Wenn die
Könige der Spielleute zur „Ars Mystica-Tour“ einladen konnte man im Vorfeld
schon erahnen, dass einen die eine oder andere Überraschung erwarten wird. Eine
war sicher der Spielort. Eine Kirche wie die LUX-Kirche in Nürnberg ist nicht
gerade der Standardspielort der Berliner Mittelalterband. Und für manchen
Besucher erwies sie sich als echte Höchststrafe. Denn Corvus Corax live im
Sitzen ist wirklich extrem hart, da zuckt normalerweise der Körper von allein
und will sich automatisch zu den treibenden Rhythmen bewegen.
Überraschenderweise hatte ein ganz großer Teil des Publikums das Nichtbewegen recht
gut im Griff, sicher auch wegen des ungewöhnlichen Spielorts in einer Kirche.
Ein kleinerer Teil gab seine vornehme Zurückhaltung im Verlauf aber zum Glück auf
und bis zum Schluss wurde eine kleine Gruppe tanzender Konzertbesucher daraus.
Es hätten durchaus mehr sein können, man darf sich hier ausnahmsweise gerne mal
an den Amerikanern ein Beispiel nehmen, die einen Kirchenbesuch mit Gospelmusik
tanzend zu einem Happening machen. Apropos Kirchenbesuch, die Lux Kirche,
die junge Kirche Nürnberg ist die erste Jugendkirche in Bayern und das beste
Beispiel, wie Kirche heute sinnvoll funktionieren kann und muss, um nicht
irgendwann den Kontakt gerade zu den Jüngeren vollends zu verlieren. Die
ständig wachsenden Kirchenaustritte sprechen eine deutliche Sprache, mit dem
Konzept Lux-Kirche hätte man ein wirksames Gegenmittel, vermutlich ohne dass
dies der verkrusteten Struktur der Kirchenoberen überhaupt bewusst ist.
Aber zurück zu den Kolkraben, die als nächste Überraschung scheinbar 2 neue
Bandmitglieder mitgebracht haben. Einer erwies sich allerdings als Urspielmann
mit Gesichtstarnung. Corvus Gründungsbruder Castus war mit seinem Gestrüpp im
Gesicht kaum wiederzuerkennen. Objektiv betrachtet, soweit man das als Mann
einschätzen kann, steht ihm das richtig gut. Das zweite Bandmitglied war dann
aber wirklich ein neues Gesicht, Frick der auch gleich noch mit seinem
sehenswerten Bass ein neues Instrument in das Bandgefüge einbringt. Dabei war an
diesem Abend auch Instrumentenbauer Wim, der sich inzwischen mit Spielmann Vit
Auftrittszeiten teilt, Spielmannssharing sozusagen. Nicht mehr dabei ist
Trommler Steve, somit hat Harmann der Drescher seine Davul in die Ecke gestellt
und befindet sich nun wieder dort, wo er einfach hingehört, ans Schlagwerk von
Corvus Corax. Leider hatte er an diesem Abend extrem Rücken, vermutlich hatte
ihn überraschend die Hexe besucht und jeder der einmal einen Hexenschuss abgekriegt
hat, weiß wie schmerzhaft so etwas ist. Da es sich außerdem um keinen Hexenstreif-
sondern einen richtigen Blattschuss handelte, war Norri sichtbar gehandikapt
und ging mehrmals hinterm Schlagwerk auf Tauchstation. Chapeau, dass er trotzdem durchhielt, der
Band sogar bei der Zugabe das ok gab noch weiter zu spielen. Großen Dank dafür
und größten Respekt, auch an Tina die als zuhörende Physio im Publikum nach dem
Konzert ihr bestes versuchte, um den unersetzbaren Corvus Spielmann für Zürich
am nächsten Tag wieder einigermaßen fit zu bekommen.
Trotz eines deutlich gehandikapten Musikers war es offensichtlich, dass das
blinde Verständnis mit Hatz, dem zweiten Trommler, für Corvus unersetzlich ist.
Den wichtigster Bestandteil des Corvus Sounds stellen
einfach die Trommeln dar und mit dem Mann am Bass gewinnt der Sound zusätzlich,
während er aufgrund der im Vergleich zu füher geringeren Spielmannszahl gerade
bei den Dudelsäcken etwas an Volumen eingebüßt hat.
Mit einer ungewöhnlichen Setlist, die mit dem Song „Hymnus
Apollon“ und „Crenaid
Brain“ spektakulär beginnt und mit Songs wie
„Mazedon“, „Ballade de Mercy“,
„Isabella“,
„Herr Wirt“ und den absoluten Corvus Knaller
„Sverker“ sehr kurzweilig das
Publikum unterhielt. Bei „Havfrue“ versuchte Castus die
Mitsingqualitäten im
Publikum auszuloten, nicht gerade erfolgreich zugegebenermaßen.
Das hat man
schon lauter gehört liebe „Nürnberger“.
Die Geschichte rund um die Titelmusik zu „Game of Thrones“ und die eine
oder andere kurze gedichtliche Rezession, einschließlich Meerjungfrauentanz
rundeten den gelungenen Spielmannsabend unterhaltsam ab und weckten große
Neugier auf das neue Corvus Corax Machwerk, das bald zur Veröffentlichung
ansteht. Corvus Corax machen auch 2017 Spaß, wie eh und je. Noch immer sind die
Berliner die Könige der Spielleute, wer daran Zweifel hat sollte sich deshalb ganz
dick 2 Termine schon heute in den Kalender eintragen, nicht nur der Corvus
Corax Fan. Das Corvus Corax Fantreffen am Pfingstsamstag den 3. Juni im
Kulturschloss Theuern in der Oberpfalz zusammen mit Fuchsteufelswild und das
Konzert zum Festival Mediaval mit einem, da ebenfalls anwesenden Autor, Markus
Heitz.
Die Bildergalerie des Abends