
unter fleißiger Mitwirkung des Publikums das man schnell auf
seine Seite gezogen hatte. Denn trotz erstaunlich wenig echten Mr
Hurley Fans (im Gegensatz zum Feuertanz Festival) kochte die Stimmung
auch in Selb sehr schnell hoch. Kein Wunder bei den Mr. Hurley
Gassenhauern wie Blau wie das Meer, Geißel der See, Piratenbraut
oder Komm zur Marine.
Auch Dank des Talents der Band, ihr Publikum zu bespaßen und zum
mitmachen zu motivieren.
Der Grog`n`Roll der Piraten geht auch bei den Nichtpiraten übers
Ohr sehr schnell ins Bein und funktioniert auch ohne entsprechend hohe
Promillewerte verdammt gut. So gut und mit einem so unglaubluch
großem Publikumszuspruch, dass man die Osnabrücker
Brüder hoffentlich auch im nächsten Jahr in "Monkey-Selbland"
wieder abfeiern darf. Daran geht nach der Vorstellung 2014 eigentlich
kein Weg vorbei. Und schon gleich wenn das am 14. November
erscheinende Album Plank Rockt genauso fetzt, wie die 2 bisherigen
Scheiben der geilen Piratenband bisher.
Folk Noir
Ein absolutes Highlight
des Wochenendes war ohne Frage auch der Auftritt von Folk Noir.
Das Zweitprojekt von Faun Bandchef Oliver Pade, der den
Faun-Drehleierspieler Stephan Groth mitgebracht hatte, hat sich
aus einem 2-Mann Unternehmen inzwischen zu einem absolut sehenswerten
und beeindruckenden Live-Act weiterentwickelt. Und das liegt vor allem
und gerade auch an der weiblichen Stimme von Folk Noir Kaat Geevers,
ein blonder Engel am Mikrofon mit großartiger Stimme und gewaltig
Charisma, die den düsteren Balladen und altenglischen Folksongs
Leben einhauchte. Das funktioniert in Verbindung mit Oliver Pades
Stimme ausgesprochen gut und die gewohnt kurzweilig unterhaltsamen
Ansagen machen Folk Noir zu einem Bandprojekt das beste Unterhaltung
garantiert.
Niamh Ni Charra
Die Irin Niamh Ni Charra
aus Killarney durfte auf der Burgbühne die Lichter für das
Jahr 2014 ausmachen, war es doch das letzte Konzert überhaupt auf
der zweitgrößten Bühne des Festivalgeländes und
das vorletzte im Rahmen des Irish Scottish Specials. Bereits mit 4
Jahren begann sie Musik zu machen und stand als Teenager mit den schon
legendären Chieftains auf der Bühne. Um möglichst
unabhängig zu sein, studierte sie Elektrotechnik, die Liebe zur
Musik war trotz Abschluss mit Auszeichnung aber größer und
nach einigen Jahren als Riverdance Mitglied konnte man sie in Selb mit
ihrer eigenen Band erleben. Und da überraschte sie das Publikum
neben ihren musikalischen Qualitäten mit guten
Deutschkenntnissen, einem extrem gewinnenden Wesen und mit einem
"Riverdance" Tänzer als zusätzlichen Showeffekt. Ein Auftritt
der ebenfalls sehr gut besucht war.
The Dublin Legends
Die Dubliners sind sicher eine der, wenn nicht die
einflußreichste Band des Irish Folk und bestimmten die
Entwicklung der letzten 50 Jahre entscheidend mit. Bis im Jahre 2012
das letzte lebende Gründungsmitglied Barney Mc Kenna verstorben
ist und man die Auflösung beschlossen hat.
Und so haben sich die anderen umbenannt um als Dublin Legends noch
einmal den Spirit des Irish Folk auf die Bühnen der Welt zu
bringen. Die anderen, das sind der großartig witzige Sänger
und Moderator der Show Sean Cannon, Eamonn Campbell, Patsy Watchorn und
Paul Kelly. Und wer jetzt denkt was will man denn mit 4 alten
Säcken, der hätte sich das Erlebnis Dublin Legends mal
gönnen sollen. Da geben die 4 noch bis 1 Minute vor Konzertbeginn
im Backstage ein Interview um danach ganz cool auf die Bühne zu
schlurfen und einen beeindruckenden Set abzuliefern. Und zuvor hat man
das Festivalgelände erkundet, schnell mal gemütlich eine
kleine Whiskeyverkostung durchgeführt oder sich mit den anderen
Musikern unterhalten. Keine Starallüren, nichts zu spüren vom
Superstarstatus und das macht den Auftritt nur noch beeindruckender.
Und davon können sich die Möchtegernstars der Musikszene echt
etwas abschauen.
Und was machen die 4 nach dem Konzert, nach der gemeinsamen Party mit
dem Publikum das sie zurecht abfeierten und nach Songs wie Whiskey in
the Jar, Dirty Old Town und Molly Malone? Was wohl, natürlich
Musik. Jammen mit Omnia und dann, wenn die Jugend von heute mal so
langsam aus der Disko heimkommt und so langsam auch mal ins Bett geht ,
dann gehen die 4 auch mal schlafen, nachdem man zuvor im Quartier mit
Mr Hurley noch eine Bierverkostung durchgeführt hat. Und selbst so
routinierte Musiker die schon so viel erlebt haben kann man dann doch
auch noch verblüffen. Zumindest Bläcky, der im Eck der
Bühne voller Begeisterung schnell mal ein Tänzchen riskierte,
was erstaunte Musikerblicke zur Folge hatte.
Ein beeindruckender Auftritt großer Musiker, den auch eine ganze
Reihe von Kollegen interessiert verfolgten.
Man könnte wie in jedem Jahr noch viel schreiben, von den
Workshops, von den Künstlern auf den anderen Bühnen die auch
am Sonntag für Begeisterung und Verzückung sorgten. So wie
Kugelmann Kelvin Kalvus, dessen Kugeln immer noch schwerelos zu sein
scheinen, wie
das Tanz Theater Al´Entrada aus der Ukraine, das mit viel
Dynamik, Leidenschaft und Farbenfreude mitriss und auch als Walking Act
am Gelände unterwegs war, wie Katrin la Coquillarde, wie
Hopsa Viva Insgemein, Beatrice, Knut Seckel und und und.
Und dann gäbs noch einiges vom Piratenfloß zu berichten, auf
dem am Sonntag mit Attila and Friends, eine Deutsch Ungarische
Kombination mit Bandchef Attila Tapolczai und Peter Pagani ihre
Bluegrass und Irishfolksongs sowie den einen oder anderen Punkcover zum
besten gaben und sich als perfekte Floßband erwiesen.
Nicht zu vergessen die vielen Helfer, die einmal mehr ein
unvergessliches Festival ermöglichten, eine umsichtige Security
und natürlich dieses großartige Publikum, für die sich
auch 2014 jeder Schweisstropfen der Helfer lohnte. Auf ein neues 2015.
die Bildergalerien vom Sonntag
Al`Entrada
Attila and Friends
The Dublin Legends
Folk Noir
Irdorath
Mr. Hurley und die Pulveraffen
Niam Ni Charra
Brigandu und Saitenweise
Tibetrea
Tunichtgut, Pampatut, The Fretless und
Katrin La Coquillarde
Der Kampf um den Goldenen Zwerg-Rock Award
mit
Narrator, Krayenzeit und Carpe Noctem
Impressionen vom Festivalsonntag
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